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Whistleblowing: Schutz für Hinweisgeber nötig

Frist für die Umsetzung der EU-Whistleblower-Richtlinie läuft ab

Nur wenige Whistleblower, auch Hinweisgeber genannt, landen mit großen Skandalen in der internationalen Presse. Denn aktuelle Fälle wie die Facebook-Enthüllungen und die Pandora Papers zeigen nur die Spitze des Eisbergs. In der Praxis werden Hinweisgeber oft als Nestbeschmutzer beschimpft, ihnen drohen arbeitsrechtliche Sanktionen. Dem will die EU-Whistleblower-Richtlinie, die einen einheitlichen Standard zum Schutz von Hinweisgebern vorsieht, ein Ende bereiten. Die Frist zur Umsetzung läuft Mitte Dezember ab – was ist zu tun in den Unternehmen und als Betriebsrat?

© AdobeStock_freshidea

Der Skandal rund um Facebook zieht weite Kreise: Das Unternehmen stelle Profit vor Menschen, so die Enthüllungen einer ehemaligen Mitarbeiterin. Sie hat in den USA Gehör gefunden – als Hinweisgeberin steht sie in den USA unter dem Schutz des Whistleblower Protection Act. Das Thema ist brisant, derart offene Türen rennen nicht alle Whistleblower ein. Als Petze oder Nestbeschmutzer beschimpft, müssen sie sogar mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen rechnen.

Die Uhr tickt: Bis zum 17. Dezember 2021 müsste ein entsprechendes Gesetz stehen.

Die EU-Whistleblowing-Richtlinie

Damit soll danke der EU-Whistleblowing-Richtlinie (EU-Richtlinie 2019/1937 vom 23.10.2019, auch EU-Hinweisgeberrichtlinie genannt) Schluss sein. Verabschiedet wurde sie im Dezember 2019; seitdem ringen Politiker um ihre Umsetzung. Die Uhr tickt: Bis zum 17. Dezember 2021 müsste ein entsprechendes Gesetz stehen. Doch die Realität sieht anders aus. Noch immer ist in vielen EU-Mitgliedsstaaten der Schutz für Hinweisgeber noch immer nicht gesetzlich geregelt, auch in Deutschland nicht. Zwar liegt ein „Hinweisgeberschutzgesetz“ im Entwurf vor – die Umsetzung mit der letzten Bundesregierung ist aber gescheitert. Schnell darum kümmern muss sich also die nächste Bundesregierung; sonst drohen Sanktionen seitens der EU. Bis wann diese neue Bundesregierung aber feststeht und regieren kann, das ist Stand heute nicht klar.

In Unternehmen ab 50 Mitarbeitern müssen Meldekanäle für Hinweisgeber geschaffen werden.

Was muss geregelt werden?

Ziel der EU-Whistleblowing-Richtlinie ist ein einheitlicher, gesetzlicher Mindeststandard zum Schutz von Hinweisgebern. In Unternehmen ab 50 Mitarbeitern müssen sichere interne Meldekanäle für Hinweisgeber geschaffen werden, über die eine vertrauliche Meldung eines „Hinweisgebers“ möglich ist. Es soll ein rechtlich verankertes Verbot von Repressalien geben, und darüber hinaus Zugang zu Rechtsbehelfen und ein Anspruch auf Entschädigung. Das bedeutet konkret: Repressalien wie Suspendierungen und Kündigungen sind untersagt. Arbeitgeber werden künftig beweisen müssen, dass ein Hinweis des Beschäftigten nicht ursächlich für die Kündigung war.

Hinweisgeber sollen zudem vertraulich Meldungen erstatten können. Und der Hinweis muss nicht stimmen – solange der Hinweisgeber daran glaubt. Nur bei vorsätzlich oder grob fahrlässig falschen Hinweisen kommt Schadensersatz in Betracht.

Whistleblowing Report 2021

Eine repräsentative Umfrage der Fachhochschule Graubünden unter mehr als 1.200 Unternehmen aus Deutschland, Frankreich, Großbritannien und der Schweiz zeigt: Viele Unternehmen sind derzeit nicht darauf vorbereitet. Die Verunsicherung ist groß, dabei dürften den Schätzungen zufolge alleine in 17.000 Unternehmen in Deutschland so eine interne Meldestelle nötig werden.

Will ein Arbeitnehmer Informationen offenlegen, steht er derzeit häufig vor einem Dilemma.

Möglichkeiten nach aktuellem Stand

Will ein Arbeitnehmer Informationen offenlegen, steht er derzeit häufig vor einem Dilemma. Dem Interesse an der Offenlegung steht nämlich das Geheimhaltungsinteresse des Arbeitgebers entgegen – und dies ist nicht scharf definiert. Das Interesse des Arbeitgebers, der nicht alle Interna in der Tageszeitung wiederfinden möchte, ist verständlich. Ob das Aufdecken trotzdem im Einzelfall rechtlich zulässig ist, lässt sich so nicht immer leicht beantworten. Nicht selten streiten sich die Parteien am Ende vor Gericht. Für die betroffenen Arbeitnehmer eine brenzlige Situation, steht doch ihre wirtschaftliche Existenz auf der Kippe.

Mithilfe des § 84 Abs. 3 BetrVG kann der Betriebsrat Betroffenen derzeit helfen – das Beschwerderecht nach § 84 BetrVG lässt zu, dass ein Betriebsratsmitglied dem Arbeitnehmer zur Seite steht.

Dabei ist der Betriebsrat zu beteiligen.

Mitbestimmung bei einem Meldesystem

Auch wenn die Umsetzung der Richtlinie noch in Arbeit ist, sollten sich Unternehmenschon jetzt darauf vorbereiten, aktiv Meldesysteme für Hinweisgeber einzuführen. Dabei ist der Betriebsrat zu beteiligen – er hat ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG, wenn technische Einrichtungen eingeführt oder angewendet werden sollen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen. Sobald eine gesetzliche Regelung (ein deutsches Hinweisgeberschutzgesetz) in Kraft ist, greift auch das Mitbestimmungsrecht des § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG.

Warum ist die Richtlinie so wichtig?

Auch wenn die Umsetzung in ein deutsches Gesetz noch aussteht, so ist die EU-Whistleblowing-Richtlinie schon heute wichtig. Zum einen ist das Inkrafttreten eines deutschen „Whistleblowing-Gesetzes“ nur eine Frage der Zeit – das Gesetz wird kommen.

Zudem ist zu erwarten, dass sich die Arbeitsgerichte bis dahin an den Vorgaben der EU-Richtlinie orientieren. Die Richtlinie zu kennen, ist also unabdingbar!

Tipp: Hier gehts zur EU-Richtlinie 

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