Jeder kennt die Berichte aus den Medien – beispielsweise, wenn sich die CSU im idyllischen Wildbad Kreuth zu einer Klausurtagung zurückzieht, natürlich hinter verschlossenen Türen. Dort werden Schwerpunkte gesetzt und strategische Ziele festgelegt.
Ein ähnliches Vorgehen kann auch für Betriebsratsgremien sinnvoll sein. Eine Klausurtagung bietet Raum für strategische Planung , die Überprüfung von Zielen und Prioritäten sowie offene Diskussionen ohne den üblichen Sitzungsdruck. Besonders bei komplexen Themen, anstehenden Veränderungen oder einer anstehenden Betriebsvereinbarung kann sie Ihnen als Betriebsrat helfen, sich gezielt auszurichten und gemeinsame Lösungen zu erarbeiten. Doch braucht es dafür wirklich eine Klausur – und warum reichen die regulären Betriebsratssitzungen nicht aus?
Klausurtagung vs. Betriebsratssitzung – Wo liegt der Unterschied?
Die Betriebsratssitzung ist das Herzstück der Betriebsratsarbeit: Hier werden Beschlüsse gefasst und aktuelle Themen behandelt, die oft dringlich sind. Doch für langfristige Projekte und strategische Ausrichtungen bleibt im hektischen Tagesgeschäft meist wenig Zeit. Genau hier setzt die Klausurtagung an. Abseits des Alltags bietet sie die Möglichkeit, sich intensiv mit wichtigen Zukunftsthemen zu befassen – ganz nach dem Motto: „Raus aus dem Tagesgeschäft, ran an die Strategie!“
Darum ist eine Klausurtagung eine sinnvolle Ergänzung zur BR-Sitzung
- Mehr Zeit für Strategie und Planung
Keine ständige Uhr im Nacken, keine hektischen Beschlüsse. Sie können sich in Ruhe mit der Jahresplanung für Ihre Betriebsratsarbeit, zukünftigen Herausforderungen oder der strategischen Ausrichtung beschäftigen – alles im vorgegebenen Tempo der Tagungs-Agenda. - Tiefere Diskussionen ohne Zeitdruck
Komplexe Themen brauchen Raum, und der wird Ihnen als BR-Gremium bei einer Klausurtagung geboten. Sie können sich gemeinsam oder in Arbeitsgruppen die Zeit nehmen, Ideen zu entwickeln und fundierte Lösungen zu erarbeiten – ohne ständig an die vielen Tagesordnungspunkte denken zu müssen, die bei der BR-Sitzung abgearbeitet werden müssen. - Bessere Zusammenarbeit und Teambildung
Gerade in schwierigen BR-Gremien, die vielleicht ein bisschen ins Stocken geraten sind, kann eine Klausurtagung Wunder wirken. Sie fördert das „Wir-Gefühl“, baut Spannungen ab und stärkt die Zusammenarbeit. Wenn alle an einem Strang ziehen, läuft die BR-Arbeit einfach besser. - Unabhängigkeit vom Tagesgeschäft
Keine kurzfristigen Anrufe vom Chef, keine E-Mails, die ständig in den Blickwinkel springen. Sie können sich vollkommen auf die Aufgaben konzentrieren, die für den Ihre Betriebsratsarbeit wichtig sind, ohne ständig abgelenkt zu werden. - Unterstützung durch externe Moderation
Ihr BR-Gremium ist zweigeteilt oder gar komplett zerstritten? Dann kann ein externer Moderator helfen, Struktur reinzubringen und den Konflikt zu lösen. Das sorgt dafür, dass am Ende wirklich produktive Ergebnisse herauskommen. In solchen Fällen muss der Arbeitgeber sogar den externen Moderator bezahlen.
Das LAG Hessen sagt klar, dass die Kostentragungspflicht besteht: „Jedenfalls dann, wenn die Situation im Betriebsrat festgefahren ist und/oder die Zusammenarbeit im Gremium massiv gestört ist und der BR-Vorsitz sich außerstande sieht, die Probleme selbst zu beheben“ (LAG Hessen, Beschluss vom 11.06.2012, Az. 16 TaBV 237/11).
Natürlich gibt es auch einige Herausforderungen, die nicht zu unterschätzen sind:
- Zeitaufwand für Betriebsräte
Eine Klausurtagung bedeutet zusätzliche für BR-Arbeit genutzte Arbeitszeit, und das ist nicht immer einfach zu organisieren. Besonders für Betriebsräte ohne Freistellung kann es eine Herausforderung sein, Job und BR-Arbeit unter einen Hut zu bekommen. - Kostenfrage: Wer übernimmt die Rechnung?
Die Klausurtagung ist zwar eine „notwendige“ Maßnahme, aber wer übernimmt die Kosten? Geregelt ist das in § 40 BetrVG, der besagt, dass der Arbeitgeber die „notwendigen Kosten“ des Betriebsrats trägt. Aber wie so oft gibt es hier auch Raum für Diskussionen. Also besser vorher das „Wie“ und wieviel Budget abklären, denn eine Tagung im 5-Sterne-Wellnesshotel mit Champagnerempfang wird wohl kaum durchgehen. - Zustimmung des Arbeitgebers erforderlich?
Bei normalen Betriebsratssitzungen brauchen Sie als Betriebsrat grundsätzlich keine extra Zustimmung des Arbeitgebers, aber bei einer Klausurtagung, besonders wenn sie extern stattfindet, kann es knifflig werden. Besonders in Krisenzeiten , wenn der Kostendruck hoch ist. Eine gute Argumentation hilft hier, den Arbeitgeber zu überzeugen. Denn gerade jetzt ist effektive BR-Arbeit gefragt! - Achtung: Gefahr von ineffizientem Arbeiten
Ohne klare Zielsetzung und gute Vorbereitung kann auch eine Klausurtagung schnell zum Plaudern einladen und zum Kaffeekränzchen ausarten. Ein gute Vorbereitung mit Agenda, ein strukturierter Ablauf und eine straffe Moderation sind also der Schlüssel für eine produktive Klausurtagung. Ziel sollten Zeitpläne, Prioritäten und Ergebnisse für die angedachten Themen sein!
Wo sollte eine Klausurtagung stattfinden – extern vs. intern?
Im eigenen Unternehmen oder doch lieber raus aus dem Alltagstrott? Eine interne Klausurtagung spart Kosten und Anfahrtswege – hat aber den Nachteil, dass man schnell vom Arbeitsalltag im Unternehmen aus der Konzentration gerissen wird. Ein externer Tagungsort, etwa ein Hotel oder Seminarraum, schafft Abstand zum Tagesgeschäft, sorgt für eine professionelle Atmosphäre und fördert die Fokussierung. Ganz zu schweigen vom Bonus, dass man sich nicht selbst um Kaffee und Kekse kümmern muss. Das gemeinsame Mittagessen fördert das Kennenlernen der BR-Mitglieder und den besseren Zusammenhalt. Der Haken? Externe Tagungen kosten mehr und müssen gut geplant werden. Aber manchmal lohnt sich der Aufwand – schließlich entstehen die besten Ideen oft fernab vom Schreibtisch oder bei einer Übernachtung vielleicht sogar abends an der Bar.
Fazit: Eine Klausurtagung ermöglicht Ihnen als Betriebsrat den Blick aufs große Ganze: Wo stehen wir als Gremium? Wo wollen wir hin? Und wie kommen wir dorthin? Besonders bei komplexen Themen oder internen Konflikten kann sie helfen, klare Ziele zu setzen und Lösungen zu erarbeiten. Unser Tipp: Nehmen Sie sich mindestens zweimal im Jahr 2 bis 3 Tage Zeit dafür. Kurz gesagt: Eine Klausurtagung ist kein Luxus, sondern eine sinnvolle Investition in eine effektive Betriebsratsarbeit. (sw)