Sie haben das Amt eines Wahlvorstands übernommen? Meinen Respekt. Für diese Aufgabe gibt es selten Lob, sondern allenfalls Ärger. Aber jemand muss dafür sorgen, dass zum Wohl der Belegschaft ein Betriebsrat gewählt wird.
Man schätzt, dass über 80 % der Betriebsratswahlen anfechtbar sind
Man schätzt, dass über 80 % der Betriebsratswahlen anfechtbar sind – also wiederholt werden müssten, wenn sie angefochten werden. Dies passiert in der Praxis aber nur selten. Meist sind alle froh, dass endlich gewählt ist. Trotzdem: Um auf der sicheren Seite zu sein, sollten Sie als Wahlvorstand ihre Aufgabe mit äußerster Sorgfalt angehen.
Hier ein paar Tipps, wie Sie „gern gemachte" Fehler vermeiden:
Sattelfester Wahlvorstand
Der erste Fehler passiert häufig bereits bei der Bildung des Wahlvorstands. Drei Mitglieder sieht das Gesetz vor. Mehr dürfen es nur sein, wenn dies erforderlich ist; z.B. wenn am Wahltag mehrere Wahllokale gleichzeitig geöffnet sein sollen. Wichtig für die Praxis: Der Betriebsrat sollte außerdem eine ausreichende Zahl von Ersatzmitgliedern bestellen.
Tipp: Setzen Sie den Wahlvorstand sehr früh ein. So hat dieser genug Zeit, die erforderlichen Informationen zu sammeln und sich für die Durchführung der BR-Wahl schulen zu lassen.
Vorsicht: Es ist nicht Aufgabe des Wahlvorstands, sich um Kandidaten zu kümmern. Dazu sind wahlberechtigte Arbeitnehmer des Betriebs (bzw. die Gewerkschaft) aufgerufen.
Richtig rechnen
Wie viele Betriebsräte dürfen gewählt werden? Es kommt auf die in der Regel beschäftigten Mitarbeiter an. Entscheidend dafür ist, wie die Normalgröße des Betriebes aussieht. Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in Elternzeit sind beispielsweise wahlberechtigt und zählen mit. Die zur Vertretung eingestellten Teilzeitkräfte dürfen zwar wählen, zählen aber nicht zur Regelgröße des Betriebes.
Komplizierter ist es bei Leiharbeitnehmern. Sie dürfen wählen, wenn ihr Einsatz für mehr als drei Monate geplant ist. Für die Regelgröße wird aber entscheidend sein, ob sie Arbeitsplätze besetzen, die ihrerseits „in der Regel" bestehen, also typisch sind für diesen Betrieb.
Schließlich sind bereits feststehende künftige Entwicklungen zu berücksichtigen. Steht etwa bereits die Verlagerung eines Betriebsteils für das kommende Jahr fest, darf der Wahlvorstand diese Arbeitnehmer nicht mehr berücksichtigen.
Aushang, aufgepasst!
Das Wahlausschreiben muss an allen Orten (Filialen) hängen – und zwar immer am Tag seines Erlasses während der Normalarbeitszeit und immer in derselben Fassung.
Do you understand?
Der Wahlvorstand muss dafür sorgen, dass Arbeitnehmer mit fehlenden Deutschkenntnissen ausreichend informiert werden. So mühsam dies auch ist: Lassen Sie das Wahlausschreiben in alle benötigten Sprachen übersetzen. Das Aushängen nicht vergessen!
Fristende: Punkt Mitternacht
Die Einspruchsfrist gegen die Wählerliste endet nach zwei Wochen – und zwar um Mitternacht. Der Wahlvorstand darf diese Frist allenfalls dann verkürzen, wenn der Betrieb schon vor 24 Uhr schließt und sich keine relevante Arbeitnehmerzahl (z.B. nur Wachpersonal oder Nachtdienst) mehr im Gebäude aufhält. Sonst gilt: Die Frist kann weder verlängert noch verkürzt werden!
Vorschlagslisten unverzüglich prüfen
Vorschlagslisten muss der Wahlvorstand unverzüglich, also so schnell wie möglich prüfen. Die Feststellung, dass eine Liste unheilbar ungültig ist, trifft der gesamte Wahlvorstand durch Beschluss (z.B. wenn nicht wählbare Bewerber auf der Liste stehen oder wenn die Liste bei Einreichung nicht die nötige Zahl von Stützunterschriften aufweist). Dasselbe gilt bei „heilbaren" Mängeln. Dem Listenvertreter muss dies so schnell wie möglich mitgeteilt werden.
Wahlurnen versiegeln
Wenn Wahlurnen nicht vor Ort ausgezählt werden können, sind sie zu versiegeln. Dies soll Manipulationen verhindern. Die Versiegelung (auch und gerade des Einwurfschlitzes) kann z.B. durch Siegelwachs erfolgen.
Versendung von Briefwahlunterlagen
Briefwahlunterlagen müssen in der Regel beim Wahlvorstand angefordert werden. Zulässig ist die Briefwahl nur bei voraussichtlicher Abwesenheit (z.B. Urlaub, Krankheit) und muss vom Wahlvorstand per Beschluss festgestellt werden. Es dürfte aber ein vorheriger „Rahmen"-Beschluss genügen.
Automatisch muss der Wahlvorstand Briefwahlunterlagen nur an diejenigen Mitarbeiter verschicken, die „nach der Eigenart ihres Beschäftigungsverhältnisses" am Wahltag nicht im Betrieb sind (z.B. Außendienstler).
Tipp: Die Briefwahlunterlagen müssen zwingend ein Rückkuvert enthalten, das als Absender die Privatanschrift des Arbeitnehmers enthält, frankiert ist und auf dem deutlich der Vermerk „Schriftliche Stimmabgabe" oder „Briefwahl" aufgedruckt ist.
Heißes Eisen Briefwahlstimmen
Eingehende Briefwahlkuverts sind (ungeöffnet!) sicher zu verwahren – etwa in einem abschließbaren Schrank. Der Wahlvorstand liefert die Briefe zum Ende der Wahlzeit bzw. kurz danach vollständig am Ort der Stimmauszählung ab. Öffentlich prüft der Wahlvorstand sie – einzeln – auf Unversehrtheit. Nach Kontrolle der Wählerliste, dass der Briefwähler nicht schon persönlich gewählt hat, wird das Kuvert geöffnet. Der Wahlvorstand prüft, ob der Briefwähler die „Erklärung über die persönliche Stimmabgabe" ausgefüllt hat. Wenn ja, wirft er den Wahlumschlag in eine Urne, die auch schon Wahlumschläge der persönlichen Wähler enthält.
Wichtig: Ist das Rückkuvert offen, findet sich die „Erklärung über die persönliche Stimmabgabe" nicht neben dem Wahlumschlag im Kuvert (was häufig passiert, weil die Arbeitnehmer diese Erklärung in den Wahlumschlag stecken) oder enthält der Wahlumschlag besondere Kennzeichnungen, dann ist die Briefwahlstimme ungültig; der Fehler muss protokolliert werden, der Wahlumschlag darf nicht in die Urne geworfen werden.
Öffentliche Auszählung
Bereits im Wahlausschreiben muss der Wahlvorstand angeben, wann und wo die Stimmen ausgezählt werden. Stimmenauszählung meint hier – neben der oben dargestellten Behandlung der Briefwahlunterlagen – Öffnung der Urnen, Entnahme der Wahlumschläge, Herausnahme der Stimmzettel, Prüfung der Stimmzettel, Zählung der Stimmen und Feststellung des Wahlergebnisses. All dies hat in öffentlicher Sitzung nach der Schließung aller betrieblichen Wahllokale zu erfolgen.
Alles beachtet? Ein guter Anfang!
Natürlich ist diese Aufzählung bei weitem nicht vollständig. Aber wer alle Punkte beachtet, hat schon einen erheblichen Teil der Anfechtungstatbestände im normalen Wahlverfahren vermieden. Für das vereinfachte Wahlverfahren in Betrieben mit bis zu 50 Arbeitnehmern gelten weitere Besonderheiten.
Eines ist aber klar: Wahlvorstände können ihre Aufgabe kaum ohne vorherige Schulung bewältigen. Hieran werden wegen der Korrektheit des Wahlergebnisses und zur Vermeidung einer kostenträchtigen Neuwahl letztlich auch Belegschaft und Arbeitgeber interessiert sein.
Also: Mit Schwung und Engagement zu einer erfolgreichen Betriebsratswahl!