Stabiler Wert bei der Wahlbeteiligung
Wie liegen die Betriebsratswahlen 2022? Das Institut für Mitbestimmung und Unternehmensführung (I.M.U) der Hans-Böckler-Stiftung hat Daten von rund 19.000 Betrieben mit mehr als 6,6 Millionen Beschäftigten ausgewertet. Wichtig dabei: Der Fokus lag auf dem Bereich der Gewerkschaften IGM, ver.di, IGBCE, IG BAU und EVG.
Die Beteiligung an der Betriebsratswahl 2022 bewertet das I.M.U. angesichts von 71,9 Prozent durchaus positiv. Zwar seien dies etwa vier Prozentpunkt weniger als bei der 2018er-Wahl, aufgrund der erschwerten Bedingungen durch die Corona-Pandemie und Kurzarbeit sei dies jedoch ein stabiler Wert. Die Wahlbeteiligung war auch diesmal in größeren Betrieben geringer als in kleineren Betrieben. Zum Vergleich: In Unternehmen mit 1.000 Mitarbeitern lag diese bei 52,7 Prozent, in solchen mit fünf bis 20 Mitarbeitern bei 89,4 Prozent.
Gremien werden laut I.M.U. etwas jünger
Knapp 40 Prozent der Mandatsträger sind derzeit jünger als 46 Jahre, 7,5 Prozent sind sogar unter 30 Jahre – ein leichter Zuwachs. Ähnliches ist bei den neuen Betriebsräten zu beobachten: 37,9 Prozent sind erstmals ins Amt gewählt worden. Gerade bei kleinen und sehr großen Betrieben ist hingegen eine deutlich unterdurchschnittliche Fluktuation zu sehen, was Raum für Vermutungen lässt. Liegt es an der Unternehmenstreue, die bei diesen Größenstrukturen womöglich besonders hoch ist?
Viele Betriebsratsneugründungen in Betrieben bis 100 Mitarbeiter
Bei den vom I.M.U. erhobenen Daten zeigt sich, dass der Anteil von Frauen in den Betriebsratsgremien bei 30,2 Prozent liegt – mit 0,2 Prozentpunkten ein marginaler Anstieg im Vergleich zu 2018. Nachholbedarf gibt es in Sachen Betriebsratsvorsitz: Lediglich 21,3 Prozent ist in „weiblicher Hand“, beim stellvertretenden Vorsitz sind es 25,4 Prozent. In 8,3 Prozent der ausgewerteten Fälle handelt es sich übrigens um Betriebsratsneugründungen. Die größte Bewegung ist bei Betrieben mit bis zu 100 Beschäftigten zu sehen, hier finden anteilig überdurchschnittlich viele Neugründungen statt. (Hier finden Sie die gesamte I.M.U.-Studie)
Eine weitere Studie vom Institut der deutschen Wirtschaft
Auch das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) hat die BR-Wahlen untersucht. Die Ergebnisse sind vergleichbar, allerdings wurden hier „nur“ 750 Unternehmen mit rund 240.000 wahlberechtigten Beschäftigten befragt. Das IW spricht daher selbst von einer nicht-repräsentativen Datenbasis. (Hier finden Sie die gesamte IW-Studie)
Das Fazit dieser IW-Betriebsratsbefragung: Betriebsräte sind weiter überwiegend männlich, außerdem scheint den Beschäftigten Erfahrung wichtig zu sein. Zwei von drei gewählten Betriebsratsmitgliedern gehörten dem Gremium schon in der Vorperiode an. Betriebsratsvorsitzende seien im Durchschnitt 50 Jahre alt und sind seit 23 Jahren im Betrieb tätig.
Laut dieser Analyse haben sich knapp 69 Prozent der Arbeitnehmer an den Wahlen beteiligt. „Betriebsräte haben einen starken Rückhalt in ihrer Belegschaft. Dennoch zeigt der Blick auf die Wahlbeteiligung in der IW-Betriebsratswahlbefragung 2022, dass dieser Rückhalt rückläufig ist“, heißt es in der Zusammenfassung der IW-Ergebnisse.
Zwei Studien, zwei ähnliche Werte und doch unterschiedliche Interpretationen. (tis)