Was wählen wir eigentlich?
Die Bundestagswahl ist eine „personalisierte Verhältniswahl“, bei der die rund 60 Millionen Wahlberechtigten zwei Stimmen haben. Mit der Erststimme werden die Politiker gewählt, die ihren Wahlkreis im Bundestag vertreten sollen. Der Direktkandidat mit den meisten Stimmen gewinnt und zieht in den Bundestag ein. Vorausgesetzt, dessen Partei hat genügend Zweitstimmen gesammelt – so ist es im neuen Wahlrecht verankert. Denn: Mit der Zweitstimme wählen wir die Landesliste einer Partei und die ist letztlich entscheidend für die Sitzverteilung im Bundestag. Erst- und Zweitstimme müssen keineswegs übereinstimmen, was als „Stimmensplitting“ bezeichnet wird. Für den Einzug in den Bundestag muss eine Partei mindestens fünf Prozent der Zweitstimmen holen. Eine Ausnahme gilt für die Parteien, die mindestens drei Direktmandate in den Wahlkreisen holen. Eigentlich wollte die letzte Regierung diese Fünf-Prozent-Sperrklausel aufheben, das Bundesverfassungsgerichte kippte den Vorschlag allerdings. Aber: Durch die Wahlrechtsreform wird die Größe des Bundestages auf 630 Abgeordnete begrenzt, Überhang- und Ausgleichsmandate fallen weg.
Unterschiede zur Betriebsratswahl
Bei den Betriebsratswahlen läuft es etwas anders: Es gibt entweder eine Personen- oder eine Listenwahl. Während bei einer Listenwahl jeder Wähler genau eine Stimme einer Liste als Ganzes geben kann, werden bei der Personenwahl so viele Stimmen vergeben, wie Betriebsratsmitglieder zu wählen sind. Hat das künftige Betriebsratsgremium neun Mitglieder, können die Wähler (müssen aber nicht) neun Stimmen abgeben – es werden also einzelne Kandidaten gewählt, bei der Listenwahl eine komplette Liste. Für beide Wahlverfahren gibt es sicherlich Vorteile. Können bei der Personenwahl genau diejenigen Kandidaten gewählt werden, die einen überzeugen, haben beispielsweise Betriebsrats-Neulinge bei der Listenwahl bessere Chancen gegenüber etablierten Persönlichkeiten. Aber wer entscheidet eigentlich, wie gewählt wird?
Wird im vereinfachten Wahlverfahren gewählt, ist zwingend die Personenwahl vorgeschrieben.
Letztlich ist die Verfahrensart für die Form der Stimmabgabe verantwortlich. Wird im vereinfachten Wahlverfahren gewählt, ist zwingend die Personenwahl vorgeschrieben. Das vereinfachte Wahlverfahren kommt bei Betrieben mit 5 bis 100 Mitarbeitern sowie bei Betrieben bis zu 200 Mitarbeitern bei besonderer Vereinbarung zur Anwendung. Im normalen Wahlverfahren kommt es hingegen darauf an, wie viele Vorschlagslisten eingereicht werden. Sind es mehrere gültige Wahlvorschläge, ist zwingend die Listenwahl vorgeschrieben. Gibt es nur eine gültige Vorschlagsliste, werden die Personen direkt gewählt.
Wie bei der Bundestagswahl ist es auch möglich, den Betriebsrat per Brief zu wählen. So können beispielsweise Wähler, die am Wahltag etwa wegen Urlaubs oder einer Geschäftsreise nicht im Betrieb sein werden, beim Wahlvorstand die Briefwahl beantragen. Weiß der Wahlvorstand, dass bestimmte Arbeitnehmer am Wahltag wegen ihrer Beschäftigung nicht im Betrieb sein werden – zum Beispiel Außendienstmitarbeiter –, so muss diesen Kollegen auch ohne deren Antrag die Briefwahlunterlagen zugeschickt werden.
Sie sollten Ihren Antrag auf einen Wahlschein so frühzeitig wie möglich stellen.
Auf der Internetseite der Bundeswahlleiterin
Briefwahl bei Bundestagwahl immer beliebter
Für die Bundestagswahl werden die Wahllokale am Sonntag, 23. Februar, von 8 bis 8 Uhr geöffnet haben. Viele können sich dann zurücklehnen und den ersten Hochrechnungen entgegenfiebern, weil sie eben bereits per Brief gewählt haben. Seit 1957 gibt es übrigens die Möglichkeit, via Brief abzustimmen, wobei das lange Zeit nur aus guten Gründen erlaubt war. Seit 2008 können „Wahlberechtigte, die in ein Wählerverzeichnis eingetragen sind, ihr Wahlrecht ohne Vorliegen eines besonderen Grundes durch Briefwahl ausüben“, wie auf der Internetseite der Bundeswahlleiterin steht. Und diese Briefwahl erfreut sich immer größerer Beliebtheit. Laut Statista lag der Anteil bei der Bundestagswahl 2021 bei 47,3 Prozent – vier Jahre zuvor waren es 28,6 Prozent. Wichtig: „Sie sollten Ihren Antrag auf einen Wahlschein so frühzeitig wie möglich stellen“, heißt es von der Bundeswahlleitern. (tis)