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Job-Ghosting: Ein Thema für den Betriebsrat!

Wie das Phänomen von verschwindenden Mitarbeitern die Arbeitswelt beeinflusst

Job-Ghosting geht um: Der Begriff beschreibt das plötzliche Verschwinden von Bewerbern oder Mitarbeitern, ganz ohne Vorwarnung oder Erklärung. Klingt unglaublich, ist aber wahr. Das Phänomen hat in den letzten Jahren zugenommen und wirkt sich nicht nur auf die Unternehmen, sondern auch auf die Arbeitskultur und das Arbeitsklima aus. Doch welche Rolle spielen Betriebsräte in diesem Zusammenhang? Und was sollten Sie als Betriebsrat im Blick behalten, um angemessen darauf zu reagieren?

Stand:  20.2.2024
Lesezeit:  03:30 min
Job-Ghosting: Ein Thema für den Betriebsrat! | © AdobeStock | New Africa

Endlich ein Bewerber für die ausgeschriebene Stelle. Seit fast sieben Monaten zieht Elisabeth S. aus der Personalabteilung alle Register: Einträge in Jobportalen, Anzeigen in Nachrichtenblättern und sogar einen ausgeschriebenen Bonus für Mitarbeiter, die neue Kollegen vermitteln! Dieser Aufwand läuft nicht ohne Überstunden ab. Aber endlich hatte sie letzte Woche ein richtig gutes Gespräch mit einem Bewerber. Das Interesse war beidseitig. Händeschüttelnd hatten sie sich verständigt, dass diese Woche das abschließende Gespräch mit der Geschäftsleitung stattfindet.

Aber als Sie einen Termin vereinbaren will, geht der Bewerber nicht mehr an sein Smartphone und ist auch über Festnetz nicht erreichbar. Per E-Mail kommt keine Antwort zurück. Selbst auf eine SMS von ihr – keine Reaktion! Warum nur dieser vollständige Kontaktabbruch ohne vorherige Erklärung? Elisabeth S. ist ratlos. Dabei hat dieses Vorgehen von Bewerbern inzwischen sogar einen Namen: Job-Ghosting!

Phänomen Job-Ghosting

Das Phänomen des Job-Ghostings war in der Vergangenheit eher umgekehrt bekannt, als Bewerber teils vergeblich auf eine Rückmeldung aus der Personalabteilung warteten – sozusagen „HR-Ghosting“. Denn nach einer Bewerbung herrschte oft monatelang Funkstille seitens des Unternehmens. Die Bewerbungsunterlagen wurden nicht zurückgesendet, und auf Nachfrage wurden Bewerber häufig auf lange Wartezeiten vertröstet. Doch diese Zeiten sind vorbei, denn der Fachkräftemangel hat die Macht in die Hände der Bewerber gelegt. Heutzutage können sich viele Bewerber ihren Job aussuchen.

Eine Umfrage des Jobportals Indeed und der Marktforschungsfirma Appinio unter 400 deutschen Personalern hat ergeben, dass das Ghosting von Job-Anwärtern in den letzten Monaten zugenommen hat. Fast 56 Prozent der Befragten gaben an, dass sie dieses Phänomen erleben. Für 31,5 Prozent tritt das Ghosting mindestens einmal im Monat auf, bei 25,5 Prozent sogar einmal pro Woche. Lediglich 7,3 Prozent der Befragten berichteten, dass sie noch nie von Bewerbern „geghostet“ wurden.

Zeit in der Personalbeschaffung = Geldverlust

In der Welt der Personalbeschaffung ist Zeit gleichbedeutend mit Geld. Jeder unbesetzte Arbeitsplatz bedeutet für das Unternehmen finanzielle Einbußen. Laut einer Stepstone-Studie aus dem Jahr 2022 können Unternehmen dabei Umsätze von durchschnittlich 38.000 Euro verlieren.

Die Zeit, die benötigt wird, um eine Stelle (neu) zu besetzen, wird als Vakanzzeit bezeichnet und beträgt laut der Bundesagentur für Arbeit im Durchschnitt 121 Tage. Diese Zeitspanne variiert je nach Position und Schwierigkeitsgrad der zu besetzenden Stelle. Ob es sich um eine Führungsposition, eine mittlere Managementrolle oder eine Fachkraft handelt, spielt letztendlich eine entscheidende Rolle für die entstehenden Kosten.

 

Phasen des Job-Ghostings auf Seiten der Arbeitnehmer

Job-Ghosting seitens der Arbeitnehmer kann in verschiedenen Phasen des Arbeitsverhältnisses auftreten und stellt für Arbeitgeber eine zunehmende Herausforderung dar:

  • Bewerber erscheinen trotz einer vereinbarten Terminabsprache nicht zu einem Vorstellungsgespräch.
  • Bewerber reagieren nicht mehr auf Angebote oder Kommunikation seitens des Arbeitgebers, nachdem diesen ein Stellenangebot unterbreitet wurde.
  • Arbeitnehmer unterzeichnen einen Arbeitsvertrag, treten jedoch ab dem vereinbarten ersten Arbeitstag nicht zur Arbeit an.
  • Arbeitnehmer nehmen ihre Tätigkeit auf, brechen jedoch ohne formelle Kündigung des Arbeitsverhältnisses den Kontakt zum Arbeitgeber ab und erscheinen nicht mehr zur Arbeit.

Wenn der Bewerber Pech hat, erwarten ihn auch Schadensersatzansprüche von Seiten des neuen Arbeitgebers.

Arbeitsrechtliche Konsequenzen von Job-Ghosting

Gerade die letzten zwei Punkte können ernstzunehmende Folgen haben. Wenn der Bewerber bereits einen Arbeitsvertrag unterzeichnet hat und einfach am ersten Arbeitstag nicht zur Arbeit erscheint, sollte das Unternehmen korrekt handeln. Es empfiehlt sich, den Arbeitsvertrag ordnungsgemäß zu kündigen. Vertrag ist Vertrag: Wenn der Bewerber Pech hat, erwarten ihn auch Schadensersatzansprüche von Seiten des neuen Arbeitgebers.

Sobald ein Bewerber einen Vertrag unterschrieben hat, sind Sie als Betriebsrat für ihn zuständig.

Job-Ghosting – auch ein Thema für den Betriebsrat?

Eindeutig ja! Denn sobald ein Bewerber einen Vertrag unterschrieben hat, sind Sie als Betriebsrat für ihn zuständig. Hinterfragen Sie, warum der Arbeitnehmer seine Stelle nicht antritt oder einfach nicht mehr zur Arbeit erscheint. 

Behalten Sie deshalb als Betriebsrat folgende Punkte im Blick:

  • Arbeitsrechtliche Aspekte: Als Betriebsrat sollten Sie sicherstellen, dass die Rechte der Arbeitnehmer gewahrt werden. Dies kann den Schutz vor ungerechtfertigten Kündigungen oder anderen arbeitsrechtlichen Problemen einschließen, die durch Job-Ghosting entstehen könnten.
  • Unternehmensimage: Job-Ghosting kann das Image des Unternehmens beeinträchtigen: z.B. durch nachträgliche negative Einträge in Bewertungsportalen. Und das hat Auswirkungen! Durch ein schlechtes Image wird es für den Arbeitgeber schwieriger, qualifizierte Fachkräfte anzuziehen und langfristige geschäftliche Partnerschaften aufzubauen.
  • Effektive Personalplanung: Job-Ghosting kann die Personalplanung und die Effizienz im Unternehmen erheblich beeinträchtigen, insbesondere wenn Stellen unerwartet unbesetzt bleiben oder kurzfristig ersetzt werden müssen. Als Betriebsrat ist es wichtig, auch die Auswirkungen auf die Arbeitsbelastung der Kollegen im Blick zu behalten, die möglicherweise in einer unterbesetzten Abteilung Überstunden leisten müssen, um die fehlende Stelle zu kompensieren. In dieser Hinsicht können Betriebsräte dazu beitragen, Strategien zur Minimierung von Job-Ghosting zu entwickeln . Dies kann beispielsweise die Verbesserung der Kommunikation und Transparenz zwischen Arbeitgebern und Bewerbern umfassen oder die Identifizierung und Behebung von Engpässen in der Personalabteilung selbst. Letztendlich ist es das Ziel, eine Arbeitsumgebung zu schaffen, in der Job-Ghosting reduziert wird und eine nachhaltige Personalplanung gewährleistet ist.

Gegenseitiger Respekt ist von entscheidender Bedeutung

Gerade in einer zunehmend digitalen Arbeitswelt sind Respekt, Transparenz und Professionalität von entscheidender Bedeutung für eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Das Phänomen des Job-Ghosting, bei dem Bewerber oder Angestellte plötzlich den Kontakt abbrechen oder Vereinbarungen nicht einhalten, kann zu erheblichen Problemen führen. Um das zu vermeiden, ist es wichtig, eine klare Kommunikation zu pflegen, sowohl seitens des Arbeitgebers als auch des Bewerbers oder Angestellten. 
Dies beinhaltet eine ehrliche Rückmeldung während des Bewerbungsprozesses, das Einhalten von Vereinbarungen und eine rechtzeitige Benachrichtigung im Falle von Änderungen oder Entscheidungen. Durch den Aufbau eines Umfelds gegenseitigen Respekts und Verständnisses sowie die Priorisierung von Transparenz und Professionalität können Arbeitgeber und Arbeitnehmer dazu beitragen, das Job Ghosting zu minimieren und eine positive Arbeitskultur zu fördern. Und dabei sind auch Sie als Betriebsrat gefragt!

Ende gut, alles gut! 

Elisabeth S. bekommt demnächst eine neue Kollegin in der Personalabteilung. Für Sie heißt das: Die Betreuung neuer Bewerber für die Firma kann geteilt werden. Damit bleibt mehr Zeit, die persönliche Kommunikation während des Bewerbungsprozesses zu intensivieren. Und mehr persönliche, direkte Absprachen bedeuten Nähe zum Bewerber! Ein guter Schritt, um Job-Ghosting vorzubeugen. (sw)

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