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Im Interview: Frank Roth, stellvertretender Betriebsratsvorsitzender bei Zalando
Der wachsende Personal- und Fachkräftemangel in Deutschland zwingt Unternehmen dazu, bei der Gewinnung von Arbeitskräften neue Wege zu gehen. Bei Zalando rekrutiert man immer mehr internationale Mitarbeiter über Zeitarbeitsfirmen. Wir haben mit Frank Roth über die Herausforderungen des aktuellen Arbeitsmarkts gesprochen, und wie die Integration internationaler Mitarbeiter im Betrieb gelingt. Er ist stellvertretender Betriebsratsvorsitzender bei Zalando in Erfurt.
Das Interview führte Sonja Saffer, Juristin und Bildungsreferentin im ifb.
Frank Roth: Seit 2018 ist es immer schwieriger geworden, Mitarbeiter für unseren Standort hier zu gewinnen. Zu dieser Zeit hatten sich relativ viele Unternehmen in der Region neu angesiedelt. Gleichzeitig haben wir in Thüringen, mit nur zwei Millionen Einwohnern, grundsätzlich auch nur eine begrenzte Zahl an Arbeitskräften.
Frank Roth: Anfangs zeigte sich der Personalmangel lediglich dadurch, dass das Unternehmen expandieren wollte, schließlich gibt es uns erst seit 2012 — doch wir fanden keine Mitarbeiter. Irgendwann hat sich der Personalmangel dann auch auf unsere Stammbelegschaft ausgewirkt. Der Arbeitgeber musste darüber nachdenken, wie er den Prozess zur Mitarbeitergewinnung erweitert, um sicherzustellen, dass alle Stellen besetzt sind. Und als Betriebsrat ist es unsere Aufgabe sicherzustellen, dass die Mitarbeiter nicht überlastet werden und Überstunden nicht außer Kontrolle geraten. Die Zusammenarbeit mit dem Arbeitgeber lief an dieser Stelle aber recht gut. Wir wurden von Anfang an nach unserer Meinaung gefragt und am gesamten Rekrutierungsprozess beteiligt.
Frank Roth: Eine Idee war, gemeinsam mit der Agentur für Arbeit Langzeitarbeitslose in den Betrieb zu integrieren. Auf diesem Weg fanden wir ca. 40 Mitarbeiter. Von denen ist aktuell aber leider keiner mehr da. Es gab auch mal ein Projekt des Betriebsrats namens „Mitarbeiter werben Mitarbeiter“. Und dann haben wir gemeinsam mit dem Arbeitgeber versucht, Mitarbeiter aus weiterer Entfernung — zwischen 100 und 200 Kilometer — zu gewinnen. Dafür haben wir z.B. auch Busse eingesetzt. Letztendlich waren die Maßnahmen leider auf Dauer nicht erfolgreich.
Frank Roth: Schon im Jahr 2016 haben die ersten Zeitarbeitnehmer bei uns gearbeitet, aber damals noch in geringem Maße. Nachdem wir 2018 und 2019 vergeblich versucht hatten, über alle möglichen Kanäle Mitarbeiter zu rekrutieren, haben wir uns verstärkt darauf konzentriert, Kollegen über Zeitarbeitsfirmen zu gewinnen.
Frank Roth: In den Anfangsjahren war die Quote der ausländischen Kollegen, die über die Zeitarbeit bei unsangefangen haben, noch relativ gering. Mittlerweile haben wir Kollegen aus knapp 70 Nationen, die bei uns arbeiten.
Frank Roth: Anfangs kamen viele polnische Kollegen zu uns und wir haben uns noch ein bisschen selbst beholfen, manchmal mit Händen und Füßen. Außerdem halfen polnische Kollegen bei der Übersetzung. Diesen Weg haben wir dann ab 2018 professionell ausgebaut. Aus den Reihen der Kollegen suchen wir Leute, die wir als Sprachmittler in den Arbeitsablauf integrieren. Unsere Sprachmittler helfen beim Anlernen, aber auch im Informationsaustausch zwischen Führungskräften und Mitarbeitern.
Frank Roth: Wir wissen, wie wichtig die Verständigung untereinander ist. Vor Corona hatten wir tatsächlich interne Sprachkurse im Angebot, die auch gut angenommen wurden. Geleitet hatten die Kurse auch interne Mitarbeiter. Aktuell wollen wir das Projekt wieder neu auf den Weg bringen.
Frank Roth: Zalando ist ein großer Konzern. Am Standort in Berlin wird Englisch gesprochen. Es gibt bei uns aber zahlreiche Standorte mit verschiedenster sprachlicher Zusammensetzung, je nach Region. Bei uns am Standort Erfurt ist die Unternehmenssprache Deutsch. Daneben übersetzen wir alle wesentlichen Informationen in fünf Sprachen. Das hat sich bei uns bewährt.
Frank Roth: Zalando hat einen Slogan, der auch wirklich gelebt wird: „Bei uns ist jeder gleich.“ Es gibt auch keine Unterschiede zwischen der Führungsebene und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Es treten natürlich mal kleine Reibereien zwischen den Kollegen auf, wie überall. In den letzten Jahren haben sich aber relativ viele Freundschaften entwickelt und es gibt ganz viele Familien, die sich so gefunden haben. Wir haben einen guten Zusammenhalt in unserem Betrieb. Wir sind auf einem guten Weg, um sagen zu können: Wir sind im positivsten Sinne „multikulti“.
Frank Roth: In den Anfangszeiten hatten wir eine Managerin, die für die Integration ausländischer Kolleginnen und Kollegen in den Betrieb zuständig war. Das war eine große Unterstützung. Inzwischen fühlt sich jeder neue Kollege bei uns im Betrieb heimisch.
Frank Roth: „Offen sein“ ist mein Tipp! Immer offen sein für was Neues und die Dinge einfach angehen. Dazu gehört, auch mal die eigene Komfortzone zu verlassen. Passieren auch Fehler? Natürlich passieren auch Dinge, die man im Nachgang anders machen würde. Aber wenn ich neue Schritte nicht wage, dann schaffe ich es auch nicht, mich für die Zukunft zu rüsten. (sf/amf)
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