Die Frage nach dem Danach rückt immer drängender in den Fokus von Wirtschaft und Gesellschaft. Die Menschen wollen wissen, wie es weitergeht: Welche Zukunft wird sie nach der Krise erwarten? Wie werden Wirtschaft und Gesellschaft von morgen aussehen? Was kommt auf die Industrie zu, wie wird sich die Arbeitswelt verändern?
Drei Fragen der Gegenwart
Zukunftsforscher Matthias Horx hat auf die drei elementarsten Fragen der Gegenwart nach der Zukunft sehr sybillinisch wie folgt geantwortet:
- Wann ist die Krise endlich überstanden? „Krisen sind immer irgendwann vorbei oder werden zur Normalität, aber sie verändern uns“.
- Wann ist endlich alles wieder wie früher? „Nie“.
- Wie sieht die Zukunft nach dieser Pandemie aus? „Zukunft ist eine Entscheidung … am Ende hängt es von jedem Einzelnen ab, wie die Zukunft aussieht…Wir sind verantwortlich für die Zukunft.“
Am Ende hängt es von jedem Einzelnen ab, wie die Zukunft aussieht.
Eigentlich sind das Binsenweisheiten Und dennoch steckt in der letzten Aussage doch viel Wahrheit: Zukunft fällt nicht vom Himmel und ist nicht fatalistisch vorgegeben! Der homo oeconomicus als Einzelner wie sein Sozialverband, die Gesellschaft, sind verantwortlich für die Zukunft. Auch für die Zukunft der Wirtschaft: Alle gestalten die Zukunft selber durch ihr Verhalten, nicht die Zukunft macht die Gesellschaft.
Gute und schlechte Botschaften
Was lernen wir daraus für unsere Fragestellung nach der Zukunft von Wirtschaft und Gesellschaft nach der Corona-Pandemie? Dazu gibt es gute wie schlechte Botschaften und Erkenntnisse.
Zunächst die guten Nachrichten:
- Der Weltuntergang findet nicht statt, auch die Corona-Krise geht einmal zu Ende, so wie alle Krisen vorher, Pest, Cholera, Spanische Grippe, Sars, Mers, Ebola etc. Die Menschheit hat gelernt, damit umzugehen und die Coronavirus-Infektionskrise einzudämmen.
- Die totale Isolation und der Shutdown sind nicht zur Normalität geworden. Die totale Überwachung der Menschen via Chip-Implantat o.Ä. findet nicht statt, selbst in China nicht. Der Schengen Raum ist wieder offen, die Grenzkontrollen werden abgebaut, die Menschen können weltweit wieder frei ohne Visum und Quarantänepflicht reisen.
- Der Crash der kapitalistischen, demokratisch verfassten Weltordnung findet nicht statt. Corona hat die Weltwirtschaft aufgrund der Gegenmaßnahmen zwar ins Taumeln gebracht, aber der Zusammenbruch des freien Handels und Warenverkehrs blieb aus.
- Trotz anfänglicher Fokussierung auf nationale Interessen ist die internationale Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung nicht kollabiert. Die arbeitsteilige Weltwirtschaftsordnung blieb im Fundament unangetastet. Im Gegenteil: die Zusammenarbeit wurde –mit wenigen Ausnahmen wie Brexit etc. – gestärkt. Jede Nation hat erkannt, dass in einer arbeitsteiligen globalen Welt jede einseitige Abschottung zu Isolation und Verarmung führt. Die Sorge vor einer erneuten Pandemie macht jede noch so kleine lokale Verbreitung eines Virus zum Auslöser drastischer Maßnahmen, von Grenzschließungen bis zum Kampf um Klopapier und medizinische Geräte. An die internationale Zusammenarbeit glaubt kaum noch jemand. So wankt die Welt nervös in die Zukunft.
- Trotz vielfach fehlender eigener Erfahrungen aus Kriegs- und Notzeiten, haben die Menschen nicht verlernt, mit schwierigen äußeren Bedingungen um zu gehen. Man kann, wenn die Not dazu zwingt. Das man das hinbekommt ist für die Gesellschaft und den Einzelnen äußerst positive Erfahrung.
Horx bringt das auf die griffige Formel: „Es ist nicht der Weltuntergang, mit dem wir gerechnet haben. …Es ist nicht hacken, sondern backen. Überall ist die Hefe ausverkauft, weil sich alle entschieden haben, Brot backen zu lernen" Und selbst die letzten Computer-Nerds haben das hingekriegt, wie im Steckrübenwinter 1946, nur damals ohne Computer, aber auch ohne Hefe.
Nichts bleibt nach Corona, wie es war.
Und nun die schlechten Nachrichten
- Nichts bleibt nach Corona, wie es war. So wie vor der Pandemie wird es nicht mehr sein, denn die Erfahrungen der Menschen aus der Krise und durch die Krise bleiben - die positiven wie negativen. Und die prägen das zukünftige Verhalten des homo oeconomicus als Betriebsrat, Unternehmer, Konsument, Sparer, Investor etc.
- Der Mensch ist ein geselliges Wesen, er braucht seit Neandertalers Zeiten die Gruppe. Früher zum physischen, heute zum wirtschaftlichen-sozialen Überleben. Social Distancing greift fundamental in das Bedürfnis-portfolio ein. Es kommt zwangsläufig zu Veränderungen und Anpassungen im täglichen Leben und bei eingeübten Gewohnheiten und Ritualen; sowohl des Einzelnen wie der Gruppe. Wir lieben das Bad in der Menge, z.B. im Fußballstadium oder bei Konzerten – Corona hat das Badewasser ausgelassen.
- Das gilt auch für alle Prozessabläufe und bisherigen Strukturen in der Wirtschaft und in den Unternehmen. Alles wird überprüft.
- Die kapitalistisch Wirtschafts- und Wachstumsphilosophie hat einen empfindlichen Schlag abbekommen.
Wie geht es weiter?
Die Herausforderung der Umstrukturierung werden umfassend sein. Für Betriebsräte gilt es, frühzeitig und wachsam an den kommenden Umstrukturierungen ihres Unternehmens und der Arbeitsprozesse Teil zu haben. Proaktives Handeln und Gestalten geht nur in einer offenen und konfliktfreien Partnerschaft mit der Unternehmensführung.
Das ist aber keine Einbahnstraße. Wer Vertrauen haben will, muss auch Vertrauen geben. Denn eins ist sicher: Die Zeit nach Corona darf keine Zeit der Schockstarre sein, weder für die Belegschaften noch für das Management. Tatkraft wird das Wort der zweiten Jahreshälfte 2020! In der Regel wissen die Arbeitnehmer in den Werkshallen und Band am besten, wo welche Prozesse klemmen. Und warum manches sich nicht so verkaufen lässt, wie es der Vorstand will. Hier kann man im Einzelfall nur auf eine fähige Unternehmensführung mit Visionen und Tatkraft hoffen.
Nicht ohne Grund tauchen in den Ranking-Listen der bestgeführten Unternehmen immer wieder die Namen auf, wo die Zusammenarbeit zwischen Unternehmensführung und Betriebsrat am reibungslosesten und effizientesten vonstattengeht.
Eine akademische Betriebsanleitung nach dem Motto: „man nehme …“ gibt es nicht. Es kommt immer auf die Menschen an.