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Es ist wichtig, die nachwachsenden Generationen zu verstehen

© AdobeStock | krungchingpixs
Stand:  16.4.2024
Lesezeit:  02:00 min
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Interview mit dem ehemaligen Commerzbank-Bereichsvorstand Werner Braun

Umstrukturierung, Zukunftssorgen, Weiterbildungsdruck: Die Unsicherheiten vieler Beschäftigter in der Bankenwelt ähneln denen in anderen Branchen. Wir sprachen mit dem ehemaligen Commerzbank-Bereichsvorstand Werner Braun über notwendige Schlüsselqualifizierungen, die heranwachsenden Generationen und die wichtige Rolle von Betriebsräten bei anstehenden Veränderungen.

Herr Braun, schnell noch eine Überweisung bei der Bank um die Ecke abgeben, diese Zeiten sind vielerorts vorbei. Womit müssen wir beim Thema „Bankensterben“ noch rechnen? 

Werner Braun: Wissen Sie, eigentlich ist das ein „Henne-Ei-Thema“ – denn was ist die Ursache für Filialschließungen, was die Auswirkung? Fakt ist: Das Verhalten der Kunden hat sich im Bankwesen radikal geändert. Hintergrund ist, dass wir heute digital in der Lage sind, 90 % unserer Bankgeschäfte online abzuwickeln; rund um die Uhr vom Sofa aus. Und natürlich spielen auch wirtschaftliche Gründe eine Rolle bei der schwindenden Bankendichte: Es muss gespart werden. Was also wird noch kommen? Nun, die heranwachsenden Generationen sind voll digital. In gut 10 Jahren gehören 35 % aller Erwerbstätigen zur Generation Z. Die Kernfrage wird sein: Was findet in den Filialen statt, damit diese Menschen vor Ort einen Mehrwert spüren. Das wird etwas mit den Beratern zu tun haben. Unser Ziel muss es sein, auf diese Veränderungen proaktiv zu reagieren und sie als Chancen zu begreifen. 

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Große Veränderungen verursachen natürlich Stress, aber Veränderungen werden immer mehr zur Normalität.

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Also warten große Veränderungen auf die Beschäftigten, verbunden mit vielen Aufgaben für Betriebsräte? 

Werner Braun: Große Veränderungen verursachen natürlich Stress, aber Veränderungen werden immer mehr zur Normalität. Weiter wird die Geschwindigkeit, mit der große gesellschaftliche Veränderungen kommen, exponentiell steigen. Betriebsräte spielen hier eine zentrale Rolle: Sie sind nicht nur Interessenvertreter, sondern auch Partner bei der Gestaltung des Wandels. Ihre Aufgabe wird es noch mehr sein, die Mitarbeiter zu unterstützen und sie durch Fort- und Weiterbildungsangebote auf die Zukunft vorzubereiten. Dabei geht es insbesondere darum, digitale Kompetenzen und das Verständnis für Technologien wie KI zu fördern. 

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KI und digitale Innovationen sind Katalysatoren für Effizienz und Kundennähe.

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Wie machen sich KI und digitale Innovationen in der Finanzbranche bemerkbar, welche Auswirkungen sehen Sie? 

Werner Braun: Neue Technologien und z.B. auch KI werden schnell als Bedrohung empfunden. Und tatsächlich bringt die Digitalisierung auch für das Bankgeschäft eine große Transformation mit sich. KI und digitale Innovationen sind Katalysatoren für Effizienz und Kundennähe. Sie ermöglichen es uns, Dienstleistungen zu optimieren und neue Wege zu beschreiten. Beispiel Kreditvergabe: Hier werden mögliche Risiken der Vergabe durch KI, die andere Muster erkennt, noch treffsicherer analysiert werden können. Das bedeutet auf der anderen Seite natürlich auch weniger Kreditausfälle. Ein anderes Beispiel sind Avatare, bei denen man im Videotelefonat kaum noch erkennt, dass es sich nicht um echte Menschen handelt.  Doch im Kern unserer Arbeit steht der Mensch: Echte Kundenbeziehungen und Vertrauen können nur durch menschliche Interaktion geschaffen werden – auch in Zukunft. Hier liegt der wahre Wert der Mitarbeiter im Finanzwesen – sie sind die Brücke zwischen Technologie und Kunden.

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Der Schlüssel liegt in der Empathie und im tiefen Verständnis für die Bedürfnisse der Menschen – sowohl der Kunden als auch der Mitarbeiter.

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Wie kann es gelingen, trotz allem die Mitarbeiter als „Faktor Mensch“ im Blick zu behalten? 

Werner Braun: Der Schlüssel liegt in der Empathie und im tiefen Verständnis für die Bedürfnisse der Menschen – sowohl der Kunden als auch der Mitarbeiter. Fast alle unsere Entscheidungen treffen wir aus dem Bauch heraus – und dieses Bauchgefühl transportiert der Mensch. Zum anderen gibt es zu jeder Bewegung immer eine Gegenbewegung. Nehmen Sie z.B. die Übertragung von Fußballspielen im Bezahlfernsehen – die Stadien bleiben trotzdem gut besucht. 

Für das Bankwesen halte ich es, ebenso wie für andere Branchen, für besonders wichtig, die nachwachsenden Generationen zu verstehen, als Mitarbeiter und als Kunden. Betriebsräte und Führungskräfte müssen Hand in Hand arbeiten, um ein Umfeld zu schaffen, das den Menschen in den Mittelpunkt stellt. Die Förderung von Weiterbildung und die Anpassung an neue Arbeitsweisen sind essentiell, um jeden Einzelnen auf die Reise des Wandels mitzunehmen. Ohne Empathie gelingt das nicht. Es geht nicht immer nur um Zahlen – der Mensch steht im Mittelpunkt. 

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Verharren und an Gewohntem festhalten zu wollen hat keine Chance mehr.

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Welche Tipps würden Sie aus Ihrer Erfahrung heraus Interessenvertretern heute mit auf den Weg geben?  

Werner Braun: Im Kern geht es um die Frage: Wie kann man die Kollegen bei Veränderungen begleiten; und wie kann man sie so begleiten, dass sie ihr Verhalten ändern? Das muss schnell gehen. Denn eines ist klar: Verharren und an Gewohntem festhalten zu wollen hat keine Chance mehr. Außerdem sollten alle – insbesondere auch Betriebsräte – gedanklich immer einen Schritt vorausschauen. Auch im Hinblick auf neue Technologien, denn hier kann man nicht lange abwarten und z.B. auf die Ausschusssitzung in einigen Wochen warten. Es braucht schnelle Entscheidungen, auch im Gremium. 

Außerdem ist meiner Meinung nach wichtig, den Informationsfluss im Unternehmen sicherzustellen. Ich habe gelernt, wie entscheidend es ist, den Gesprächsfaden nie abbrechen zu lassen. Manchmal hilft es auch im Hintergrund weitere Gespräche zu führen. Es geht also künftig darum, den Mut zu haben, neue Wege zu gehen und dabei stets das Wohl der Mitarbeiter im Blick zu behalten. Und als letzter, aber sehr wichtiger Punkt: Betriebsräte sollten Weiterbildungsmaßnahmen fördern und fordern. Sie müssen quasi der Motor von Qualifizierung im Unternehmen sein.  (cbo)

Werner Braun

Vom Azubi bis zum Bereichsvorstand: Werner Braun, Jahrgang 1967, hat das Bankgeschäft von der Pike an gelernt. Besonders seine Zeit im direkten Kundengeschäft hat ihn geprägt. Das Management muss Menschen mitnehmen und das Unternehmen nicht nur nach Zahlen führen, sagt er.

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