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Interview mit dem ehemaligen Commerzbank-Bereichsvorstand Werner Braun
Umstrukturierung, Zukunftssorgen, Weiterbildungsdruck: Die Unsicherheiten vieler Beschäftigter in der Bankenwelt ähneln denen in anderen Branchen. Wir sprachen mit dem ehemaligen Commerzbank-Bereichsvorstand Werner Braun über notwendige Schlüsselqualifizierungen, die heranwachsenden Generationen und die wichtige Rolle von Betriebsräten bei anstehenden Veränderungen.
Werner Braun: Große Veränderungen verursachen natürlich Stress, aber Veränderungen werden immer mehr zur Normalität. Weiter wird die Geschwindigkeit, mit der große gesellschaftliche Veränderungen kommen, exponentiell steigen. Betriebsräte spielen hier eine zentrale Rolle: Sie sind nicht nur Interessenvertreter, sondern auch Partner bei der Gestaltung des Wandels. Ihre Aufgabe wird es noch mehr sein, die Mitarbeiter zu unterstützen und sie durch Fort- und Weiterbildungsangebote auf die Zukunft vorzubereiten. Dabei geht es insbesondere darum, digitale Kompetenzen und das Verständnis für Technologien wie KI zu fördern.
Werner Braun: Neue Technologien und z.B. auch KI werden schnell als Bedrohung empfunden. Und tatsächlich bringt die Digitalisierung auch für das Bankgeschäft eine große Transformation mit sich. KI und digitale Innovationen sind Katalysatoren für Effizienz und Kundennähe. Sie ermöglichen es uns, Dienstleistungen zu optimieren und neue Wege zu beschreiten. Beispiel Kreditvergabe: Hier werden mögliche Risiken der Vergabe durch KI, die andere Muster erkennt, noch treffsicherer analysiert werden können. Das bedeutet auf der anderen Seite natürlich auch weniger Kreditausfälle. Ein anderes Beispiel sind Avatare, bei denen man im Videotelefonat kaum noch erkennt, dass es sich nicht um echte Menschen handelt. Doch im Kern unserer Arbeit steht der Mensch: Echte Kundenbeziehungen und Vertrauen können nur durch menschliche Interaktion geschaffen werden – auch in Zukunft. Hier liegt der wahre Wert der Mitarbeiter im Finanzwesen – sie sind die Brücke zwischen Technologie und Kunden.
Werner Braun: Der Schlüssel liegt in der Empathie und im tiefen Verständnis für die Bedürfnisse der Menschen – sowohl der Kunden als auch der Mitarbeiter. Fast alle unsere Entscheidungen treffen wir aus dem Bauch heraus – und dieses Bauchgefühl transportiert der Mensch. Zum anderen gibt es zu jeder Bewegung immer eine Gegenbewegung. Nehmen Sie z.B. die Übertragung von Fußballspielen im Bezahlfernsehen – die Stadien bleiben trotzdem gut besucht.
Für das Bankwesen halte ich es, ebenso wie für andere Branchen, für besonders wichtig, die nachwachsenden Generationen zu verstehen, als Mitarbeiter und als Kunden. Betriebsräte und Führungskräfte müssen Hand in Hand arbeiten, um ein Umfeld zu schaffen, das den Menschen in den Mittelpunkt stellt. Die Förderung von Weiterbildung und die Anpassung an neue Arbeitsweisen sind essentiell, um jeden Einzelnen auf die Reise des Wandels mitzunehmen. Ohne Empathie gelingt das nicht. Es geht nicht immer nur um Zahlen – der Mensch steht im Mittelpunkt.
Werner Braun: Im Kern geht es um die Frage: Wie kann man die Kollegen bei Veränderungen begleiten; und wie kann man sie so begleiten, dass sie ihr Verhalten ändern? Das muss schnell gehen. Denn eines ist klar: Verharren und an Gewohntem festhalten zu wollen hat keine Chance mehr. Außerdem sollten alle – insbesondere auch Betriebsräte – gedanklich immer einen Schritt vorausschauen. Auch im Hinblick auf neue Technologien, denn hier kann man nicht lange abwarten und z.B. auf die Ausschusssitzung in einigen Wochen warten. Es braucht schnelle Entscheidungen, auch im Gremium.
Außerdem ist meiner Meinung nach wichtig, den Informationsfluss im Unternehmen sicherzustellen. Ich habe gelernt, wie entscheidend es ist, den Gesprächsfaden nie abbrechen zu lassen. Manchmal hilft es auch im Hintergrund weitere Gespräche zu führen. Es geht also künftig darum, den Mut zu haben, neue Wege zu gehen und dabei stets das Wohl der Mitarbeiter im Blick zu behalten. Und als letzter, aber sehr wichtiger Punkt: Betriebsräte sollten Weiterbildungsmaßnahmen fördern und fordern. Sie müssen quasi der Motor von Qualifizierung im Unternehmen sein. (cbo)
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