Unerwartete Post
Stellen Sie sich Folgendes vor: Sie bekommen einen Brief vom Notar, in dem steht, dass Sie von einem Ihnen unbekannten Großonkel 100 Millionen Euro erben. Dieser war im Jahr 1951 als gut ausgebildeter Handwerker in die USA ausgewandert und hat sich, mit enormem Fleiß und kluger Entscheidungen, ein großes Vermögen aufgebaut. Ihre stattliche Erbschaft ist allerdings an eine kleine Bedingung geknüpft: Sie müssen sich von diesem Geld zunächst ein „wirtschaftlich gesundes“ Unternehmen kaufen und dieses Unternehmen fünf Jahre selbst „wirtschaftlich erfolgreich“ führen. Erst dann dürfen Sie das Unternehmen verkaufen und mit dem Verkaufserlös machen, was Sie wollen – eine reizvolle Vorstellung.
Damit das auch funktioniert, sollten Sie sich zwei zentrale Fragen stellen:
- Anhand welcher Kenngrößen würden Sie ein „wirtschaftlich gesundes“ Unternehmen für den Kauf auswählen?
- Worauf würden Sie selbst bei der Unternehmensführung achten, damit sich das Unternehmen „wirtschaftlich erfolgreich“ weiterentwickelt?
Fragen, die Sie sich auch im Wirtschaftsausschuss stellen sollten
In allen Unternehmen mit in der Regel mehr als 100 ständig beschäftigten Arbeitnehmern ist ein Wirtschaftsausschuss vom Betriebsrat zu bilden. Der Ausschuss hat den gesetzlichen Auftrag, genau über diese Fragen regelmäßig mit der Unternehmensleitung zu beraten und dem Betriebsrat über die Ergebnisse zu berichten.
Das muss der Wirtschaftsausschuss klären
- Ist unser Unternehmen wirtschaftlich gesund und anhand welcher Kriterien bestimmen wir diese Gesundheit?
- Wie soll/kann das Unternehmen in eine wirtschaftlich erfolgreiche Zukunft geführt werden? Welche Ideen hat die Unternehmensleitung, welche Anregungen kann der Wirtschaftsausschuss aus der Perspektive der Belegschaft einbringen?
Die gefundenen Antworten und die gewonnen Erkenntnisse berühren ganz wesentlich die Interessen der Arbeitnehmer des Unternehmens und bestimmen damit auch die Schwerpunkte in der zukünftigen Betriebsratsarbeit. Diese Fragen sind immer relevant – nicht nur in Krisenzeiten!
So funktioniert strategische Betriebsratsarbeit
Strategisch kluge Betriebsratsarbeit ist stets verbunden mit einem kompetenten Wirtschaftsausschuss. Denn dieser hat das Recht, rechtzeitig und umfassend unter Vorlage aller erforderlichen Unterlagen, über wirtschaftliche Angelegenheiten informiert zu werden. Und er hat darüber hinaus das Recht, hierzu Fragen zu stellen und entsprechende Antworten zu erhalten.
Natürlich trifft die Unternehmensleitung alle finalen wirtschaftlichen Entscheidungen, schließlich ist sie verantwortlich für die Ergebnisse. Dennoch sollte der Wirtschaftsausschuss die Chance nutzen, mit Sachverstand und guten Argumenten gehört zu werden. Er kann versuchen, Einfluss zu nehmen, bevor Entscheidungen getroffen werden. Und er kann den Betriebsrat über genau diese Entscheidungen informieren, lange bevor die Konsequenzen in der alltäglichen Betriebsratsarbeit aufschlagen.
Ein aktiver Wirtschaftsausschuss als Voraussetzung
Das alles setzt voraus, den Wirtschaftsausschuss mit Leben zu füllen, diesen fachlich und organisatorisch gut aufzustellen, damit die Zusammenarbeit mit der Unternehmensleitung in einem kooperativen und vertrauensvollen Rahmen stattfindet. Das Gute: All das ist lern- und gestaltbar. Das ifb bietet hierzu viele spannende Angebote!
Stellen Sie sich abschließend nochmals vor, Sie dürften jetzt 100 Millionen Euro in ein Unternehmen investieren. Würden Sie das Unternehmen, in welchem Sie derzeit beschäftigt sind, kaufen wollen? Was spricht dafür? Und was dagegen?
Videotipp zum Thema: