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Wie viel Trinkgeld geben Sie so für gewöhnlich? Zwischen 5 bis 10 %? So hoch war der Prozentsatz im vorliegenden Fall gar nicht – allerdings spricht die Endsumme für sich: 1,3 Millionen Euro sind kein steuerfreies Trinkgeld, das musste das Finanzamt einem Prokuristen schonend beibringen. Er wollte es nicht glauben, daher hat’s jetzt das Finanzgericht Köln entschieden.
Finanzgericht Köln, Urteil vom 14.12.2022, 9 K 2814/20 (Parallelentscheidung: 9 K 2507/20)
Ein Prokurist der Y-GmbH streitet mit dem zuständigen Finanzamt darüber, ob eine Zahlung in Höhe von rund 1,3 Millionen Euro als ein steuerfreies Trinkgeld im Sinne des § 3 Nr. 51 Einkommensteuergesetz anzusehen ist oder ob es sich doch um Arbeitslohn handelt.
Die Zahlung hatte der Prokurist von einem Unternehmen erhalten, das an der Y-GmbH beteiligt war. Alleiniger Inhaber und Geschäftsführer dieses Unternehmens, der Z-Verwaltungs-GmbH, ist Herr Z. Herr Z war zumindest zeitweise auch Geschäftsführer der Y-GmbH.
Im Zusammenhang mit einer Veräußerung von Anteilen zahlte die Z-Verwaltungs-GmbH an den Prokuristen 100.000 €. In einem Schreiben, welches Herr Z unterschrieben hatte, hieß es unter anderem:
„Ich persönlich möchte mich an dieser „Zwischenstation“ unserer erfolgreichen gemeinsamen Reise auch aus Sicht des Gesellschafters mit dem beigefügten ‘Scheck‘ ganz herzlich bei Dir für die gemeinsame erfolgreiche Zeit bedanken.“
Zudem wurde in dem Schreiben „ohne Gewähr“ darauf hingewiesen, dass der Betrag überwiesen werde und es sich steuerrechtlich um eine Schenkung handele und das Finanzamt über die Schenkung zu informieren sei. Lohnsteuer oder Sozialversicherungsabgaben würden nicht anfallen.
In der Folgezeit veräußerte die Z-Verwaltungs-GmbH ihre restlichen 21,4 % der
Gesellschaftsanteile an der Y GmbH. Herr Z blieb nach der Veräußerung Geschäftsführer der Y GmbH. Die Z Verwaltungs-GmbH zahlte weitere rund 1,3 Millionen Euro an den Prokuristen. Die Zahlung wurde wiederum mit einem Schreiben angekündigt, womit sich Herr Z als Geschäftsführer der Z Verwaltungs-GmbH auch aus Sicht des (ehemaligen) Gesellschafters mit der Zahlung für die gemeinsame erfolgreiche Zeit bedanken wolle.
Der vorliegend streitigen Einkommensteuererklärung des Prokuristen war ein Begleitschreiben beigefügt, in dem er darauf hinwies, dass die Eintragung in Zeile 72 der Anlage N (rund 1,3 Millionen Euro) eine nach § 3 Nr. 51 Einkommensteuergesetz steuerfreie Zahlung, also ein Trinkgeld, betreffe. Die Beträge seien ihm im Zusammenhang mit Beteiligungsveräußerungen von einem Dritten freiwillig und ohne einen Rechtsanspruch zusätzlich zu dem von der GmbH als Arbeitgeberin gezahlten Arbeitslohn gewährt worden.
Das zuständige Finanzamt ließ sich darauf jedoch nicht ein, sondern behandelte die Zahlung als steuerpflichtigen Arbeitslohn. Freiwillige Sonderzahlungen seitens konzernverbundener Unternehmen könnten keine steuerfreien Trinkgelder sein, so das Finanzamt. Nach einer Gesetzesänderung gibt es zwar keine betragsmäßige Begrenzung des Trinkgelds mehr, gleichwohl sei die Höhe der Zahlungen nicht mehr als Trinkgeld zu verbuchen.
Der Trinkgeldbegriff werde durch den Trinkgeldempfänger geprägt. Trinkgelder würden traditionell insbesondere Kellnern, unselbstständigen Boten, Friseuren, Fußpflegern, Gepäckträgern und Taxifahrern gewährt. Es handele sich regelmäßig um Arbeitnehmer in eher niedriger entlohnten Berufen, die solche Zusatzleistungen regelmäßig nur als geringe Beträge erhielten. Geldgeschenke von hohem Wert (oder die eher einem Arbeitsentgelt entsprächen)seien dagegen kein Trinkgeld.
Dagegen wendete sich der Prokurist mit seiner Klage.
Das zuständige Finanzamt hat die an den Prokuristen im strittigen Steuerjahr geleistete Zahlung in Höhe von rund 1,3 Millionen Euro zutreffend als steuerpflichtige Einnahme aus nichtselbständiger Arbeit und nicht als steuerfreies Trinkgeld behandelt, so urteilte das Finanzgericht Köln.
Zuwendungen durch Dritte seien dann Arbeitslohn, wenn sie ein Entgelt für eine Leistung sind, die der Arbeitnehmer im Rahmen des Dienstverhältnisses für seinen Arbeitgeber erbringt, sich für den Arbeitnehmer als Ertrag seiner individuellen Arbeit für den Arbeitgeber darstellen und im Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis stehen. Das sei vorliegend der Fall.
Die streitgegenständliche Zahlung sei nach Aussage des überreichten Begleitschreibens gerade für die aus Sicht der Z-Verwaltungs-GmbH „erfolgreiche Tätigkeit als Prokurist der Y GmbH“ an diesen geleistet worden.
Die Zahlung sei jedenfalls kein steuerfreies Trinkgeld im Sinne des § 3 Nr. 51 EStG.
Das Finanzgericht schloss sich den Ausführungen des Finanzamtes an. Die Zahlung sei schon aufgrund ihrer Höhe, aber auch mit Blick auf die Gesamtumstände kein steuerfreies Trinkgeld. Auch wenn der Gesetzgeber im Jahr 2002 die damals noch enthaltene Freibetragsgrenze für Trinkgelder in Höhe von 1.224 Euro abgeschafft habe, habe er nicht beabsichtigt, dem Begriff des Trinkgelds keinerlei betragsmäßige Begrenzung mehr zuzuschreiben. Die Zahlung in Höhe von rund 1,3 Millionen Euro überstieg jedenfalls deutlich den Rahmen dessen, was nach dem allgemeinen Begriffsverständnis als Trinkgeld verstanden werden könne.
Das Finanzgericht Köln hat die Revision nicht zugelassen, damit ist die Entscheidung rechtskräftig.
Der Prokurist war nicht der einzige, den es hier “hart getroffen” hat. Ein weiterer Prokurist erhielt eine Zahlung in Höhe von 50.000 Euro. Auch er versuchte im Rahmen seiner Steuererklärung vergeblich, den Betrag als Trinkgeld zu deklarieren. Als ich die Pressemitteilung zu den beiden gleichlautenden Entscheidungen zum erstmal gelesen habe, habe ich mich unwillkürlich gefragt, warum der “arme Mann” nur 50.000 Euro als „Trinkgeld“ erhalten hat. Ob er wohl in diesen Kreisen als sogenannter „Minderleister“ oder auf neudeutsch „Low Performer“ gilt?
Die Entscheidung erging bereits am 14.12.2022, wurde aber erst jetzt veröffentlicht. (sf)