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News Betriebsrat Von Lowperformern, Improvern und Achievern – Wenn der Chef Noten vergibt!

Von Lowperformern, Improvern und Achievern – Wenn der Chef Noten vergibt!

Warum der Betriebsrat beim Thema Leistungsbeurteilung mitreden muss

SAP macht’s vor – und teilt seine Mitarbeitern kurzerhand in drei Leistungskategorien ein: Die „Außergewöhnlichen“, die „Zufriedenstellenden“ und diejenigen, die sich „bitte noch ein bisschen anstrengen“ sollen. Kurz gesagt: Leistungsbeurteilung per Etikett. Klingt in den Ohren der Arbeitgeber gut, hat aber einen Haken – oder vielleicht mehrere. Ist das überhaupt erlaubt? Wie fühlen sich Beschäftigte dabei? Und vor allem: Hat der Betriebsrat hier ein Wörtchen mitzureden?

Stand:  3.6.2025
Lesezeit:  02:30 min
Leistungsbeurteilung Betriebsrat | © AdobeStock|vegefox.com

Stellen Sie sich vor, Sie stehen mit Ihrem Team an der Startlinie eines Staffellaufs. Jeder läuft so gut er kann – mal mit mehr, mal mit weniger Schwung, je nach Tagesform. Entscheidend ist am Ende das Teamergebnis. Und trotzdem wird einer die schnellste Zeit haben – und einer eben die langsamste. Aber was heißt schon „langsam“? Im Vergleich zu wem? Und wird aus dem „gemütlichen“ Schlussläufer nun der „Lowperformer“?

Lowperformer klingt abwertend – ist aber tatsächlich ein Begriff, der im Personalmanagement gern genutzt wird.

Was genau ist ein Lowperformer?

Lowperformer klingt abwertend – ist aber tatsächlich ein Begriff, der im Personalmanagement gern genutzt wird. Gemeint ist damit ein Mitarbeiter, dessen Arbeitsleistung über längere Zeit deutlich hinter den Erwartungen zurückbleibt. Häufige Fehler, fehlende Motivation, schwache Umsetzung oder mangelnde Teamfähigkeit – all das kann zu diesem Stempel führen.
Aber Moment mal: Welche Erwartungen eigentlich? Und wie lassen sich solche Kriterien überhaupt objektiv messen?

Der Vorgesetzte schaut sich den Besten im Team an – den sogenannten Achiever.

Ein Vergleich ist nicht so einfach …

In der Praxis läuft’s oft so: Der Vorgesetzte schaut sich den Besten im Team an – den sogenannten Achiever. Das sind die Kollegen, die ihre Aufgaben zuverlässig, erfolgreich und mit einer Extraportion Engagement erledigen. Die „Leistungsstarken“, die scheinbar alles im Griff haben.
Es wird verglichen, aber  hier stellt sich die kritische Frage: Wie wird definiert, was gute Leistung  bedeutet? Gibt es nachvollziehbare Standards? Und: Hatten wirklich alle im Team die gleichen Voraussetzungen – was Schulungen, Erfahrung, Projektvergabe oder Aufgabenzuschnitt angeht?

Und dann gibt’s da noch die Improver.

Die Improver – die gute Mitte schwimmt mit

Und dann gibt’s da noch die Improver. Diese Mitarbeiter fallen nicht groß auf, erledigen ihre Aufgaben einigermaßen ordentlich und schwimmen irgendwo in der Mitte mit. Sie erreichen (noch) nicht ganz die höchsten Erwartungen, zeigen aber Potenzial. Mit etwas Unterstützung – zum Beispiel durch gezielte Weiterbildung – könnten sie richtig durchstarten. Jedenfalls in den Augen der Vorgesetzen!
Aber warum sind sie eigentlich nur Improver? Vielleicht sind sie einfach zurückhaltender und glänzen nicht so laut wie andere. Oder sie werden seltener in spannende Projekte eingebunden und haben gar nicht die Chance, ihre Stärken zu zeigen.

Was müssen Beschäftigte arbeitsrechtlich leisten?

Laut Bundesarbeitsgericht (BAG, Urteil vom 17.01.2008, 2 AZR 536/06) gilt: Wer seine Aufgaben nach bestem Können erledigt, erfüllt seine Vertragspflicht – auch wenn’s mal mehr Fehler sind als beim Kollegen. Die Faustregel: Tun, was man soll – so gut man kann. 

Richtig gemacht, kann eine Leistungsbeurteilung ein echter Motivationsbooster sein.

Leistungsbeurteilung – Motivation oder Miesmacher?

Richtig gemacht, kann eine Leistungsbeurteilung ein echter Motivationsbooster sein. Wer spürt, dass seine Arbeit gesehen und geschätzt wird, legt sich gern ins Zeug. Ein Lob zur rechten Zeit wirkt manchmal besser als der dritte Kaffee am Montagmorgen.
Aber wehe, die Bewertung wirkt willkürlich, ungerecht und ist nicht nachvollziehbar – dann kippt die Stimmung schnell und das Gegenteil wird erreicht. Demotivation oder gar innere Kündigung! Die Leistung fällt weiter ab und plötzlich ist nicht mehr von „Entwicklung“ die Rede, sondern vom berüchtigten Performance Improvement Plan (PIP oder Leistungsverbesserungsplan) – dem freundlich verpackten Karriereknick in drei Akten. Klingt harmlos, ist aber oft eher Druckmittel als Entwicklungschance.
Deshalb gilt: Nicht vorschnell unterschreiben – erst prüfen! Leistungsbeurteilungen und deren Folgen sind also nicht so einfach, wie es scheint. Es braucht viel Vertrauen untereinander – Arbeitnehmer zu Vorgesetzten und zur Unternehmensführung. Genau deshalb sind auch Sie als Betriebsrat gefragt – für mehr Transparenz, Gerechtigkeit und Chancengleichheit.

Eine gute Leistungsbeurteilung ist kein Bauchgefühl, sondern braucht klare Regeln.

Was braucht eine faire Leistungsbeurteilung?

Eine gute Leistungsbeurteilung ist kein Bauchgefühl, sondern braucht klare Regeln. Wichtig sind:

  1. Transparente Kriterien: Keine schwammigen Formulierungen wie „engagiert“ oder „nett“, sondern messbare Aussagen wie: „hält Termine ein“ oder „arbeitet konstruktiv im Team mit“.
  2. Vergleichbarkeit: Nicht Äpfel mit Birnen vergleichen! Wer unterschiedliche Aufgaben oder Voraussetzungen hat, braucht auch individuelle Maßstäbe.
  3. Regelmäßiges Feedback: Beurteilungen dürfen nicht aus dem Nichts kommen. Wer erst beim Jahresgespräch erfährt, dass etwas nicht passt, kann auch nichts verbessern. Besser kürzere Abstände beim Feedbackgespräch und dafür regelmäßig.
  4. Förderung statt Mängelliste: Ziel sollte sein, Entwicklungsmöglichkeiten aufzuzeigen – nicht nur Defizite zu dokumentieren. Und auch den Raum für neue Aufgaben zu lassen!
  5. Keine Angstkultur: Bewertungen sollen motivieren, nicht einschüchtern. Eine Beurteilung darf kein Schleudersitz sein und sollte auch nicht in einer Personalakte landen. Sie dient zu Optimierung und als Hilfestellung!

Der Betriebsrat hat bei Leistungsbeurteilungen mehr Mitspracherecht, als viele denken

Was können Sie als Betriebsrat tun?

Der Betriebsrat hat bei Leistungsbeurteilungen mehr Mitspracherecht, als viele denken:

  • Mitbestimmung bei Beurteilungsgrundsätzen (§ 94 Abs. 2 BetrVG): Welche Kriterien gelten? Wie wird beurteilt? Nach welchem Verfahren?
  • Mitbestimmung bei Personalfragebögen (§ 94 Abs. 1 BetrVG): Werden Fragebögen eingeführt, muss der Betriebsrat zustimmen – egal ob digital oder auf Papier.
  • Auch gelebte Praxis ohne schriftliche Regelung kann unter Umständen mitbestimmungspflichtig sein.
  • Überprüfen hilft! Ist in den bestehenden Betriebsvereinbarungen etwas dazu geregelt?

Auch der SAP-Betriebsrat in unserem Beispiel war zunächst skeptisch, als das neue Bewertungssystem eingeführt werden sollte. Nach einigen Anpassungen stimmte er zwar zu – doch die Mitarbeitervertretung äußerte Bedenken: Gerade bei der Verhaltensbewertung könnte es an Objektivität mangeln. Persönliche Sympathien oder Antipathien lassen sich schließlich schwer in Punkteskalen pressen. Immerhin ist bei Uneinigkeit ein Klärungsprozess vorgesehen – auf Wunsch sogar mit einem unabhängigen Dritten am Tisch. Ein gutes Beispiel dafür, wie wichtig Mitbestimmung und faire Verfahren sind, wenn Mitarbeiter bewertet werden.

Fazit:
Leistungsbeurteilungen sind kein Hexenwerk – aber sie brauchen klare Regeln, Transparenz und Mitbestimmung. Der Betriebsrat sollte genau hinschauen, wenn Labels wie „Lowperformer“ vergeben werden. Denn hinter jeder Bewertung steht ein Mensch – und der hat mehr verdient als eine Note oder einen Stempel.

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