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Eine betriebsbedingte Änderungskündigung ist sozial gerechtfertigt, wenn das Beschäftigungsbedürfnis für den Arbeitnehmer zu den bisherigen Vertragsbedingungen entfallen ist und Änderungen vorgeschlagen werden, die billigerweise hinzunehmen sind. Dies gilt auch für Arbeitnehmer in Elternzeit, obwohl diese grundsätzlich einen besonderen Kündigungsschutz genießen. So entschied das LAG Berlin-Brandenburg.
LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 5.7.2022, 16 Sa 1750/21
Die Arbeitnehmerin, die zunächst als Verkäuferin/Kassenkraft und dann als Category Manager beschäftigt war, streitet mit ihrer Arbeitgeberin über die Wirksamkeit einer Änderungskündigung.
Etwa einen Monat nach Antritt ihrer neuen Beschäftigung als Category Manager informierte die Arbeitnehmerin der Geschäftsführerin über das Bestehen einer Schwangerschaft. Im Anschluss an die Zeit des Mutterschutzes nahm sie Elternzeit in Anspruch und arbeitete in Teilzeit – als Verkäuferin/Kassenkraft – weiter.
Nachdem die zuständige Behörde auf Antrag der Arbeitgeberin die Zulässigkeit einer beabsichtigten Änderungskündigung während der Elternzeit erklärt hatte, kündigte die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis und bot der Arbeitnehmerin an, wieder als Verkäuferin/Kassenkraft zu arbeiten.
Die Arbeitnehmerin lehnte das Angebot ab und wendete sich mit ihrer Klage gegen eine Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses. Sie machte unter anderem geltend, dass die Änderungskündigung im Zusammenhang mit der Schwangerschaft stehe und gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoße. Ein Ausspruch der Änderungskündigung während der Elternzeit sei unzulässig.
Die Arbeitgeberin berief sich unter anderem darauf, dass aufgrund einer unternehmerischen Entscheidung die Position Category Manager für Bekleidung, die nur sehr kurze Zeit bestanden hätte, wieder weggefallen sei. Die Geschäftsführerin, die die Tätigkeit vor Schaffung der Position Category Manager für Bekleidung über 12 Jahre ausgeübt habe, hätte diese Aufgabe im Rahmen ihrer Geschäftsführertätigkeit wieder mit übernommen.
Das Arbeitsverhältnis der Arbeitnehmerin wurde durch die Kündigung beendet, so das Gericht. Die Änderungskündigung sei nicht sozial ungerechtfertigt und auch nicht aus sonstigen Gründen unwirksam.
Die Arbeitnehmerin hätte das mit der Kündigung verbundene Angebot nicht unter dem Vorbehalt angenommen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht sozial gerechtfertigt ist. Aus diesem Grund stünde auch nicht der Inhalt des Änderungsangebots, sondern nur der Bestand des Arbeitsverhältnisses zur Entscheidung an.
Aus Sicht des Gerichts verstoße die Änderungskündigung nicht gegen die Vorschriften des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (§ 18 BEEG). Gemäß § 18 Abs. 1 Satz 3 BEEG dürfe der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis während der Elternzeit nicht kündigen. In besonderen Fällen könne allerdings ausnahmsweise eine Kündigung für zulässig erklärt werden, § 18 Abs. 1 Satz 4 BEEG. Dies hätte die zuständige Behörde im vorliegenden Fall getan.
Soweit die Arbeitnehmerin rüge, dass das Arbeitsgericht keine Feststellungen dazu getroffen habe, ob ein besonderer Fall im Sinne des § 18 Abs. 1 Satz 4 BEEG vorliege, stellte das Gericht fest, dass Bedenken gegen eine Zulässigkeitserklärung nur im Widerspruchsverfahren bzw. im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltend gemacht werden könnten.
Die betriebsbedingte Änderungskündigung sei darüber hinaus auch sozial gerechtfertigt. Die Arbeitgeberin hätte schlüssig dargelegt, vor Ausspruch der streitgegenständlichen Änderungskündigung eine unternehmerische Entscheidung getroffen zu haben, deren Umsetzung zum Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit der Arbeitnehmerin als Category Manager für Bekleidung geführt hätte. Die unternehmerische Entscheidung sei auch tatsächlich umgesetzt worden.
Die Organisationsmaßnahme sei auch nicht deshalb unsachlich oder willkürlich, weil sie während des Mutterschutzes der Klägerin getroffen worden und die Tätigkeit der Arbeitnehmerin bereits während der Elternzeit entfallen sei. Eine Kündigung sei eben auch während des Mutterschutzes und der Elternzeit möglich.
Die Arbeitnehmerin hätte die Tätigkeit im Zeitpunkt der unternehmerischen Entscheidung erst wenige Monate ausgeübt und sich erst noch in der Einarbeitung befunden. Diese Aufgabe demjenigen zu übertragen, der diese Tätigkeit bereits zuvor 12 Jahre ausgeübt hätte, erweise sich weder als unsachlich noch als unvernünftig oder willkürlich.
Die Änderungskündigung sei nicht unverhältnismäßig im engeren Sinne und das Änderungsangebot sei auch zumutbar. Die Arbeitgeberin hätte sich darauf beschränkt, solche Änderungen vorzuschlagen, die die Arbeitnehmerin billigerweise hinnehmen müsse. Die Arbeitgeberin hatte der Arbeitnehmerin die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit der zumutbaren Tätigkeit als Verkäuferin/Kassenkraft angeboten.
Grundsätzlich darf der Arbeitgeber ein Arbeitsverhältnis ab dem Zeitpunkt, von dem an Elternzeit verlangt worden ist (höchstens jedoch acht Wochen vor Beginn der Elternzeit) bis zum Ende der Elternzeit nicht kündigen (§ 18 Absatz 1 Satz 1 bis 3 BEEG). Nur in besonderen Fällen kann ausnahmsweise eine Kündigung für zulässig erklärt werden. Nach den allgemeinen Verwaltungsvorschriften zu § 18 Absatz 1 Satz 6 BEEG liegt ein besonderer Grund beispielsweise bei der Stilllegung der Betriebsabteilung ohne Weiterbeschäftigungsmöglichkeit oder bei der Ablehnung einer zumutbaren Weiterbeschäftigung vor. Die Behörde muss prüfen, ob die Beschäftigungsmöglichkeit endgültig entfällt.
Wie die Entscheidung des Landesarbeitsgericht Berlin - Brandenburg zeigt, kann eine betriebsbedingte Kündigung also ein besonderer Fall sein, der zu einer wirksamen Kündigung während der Elternzeit führt. Weshalb die Arbeitnehmerin vorliegend darauf verzichtet hat, das Änderungsangebot zumindest unter dem Vorbehalt anzunehmen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht sozial gerechtfertigt ist, ist nicht bekannt. Dieser Weg nach § 2 KSchG hätte ihr zumindest die Möglichkeit einer Weiterbeschäftigung eröffnet, während sie sich um eine neue Arbeitsstelle bemüht. (sf)