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Tränen bei den Beschäftigten

3.200 Jobs gefährdet: Ford-Betriebsrat muss schlechte Nachrichten überbringen

Der Autobauer Ford kommt einfach nicht zur Ruhe. Für das Jahr 2025 wurde bereits ein Ende der Produktion im Werk in Saarlouis angekündigt, was die Jobs der rund 4.600 Beschäftigten dort massiv gefährdet. Nun will Ford auch am Kölner Standort Stellen abbauen. Laut IG Metall könnten bis zu 3.200 Arbeitnehmer betroffen sein. Besonders bitter: Die Horrornachrichten musste der Betriebsrat an die Belegschaft überbringen – die Geschäftsleitung hält sich derweil bedeckt.

Stand:  7.2.2023
Lesezeit:  03:30 min
3.200 Jobs gefährdet: Ford-Betriebsrat muss schlechte Nachrichten überbringen  | © Leonidas - stock.adobe.com

„Das gab es zuletzt am Anfang des Jahrtausends“, heißt es in einer Pressemitteilung des Ford-Betriebsrats in Köln. Die Rede ist von außerordentlichen Betriebsversammlungen. Nicht mal die Versammlungshalle mit einer Kapazität von etwa 5.000 Menschen reichte aus – es wurden ohnehin schon zwei Veranstaltungen eingeplant. Am Ende mussten etwa 2.000 Beschäftigte draußen warten, so dass noch eine dritte Versammlung am gleichen Tag eingeschoben wurde. Zur spontanen Betriebsversammlung eingeladen hatte der Betriebsrat, damit die Geschäftsleitung die Belegschaft über die Pläne für Ford Europa und insbesondere für Ford in Deutschland informiert. Allerdings: Die Geschäftsleitung habe auf den Versammlungen keine Zahlen und Details genannt, was nach IG-Metall-Angaben mit einem lauten Pfeifkonzert quittiert wurde. Viele Ford-Mitarbeiter sollen Tränen in den Augen gehabt haben – aus Angst um ihre Zukunft.

Besonders Stellen in der Produktentwicklung gefährdet

Zuvor waren über Wirtschaftsausschusssitzungen von Geschäftsleitung und Gesamtbetriebsrat Pläne offengelegt worden, über die schon seit Monaten spekuliert wird. Ford treibe derzeit den Ausbau der Elektromobilität in Europa voran. Ab 2030 wolle das Unternehmen in der EU nur noch Elektroautos verkaufen. Zwar wurde der Kölner Standort erst kürzlich mit Milliardeninvestitionen für die Fertigung neuer Elektromodelle umgebaut, aber: Die Produktion des Kultautos Fiesta wird im Sommer 2023 enden. Im Sommer 2025 soll dann auch der Ford Focus im Werk in Saarlouis ein letztes Mal vom Band laufen. Grund hierfür ist eine Änderung des Markenimages vom verlässlichen und preisgünstigen Automobil hin zu überwiegend hochpreisigen Importfahrzeugen wie dem Mustang. Die komplette Umstellung auf Elektrofahrzeuge bringt erhebliche Veränderung mit sich. So arbeiten im Kölner Entwicklungszentrum derzeit rund 3.800 Mitarbeiter, die die Modelle der Klein- und Mittelklasseautos konzipiert haben. Die neuen elektrischen Modelle sollen jedoch künftig zentralisiert in den USA entwickelt werden. Falls das Management das Vorhaben durchsetzt, könnten in der Produktentwicklung im schlimmsten Fall 2.500 Stellen wegfallen, in der Verwaltung weitere 700.

Pkw-Segment von Ford in Europa insgesamt bedroht

Werden die zentralen Entwicklungstätigkeiten in die USA verlagert, sieht der Betriebsratsvorsitzende der Ford-Werke das Pkw-Segment von Ford in Europa insgesamt bedroht. „Der Anfang vom Ende“, warnt der Betriebsrat, sollte in Zukunft nicht mehr in Europa entwickelt werden.

Wir fordern eine echte Zukunft für alle Kolleginnen und Kollegen bei Ford in Deutschland, dafür werden wir kämpfen.

Benjamin Gruschka, Gesamtbetriebsratsvorsitzender Ford-Werke

Konkret fordert der Betriebsrat die Offenlegung der Detailpläne und Verhandlungen über mögliche Szenarien, um dauerhaft einen relevanten Anteil am europäischen Pkw-Markt zu sichern und auszubauen. Darüber hinaus solle die Kölner Produktentwicklung in die globale Entwicklungswelt eingebunden und eine zukunftssichere Verwaltungsstruktur vor Ort geschaffen werden. Außerdem wird gefordert, betriebsbedingte Kündigungen bis zum 31.12.2032 auszuschließen. Trotz der schlechten Aussichten und des „Nicht-konkret-Äußerns“ seitens der Geschäftsleitung ist der Betriebsrat weiter gesprächsbereit und will konstruktiv an der Zukunft für alle arbeiten, wie Benjamin Gruschka versichert: „Wir fordern eine echte Zukunft für alle Kolleginnen und Kollegen bei Ford in Deutschland, dafür werden wir kämpfen.“

Ford-Management hat sich vor der Belegschaft noch nicht geoutet

Das Vorgehen des Ford-Managements kritisiert auch Dr. Helmut Becker, ehemals Mitglied des Sachverständigenrates („Fünf Weise“) und 24 Jahre Chefvolkswirt der BMW AG: „All die Argumente mögen richtig sein – auch wenn das Ford-Management sich dazu vor der Belegschaft nicht geoutet hat. Sondern sich stattdessen lieber auf die bewährte Salami-Taktik der Tröpfchen-Infusion schlechter Nachrichten bei den Betroffenen verlässt, die auch schon bei dem Aus für das Ford-Werk Saarlouis mit 5.000 Beschäftigten im letzten Jahr gut funktioniert hat.“ Ford hat bereits einige Umstrukturierungen hinter sich, vor drei Jahren hatte das Unternehmen noch knapp 18.000 Beschäftigte in Köln, Anfang dieses Jahres waren es etwa 14.000.

Die Wahrheit ist, dass das eingeleitete Verbrenner-Aus und die totale Umstellung der Ford-Produktpalette auf Elektromobilität die ersten Opfer fordern.

Dr. Helmut Becker, Leiter Institut für Wirtschaftsanalyse und Kommunikation

Weiteres Öl ins Feuer goss indes Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker mit einem Tweet. „Das Ziel muss lauten, möglichst viele Stellen in Köln zu erhalten.“ Sie schrieb dann aber weiter: „Sollte es zu einem Stellenabbau kommen, erwarte ich von Ford, dass er sozialverträglich abläuft.“ Der Betriebsrat bezeichnet insbesondere den letzten Satz als „stillos“ und interpretiere ihn so, als wäre die Abwicklung der Belegschaft schon Tatsache. Der Autobauer will nach Angaben der IG Metall erst Mitte Februar konkrete Pläne zu seinem Stellenabbau präsentieren. Allzu positiv dürften diese nicht ausfallen, wie auch Experte Dr. Helmut Becker prognostiziert: „Die Wahrheit ist, dass das eingeleitete Verbrenner-Aus und die totale Umstellung der Ford-Produktpalette auf Elektromobilität die ersten Opfer fordern.“ (tis)

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