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Arbeitszeitbetrug von zehn Minuten: Fristlose Kündigung?

Auch ein einmaliger Fall von Arbeitszeitbetrug kann zur fristlosen Kündigung führen – selbst wenn es sich dabei nur um zehn Minuten handelt. Erschwerend kommt in diesem Fall hinzu, dass die Arbeitnehmerin ihre Tat geleugnet und verschleiert hat. Eine vorherige Abmahnung war deshalb nicht erforderlich.

Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 27. Januar 2023, 13 Sa 1007/22

Stand:  16.5.2023
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Das ist passiert

Die Arbeitnehmerin, die mit einem GdB von 100 % schwerbehindert ist, ist bei ihrem Arbeitgeber als Raumpflegerin beschäftigt. Beim Arbeitgeber werden die Arbeitszeiten der Beschäftigten über ein elektronisches Arbeitszeiterfassungssystem festgehalten. Die Beschäftigten müssen sich bei Arbeitsbeginn einstempeln und bei Pausen oder bei Arbeitsende ausstempeln.  

Die Arbeitnehmerin wurde dabei beobachtet, wie sie das gegenüberliegende Café für eine mindestens zehnminütige Kaffeepause besuchte, ohne sich auszustempeln. Als die Arbeitnehmerin von ihrem Arbeitgeber mit dem Vorwurf konfrontiert wurde, leugnete sie den Vorwurf beharrlich. Erst als der Arbeitgeber ankündigte, ihr Beweisfotos auf seinem Mobiltelefon zu zeigen, gab die Arbeitnehmerin zu, sich für den Cafébesuch nicht ausgestempelt zu haben.

Nachdem der Arbeitgeber die Zustimmung des Inklusionsamts eingeholt hatte, kündigte er der Arbeitnehmerin fristlos. Daraufhin erhob die Arbeitnehmerin Kündigungsschutzklage. Sie hält die Kündigung für unverhältnismäßig. Es habe sich um ein eimaliges und nicht schwerwiegendes Vergehen gehandelt.

Das entschied das Gericht

Die Arbeitnehmerin war weder vor dem Arbeitsgericht noch vor dem Landesarbeitsgericht mit ihrer Kündigungsschutzklage erfolgreich. Der vorsätzliche Missbrauch einer Stempeluhr kann einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB darstellen. Ein Arbeitnehmer verletze damit in erheblicher Weise seine Pflicht zur Rücksichtnahme. Der Vertrauensmissbrauch wiege schwer. Der Arbeitgeber müsse auf eine korrekte Dokumentation der Arbeitszeit seiner Arbeitnehmer vertrauen können.

In diesem Fall war auch eine vorherige Abmahnung als milderes Mittel nicht erforderlich, so das Gericht. Dies liege insbesondere am sogenannten Nachtatverhalten der Arbeitnehmerin. Ihr gesamtes Verhalten basierte auf Heimlichkeit und Verschleierung. Sie habe ihr Vergehen zunächst mehrfach abgestritten und erst dann eingestanden, als sie keine Möglichkeit mehr sah, ihre Tat weiter zu vertuschen. Dieses vorsätzliche und nachhaltig unehrliche Verhalten sei bei der Schwere der Pflichtverletzung zu berücksichtigen. Die Vertrauensgrundlage sei völlig zerstört und auch nicht durch eine Abmahnung wieder herstellbar. Der Arbeitgeber konnte nicht mehr darauf vertrauen, dass die Arbeitnehmerin nicht auch in Zukunft unredliches Verhalten an den Tag lege, um sich persönliche Vorteile zu erschleichen.

Bedeutung für die Praxis

Steht der Vorwurf von Arbeitszeitbetrug im Raum, dann ist das keine Kleinigkeit. Dies gilt grundsätzlich auch, wenn es sich nur um wenige Minuten handelt. Ähnlich wie beim Vorwurf von Diebstahl im Arbeitsverhältnis geht es in solchen Fällen um einen schweren Vertrauensbruch. Auch bei wenigen Minuten oder geringen Beträgen können Arbeitsgerichte zu dem Schluss kommen, dass die für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauensgrundlage unwiederbringlich zerstört ist. Es kommt jedoch – wie so oft – auf den Einzelfall an! Denn es gibt ähnliche Fälle, in den Arbeitsgerichte eine Abmahnung für erforderlich halten und die Kündigung für unwirksam erklären. (jf)

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