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Krankmeldung nach Kündigung: Wann ist die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung angreifbar?

Krankschreibung unmittelbar vor der Kündigung – kann das den Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschüttern? Nicht automatisch, entschied das Landesarbeitsgericht Niedersachsen. Es kommt auch auf die zeitliche Abfolge an.

LAG Niedersachsen, Entscheidung vom 08.03.2023, 8 Sa 859/22

Stand:  30.5.2023
Lesezeit:  02:00 min
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Das ist passiert

Die Parteien streiten im beendeten Arbeitsverhältnis über Ansprüche auf Entgeltfortzahlung. Der Kläger war bei einer Zeitarbeitsfirma als Helfer beschäftigt, aber seit dem 21.04.2022 nicht mehr eingesetzt worden. Mit Datum vom 02.05.2022 legte er eine erste Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) mit zwei anschließenden Folgebescheinigungen bis zum 31.05.2022 vor.
Parallel dazu kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 02.05.2022 ordentlich zum 31.05.2022. Zugegangen war dem Arbeitnehmer und späteren Kläger die Kündigung am 03.05.2022, also genau einen Tag nach seiner ersten Krankmeldung.
Der beklagte Arbeitgeber hatte Zweifel an der Echtheit der Erkrankung und verweigerte die Lohnfortzahlung.

Das entschied das Gericht

Dem Kläger steht ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall zu. Zwar hatte sich der Arbeitnehmer am Tage der Ausstellung des Kündigungsschreibens krankgemeldet, diese Kündigung ging ihm aber erst einen Tag später zu. Der Beweiswert seiner Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung sei nicht erschüttert: Entscheidend war laut dem LAG, dass der Kläger offenbar nicht erst durch den Erhalt einer arbeitgeberseitigen Kündigung dazu motiviert worden war, einen Arzt aufzusuchen, um die Ausstellung einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu erreichen. Allein die Tatsache, dass ein Arbeitnehmer vor dem Ende eines gekündigten Arbeitsverhältnisses und bis exakt zu dessen letztem Tag erkrankt, und sei es auch für mehrere Wochen, erschüttere den Beweiswert der AU nicht.

Bedeutung für die Praxis

Einer ordnungsgemäß ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung kommt ein hoher Beweiswert zu. Aber: Arbeitgeber können den Beweiswert einer AUdadurch erschüttern, dass sie tatsächliche Umstände darlegen (und im Bestreitensfall beweisen!), die Zweifel an der Erkrankung des Arbeitnehmers ergeben. Interessant ist hier insbesondere laut Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 08.09.2021, 5 AZR 149/21) die „zeitliche Koinzidenz“: Wenn ein Arbeitnehmer, der sein Arbeitsverhältnis kündigt, am Tag der Kündigung arbeitsunfähig krankgeschrieben wird, kann dies den Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung insbesondere dann erschüttern, wenn die bescheinigte Arbeitsunfähigkeit passgenau die Dauer der Kündigungsfrist umfasst. 
Der vorliegende Fall lag allerdings etwas anders, denn die Krankschreibung war der Kündigung zeitlich vorausgegangen. Der Arbeitnehmer könne also nicht durch die Kündigung zur Krankmeldung motiviert worden sein. Zudem habe es insgesamt drei Bescheinigungen über die auch dargelegten Erkrankungen gegeben und nicht eine einzige, die exakt bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses datierte.

Das LAG hat die Revision wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache zugelassen. (cbo)
 

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