Dass der Autobauer Ford seit einigen Jahren massive Probleme hat, ist kein Geheimnis. Bereits 2019 gab es europaweit einen immensen Stellenabbau – insgesamt wurden rund 12.000 Arbeitsplätze gestrichen, 5.400 allein in Deutschland. Eine weitere Umstrukturierung wurde im Februar 2023 verkündet, wieder wurden Jobs in ganz Europa abgebaut. Bis Ende 2025 sollen 2.300 Stellen in Köln wegfallen, allen voran in Produktion und Verwaltung. Obwohl dieser Prozess noch gar nicht abgeschlossen ist, soll nun die nächste Zäsur folgen, wie der Betriebsrat auf einer Betriebsversammlung mitgeteilt hat. Zur Erinnerung: Dank der intensiven Verhandlungen seitens der Arbeitnehmervertreter sind betriebsbedingte Kündigungen bis zum 31. Dezember 2032 eigentlich ausgeschlossen.
Genaue Anzahl der betroffenen Arbeitsplätze soll bald folgen
Wie viele Arbeitsplätze es in Deutschland treffen wird, ist völlig unklar – die genaue Anzahl wollen die Ford-Verantwortlichen in den kommenden Wochen bekannt geben. Es sind sich aber alle einig: Auch diesmal könnte es die noch 13.000 (von einst 20.000) Mitarbeiter am Kölner Standort nachhaltig treffen. Dabei sah vor einigen Wochen die Ford-Welt in Deutschland noch weitaus rosiger aus: Die Produktion des elektrischen Ford Explorer wurde aufgenommen, der erste in Europa hergestellte vollelektrische Ford. Ein Lichtblick am Horizont, nachdem der US-Konzern angekündigt hatte, in Europa in Zukunft nur noch auf Elektroautos zu setzen. Dies hatte unter anderem die komplette Einstellung der Produktion des Kultmodells „Fiesta“ zur Folge.
Deutliche Kritik von Ford-Betriebsratsvorsitzenden
Laut übereinstimmenden Medienberichten hat der Betriebsrat mit einem Flugblatt unter der Überschrift „Heute feiern – morgen feuern“ reagiert. Wie der Kölner Stadt-Anzeiger berichtet, kritisiert Betriebsratsvorsitzender Benjamin Gruschka die Sparpläne deutlich: „Das ist eine Kampfansage an die deutsche Belegschaft.“ Und weiter: „Anstatt sich auf den wichtigsten Job, nämlich das erste und bald auch zweite E-Auto aus Köln zu konzentrieren, und alle Kräfte endlich darauf zu fokussieren, wird die Belegschaf erneut demotiviert. Das ist ein Nebenkriegsschauplatz und nicht nachvollziehbar!“
Das ist eine Kampfansage an die deutsche Belegschaft.
Benjamin Gruschka, Betriebsratsvorsitzender von Ford im Kölner Stadt-Anzeiger
Konkret sehen die avisierten Maßnahmen wohl Folgendes vor: Die Führungsstruktur soll verschlankt werden, Jobs in Verwaltung, Marketing, Vertrieb und Services sollen wegfallen. Auch die Produktentwicklung (mit Sitz im Entwicklungszentrum Köln-Merkenich) werde erneut überprüft. Dabei betraf bzw. betrifft das Sparprogramm von 2023 hauptsächlich jene Sparte. Ebenso werde die Produktion betroffen sein – Abläufe müssten effizienter werden. Und außerdem soll man sich bei Ford Europa zukünftig nur noch auf das Kerngeschäft konzentrieren, alle anderen Bereiche ausgelagert werden.
Kapitän geht von Bord
Es sind also die üblichen Mechanismen und Stellschrauben, die im „Programm“ genannt werden. So oder so wird es am Ende um Arbeitsplätze gehen. Wie viele? Das bleibt abzuwarten und verunsichert die Ford-Belegschaft derzeit verständlicherweise enorm.
Zu allem Überfluss hat sich auch noch Martin Sander, Vorsitzender der Geschäftsführung der Ford-Werke GmbH und als „General Manager Ford Model e für Ford of Europe“ für die europäische Elektrosparte verantwortlich, zu einem direkten Konkurrenten verabschiedet. Er tritt im Juli seinen Posten als Vorstand für Marketing, Vertrieb und Verkauf beim Volkswagenkonzern in Wolfsburg an. (tis)