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Was modern klingt, wirft arbeitsrechtliche Fragen auf. Weil ihre vereinbarte Provision nicht in Kryptowährung ausgezahlt wurde, zog eine Arbeitnehmerin bis vor das Bundesarbeitsgericht. Ein Urteil mit Signalwirkung für moderne Vergütungsmodelle.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 16.04.2025, 10 AZR 80/24
Die Arbeitnehmerin war seit dem 01.06.2019 bei einem Unternehmen angestellt, das sich u.a. auch mit Kryptowährungen befasst. Zusätzlich zu ihrem Bruttogehalt war arbeitsvertraglich ein Provisionsanspruch auf Basis der monatlichen Geschäftsabschlüsse vereinbart. Diese Vereinbarung galt bis zum 31.03.2020. Vereinbart war, dass die Provision zunächst in Euro ermittelt wird. Zum Zeitpunkt der Fälligkeit (der letzte Tag des Folgemonats) sollte dann die Umrechnung in die Kryptowährung Ethereum (ETH) zum „aktuellen Wechselkurs“ und die Übertragung an die Arbeitnehmerin erfolgen. Trotz mehrfacher Aufforderung durch die Arbeitnehmerin erfolgte weder eine Abrechnung der Provisionsansprüche noch die Übertragung von ETH auf die am 11.08.2020 von der Arbeitnehmerin mitgeteilten und zu diesem Zweck errichteten Wallet.
Mit der letzten Gehaltsabrechnung im Dezember 2021 zahlte die Arbeitgeberin 15.166,16 Euro brutto als Provision aus. Diese Zahlung berücksichtigte die nun ehemalige Mitarbeiterin bei ihrer Klageforderung und verlangt zuletzt noch Provisionen in Höhe von 19,194 ETH für die Monate Februar und März 2020.
Die Arbeitgeberin weigert sich weiterhin gegen die Übertragung von ETH und argumentiert mit § 107 Abs. 1 Gewerbeordnung (GewO). Dieser besagt, dass, Arbeitsentgelt in Euro zu berechnen und zu bezahlen ist und dass, soweit die Provisionsforderungen berechtigt seien, sie diese durch die im Dezember 2021 geleistete Zahlung erfüllt habe.
Das BAG stellt klar: Dem Grunde nach stehen der Klägerin die Provisionen zu, und zwar, wie im Arbeitsvertrag vereinbart, in Ethereum (ETH). Kryptowährungen sind zwar keine „gesetzlichen Zahlungsmittel“, können aber als Sachbezug i.S.d. § 107 Abs. 2 GewO Teil des Arbeitsentgelts sein – vorausgesetzt, es liegt im Interesse der oder des Beschäftigten.
Im konkreten Fall war genau das gegeben. Die Auszahlung in ETH war vertraglich geregelt und die Klägerin wollte ausdrücklich ihre Provision in Krypto. Damit sollte der Fall klar sein, oder? Nicht ganz. Das BAG erinnert an eine wichtige Schutzfunktion aus § 107 Abs. 2 Satz 5 GewO. Demnach muss der unpfändbare Teil des Lohns immer in Euro ausgezahlt werden. Der Grund dafür ist, dass niemand gezwungen sein soll, erst seine Kryptos zu verkaufen, um grundlegende Bedürfnisse zu bezahlen, wie z.B. den Wocheneinkauf. Das bedeutet, dass nur der Teil des Gehalts, der über dem pfändungsfreien Betrag liegt, in Kryptowährung gezahlt werden darf. Ist das nicht sichergestellt, ist die entsprechende Vereinbarung zumindest teilweise unwirksam.
Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg hatte diesen Grundsatz richtig erkannt, aber bei der Berechnung der Pfändungsfreigrenzen einen Fehler gemacht. Das BAG konnte deshalb nicht abschließend entscheiden und verwies den Fall zurück ans Landesarbeitsgericht.
Das BAG-Urteil zeigt: Vergütung in Kryptowährungen ist arbeitsrechtlich möglich, aber nur unter klaren Voraussetzungen. Der unpfändbare Teil des Lohns muss in Euro ausgezahlt werden, um den gesetzlichen Schutz der Beschäftigten zu sichern.
Betriebsräte sollten bei der Einführung oder Änderung von Vergütungsmodellen, die Kryptowährungen als Zahlungsform vorsehen, sensibel sein und ihre Mitbestimmungsrechte gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG wahrnehmen. Solche neuen Modelle müssen sorgfältig geprüft und gegebenenfalls angepasst werden, um mögliche Risiken für die Beschäftigten zu minimieren. (lg)