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Spricht der Arbeitgeber eine Kündigung ohne vorherige Anhörung des Betriebsrats nach § 102 Abs. 1 BetrVG aus, kann eine grobe Pflichtverletzung des Arbeitgebers nach § 23 Abs. 3 BetrVG vorliegen.
Hessisches Landesarbeitsgericht, Beschluss vom 08. August 2022, 16 TaBV 191/21
Der Arbeitgeber sprach mehrere Kündigungen aus, ohne den Betriebsrat zuvor angehört zu haben. Zunächst wurde der Betriebsrat Ende Februar 2019 vor der Kündigung eines Arbeitnehmers nicht angehört. Der Betriebsrat beschwerte sich darüber schriftlich beim Arbeitgeber. Dieser erwiderte, dass die Anhörung nur deshalb unterblieben sei, weil die Kündigung in Abstimmung mit dem Rechtsbeistand und auf dessen Wunsch ausgesprochen wurde, um aus der Aufhebungsvereinbarung eine Abwicklungsvereinbarung zu machen. Ende September 2020 erklärte der Arbeitgeber sechs krankheitsbedingte Kündigungen ohne Beteiligung des Betriebsrats. Der Arbeitgeber entschuldigte dies mit einem Versehen des zuständigen Sachbearbeiters der Personalabteilung. Er versprach, in Zukunft den Betriebsrat immer vorher zu beteiligen – außer bei einer Kündigung auf Wunsch eines Arbeitnehmers.
Der Betriebsrat beantragte daraufhin beim Arbeitsgericht, dem Arbeitgeber unter Androhung eines Ordnungsgeldes aufzugeben, es zukünftig zu unterlassen, Kündigungen auszusprechen, ohne zuvor den Betriebsrat nach § 102 BetrVG zu beteiligen.
In der 2. Instanz hatte der Betriebsrat mit seinem Antrag Erfolg. Um den Schutz der betriebsverfassungsrechtlichen Ordnung zu gewährleisten, könne der Betriebsrat nach § 23 Abs. 3 BetrVG dem Arbeitgeber bei einem groben Verstoß gegen seine Verpflichtungen aus dem Betriebsverfassungsgesetz durch das Arbeitsgericht aufgeben lassen, eine Handlung zu unterlassen.
Nach § 102 Abs. 1 BetrVG ist der Betriebsrat vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam. Die Unterrichtungs- und Anhörungspflicht nach § 102 Abs. 1 BetrVG bestehe ausnahmslos – auch vor dem Ausspruch einer „gewünschten“ Kündigung. Es komme dabei auch nicht auf ein Verschulden des Arbeitgebers an. Zudem genüge auch nicht die bloße Zusicherung, zukünftig betriebsverfassungswidriges Verhalten zu unterlassen, um die Wiederholungsgefahr auszuschließen. Ein grober Verstoß des Arbeitgebers gegen seine Verpflichtungen aus dem Betriebsverfassungsgesetz liege somit hier vor. Der Arbeitgeber habe es in Zukunft zu unterlassen, Kündigungen auszusprechen, ohne zuvor den Betriebsrat zu beteiligen.
§ 102 Abs. 1 BetrVG ist eines der wichtigsten Beteiligungsrechte des Betriebsrats. Eine Kündigung ohne die erforderliche vorherige Unterrichtung und Anhörung des Betriebsrats ist für den Arbeitgeber in zweierlei Hinsicht gefährlich. Zum einen hat diese Pflichtverletzung die Unwirksamkeit der Kündigung zur Folge, wenn der Arbeitnehmer diesen Unwirksamkeitsgrund rechtzeitig geltend macht. Zum anderen ist mit den betriebsverfassungsrechtlichen Konsequenzen zu rechnen, wenn der Betriebsrat einen entsprechenden Unterlassungsantrag stellt. (jf)