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Besteht bei der Mitarbeit im Yoga-Ashram Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn? Kern des Streits um sogenannte Sevakas ist die Frage, ob es sich um Arbeitsverhältnisse handelt – oder aber um Dienste von Mitgliedern einer Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft.
Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 14.05.2024, 6 Sa 1128/23 u.a.
Acht Jahre lang lebte die Klägerin in NRW in einem Yoga-Ashram. Als sogenannte „Sevaka“ arbeitete sie mit anderen in dieser Zeit für das Ashram, u.a. im Bereich Werbung und der Leitung von Seminaren. Sevakas sind Vereinsangehörige, die in der indischen Ashram-Tradition zusammenleben und sich der Übung und Verbreitung der Yoga Vidya-Lehre widmen; laut Vereinbarung zum „Wohl der Gemeinschaft, der Verbreitung des Yoga sowie des spirituellen Wachstums“.
Für ihre Arbeit erhielten die Sevakas Unterkunft und Verpflegung, außerdem ein monatliches Taschengeld von bis zu 390 Euro, bei Führungsverantwortung zusätzlich bis zu 180 Euro. Sevakas waren gesetzlich kranken-, arbeitslosen-, renten- und pflegeversichert und erhielten eine zusätzliche Altersversorgung.
Der beklagte Yoga-Ashram ist ein gemeinnütziger Verein, der in Bad Meinberg ein Zentrum und Seminarhäuser mit über 1.008 Betten und mehr als 40 Seminarräumen betreibt. Die Klägerin macht geltend, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis bestanden habe und verlangt die Nachzahlung von mehr als 40.000 Euro Mindestlohn. Neben ihr klagten noch zwei weitere Mitglieder auf Zahlung des Mindestlohns.
Die drei Kläger haben laut Entscheidungen des LAG Hamm für ihre Tätigkeit im Yoga-Ashram Anspruch auf Zahlung des gesetzlichen Mindestlohns. Es handele sich bei den jeweiligen Rechtsbeziehungen um Arbeitsverhältnisse; denn der Vertrag zwischen den Beteiligten beinhalte Weisungsgebundenheit und persönliche Abhängigkeit i.S.d. § 611a Abs. 1 BGB. Nur ausnahmsweise liege in solchen Fällen keine Arbeitnehmereigenschaft vor, wenn es sich um eine Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft handelt (z.B. bei Mönchen). Das Bundesarbeitsgericht hatte im Berufungsverfahren diese grundlegenden rechtlichen Wertungen bereits vorgenommen und den Fall zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das LAG zurückverwiesen. Das Yoga-Zentrum muss nun an die Klägerin mehr als 40.000 € Mindestlohn nachzahlen.
Wie weit reicht das Selbstbestimmungsrecht von Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften? Darum geht es im Kern bei dieser Entscheidung. Klar ist nun: Den Schutz der Verfassung können Vereine nur in Anspruch nehmen, wenn sie ein hinreichendes Maß an religiöser Systembildung und Weltdeutung aufweisen. Dies konnte das LAG hier nicht erkennen und betonte auch, dass in zwei der Verfahren Bindungswirkung durch die BAG-Urteile bestünden. Das Yoga-Zentrum sei in den strittigen Zeiträumen weder Religions- noch Weltanschauungsgemeinschaft gewesen, hatte schon das BAG festgestellt: In seiner Satzung beziehe sich der Verein u.a. auf Weisheitslehren, Philosophien und Praktiken aus Indien sowie auf spirituelle Praktiken aus Buddhismus, Hinduismus, Christentum, Taoismus und anderen Weltreligionen. Ein weit gefasstes Spektrum, weswegen das Gericht kein Gesamtgefüge religiöser bzw. weltanschaulicher Elemente und deren innerer Zusammenhang mit der Yoga Vidya-Lehre anerkannte. Auch die Vereinsautonomie stand den Ansprüchen der Sevakas nicht entgegen. (cbo)