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Zeitgutschrift für Betriebsratstätigkeit im Urlaub?

Darf ein Betriebsratsvorsitzender wegen angefallener Betriebsratsarbeit einseitig seinen bewilligten Erholungsurlaub unterbrechen und für die Tätigkeit eine Zeitgutschrift verlangen? Nein, so das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz. Im Urlaubsfall könne der Stellvertreter des Betriebsratsvorsitzenden einspringen.

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 13.06.2024, 5 Sa 255/23

Stand:  3.9.2024
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Das ist passiert

Die Parteien streiten über eine Zeitgutschrift für Betriebsratstätigkeiten. Der Kläger ist Vorsitzender des fünfköpfigen Betriebsrats in einem Unternehmen, das u.a. Verpackungen für die Zigarettenindustrie herstellt. Ende 2022 wurden ihm fünf Tage Urlaub genehmigt. Genau in diesem Zeitraum wurde dann kurzfristig eine Betriebsversammlung angesetzt. Der BRV unterbrach seinen Urlaub zur Vorbereitung und Durchführung der Versammlung. Die hierfür aufgewendete Zeit (18,5 Stunden) möchte er nun seinem Arbeitszeitkonto gutschreiben lassen. Er argumentiert, dass er für Betriebsratstätigkeiten seinen Urlaub unterbrechen könne, auch ohne Zustimmung des Arbeitgebers. Außerdem habe er einen Anspruch auf betriebliche Übung, die Gutschrift für Zeiten der BR-Tätigkeit im Urlaub sei fünf Mal in den letzten Jahren erfolgt. Der Arbeitgeber lehnt die Gutschrift ab. Ein einmal genehmigter Erholungsurlaub könne nicht einseitig rückgängig gemacht werden. In der Vorinstanz hatte das Arbeitsgericht Trier die Klage abgewiesen.

Das entschied das Gericht

Auch das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz gab dem Arbeitgeber Recht. Der BRV sei für den Erholungsurlaub bereits von der Arbeit befreit gewesen. Deshalb könne er keinen Anspruch aus § 37 Abs. 2 BetrVG herleiten. Denn die Vorschrift regele, dass nicht freigestellte Mitglieder des Betriebsrats zur Durchführung erforderlicher Betriebsratstätigkeit ohne Entgeltminderung von der Arbeitsleistung zu befreien sind. 

Auch § 37 Abs. 3 Satz 1 BetrVG begründe keinen Anspruch des BRV. Nach dieser Vorschrift hat ein Betriebsratsmitglied Anspruch auf Ausgleich für Betriebsratstätigkeit, die aus betriebsbedingten Gründen außerhalb der Arbeitszeit durchzuführen ist. Betriebsbedingte Gründe lägen nur bei „betrieblichen Gegebenheiten und Sachzwängen“ vor. Es müsse sich um Gründe handeln, die sich aus der Eigenart des Betriebs, der Gestaltung seines Arbeitsablaufs oder der Beschäftigungslage ergeben. Dies sei nicht ohne Weiteres der Fall, wenn sich ein BRV entschließt, während seines Erholungsurlaubs Betriebsratsaufgaben wahrzunehmen, jedenfalls nicht ohne Hinzutreten besonderer Umstände. Mitglieder des Betriebsrats führen ihr Amt unentgeltlich als Ehrenamt, sie dürften weder benachteiligt noch begünstigt werden.

Eine betriebliche Übung läge auch nicht vor. Die geschilderten Fälle, in denen in der Vergangenheit Zeit gutgeschrieben worden war, genügten jedenfalls nicht, um dem Kläger trotz Erholungsurlaubs nun 18,5 Stunden für Betriebsratstätigkeit gutzuschreiben.

Im Ergebnis durfte der Betriebsratsvorsitzende trotz spontaner Betriebsversammlung nicht einseitig seinen bewilligten Erholungsurlaub unterbrechen und für die Tätigkeit eine Zeitgutschrift verlangen. Vielmehr könne im Urlaubsfall der Stellvertreter des Betriebsratsvorsitzenden einspringen, so das Gericht.

Bedeutung für die Praxis

Im Kern dreht sich der Fall darum, dass Betriebsräte während ihres Erholungsurlaubs nicht zur Arbeitsleistung verpflichtet sind – und auch nicht zu BR-Tätigkeiten. Für die Ladung zu einer BR-Sitzung beispielsweise darf bei Erholungsurlaub immer von einer Verhinderung ausgegangen werden, es kommt gleich das Ersatzmitglied zum Zug. Eine Ausnahme besteht, wenn BR-Mitglieder explizit teilnehmen wollen. 

Auch auf betriebsbedingte Gründe konnte sich der BRV in diesem Fall nicht berufen. Zwar wurde die Betriebsversammlung spontan einberufen. Aber auch hier gilt: Er war bereits von der Arbeit befreit. Betriebsbedingte Gründe liegen z.B. vor, wenn die Betriebsratstätigkeit wegen unterschiedlicher Arbeitszeiten der Betriebsratsmitglieder nicht innerhalb der persönlichen Arbeitszeit erfolgen kann.

Fazit: Rechtlich nachvollziehbar sind die Begründungen, weswegen das Gericht die Zeitgutschrift hier nicht akzeptierte – inhaltlich nachvollziehbar trotzdem nicht. Insbesondere beim Verweis auf die Stellvertretung muss man doch klar sagen: Immerhin ging es hier um eine Betriebsversammlung, nicht um eine x-beliebige BR-Sitzung. Sie wurde erst einberufen, nachdem er schon einen Urlaub bewilligt bekommen hatte. Sicherlich war er an der Terminfindung für die spontane Betriebsversammlung beteiligt - über die Gründe dieses Termins liest man nichts im Urteil.  Dass er trotzdem daran mitwirken wollte, ist völlig verständlich und auch gut so. Verständlich ist auch, dass er die hierfür aufgewendete Zeit gutgeschrieben bekommen wollte.

Was also hätte der BRV anders machen können und sollen? Er hätte die Möglichkeit gehabt, um die Rücknahme des Urlaubs zu bitten. Aber einen Anspruch darauf gibt es nicht. Es gilt der Grundsatz: genehmigt ist genehmigt. Und zumindest das ist eigentlich auch gut so – sonst könnten ja auch Beschäftigte spontan zurückgeholt werden, etwa bei erhöhtem Arbeitsaufkommen. Eine andere Möglichkeit wäre natürlich noch gewesen, einen anderen Termin für die Betriebsversammlung festzulegen. Auch nicht immer sinnvoll!(cbo)

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