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Einer von zwei Mitarbeitern nach Insolvenz: Betriebsratsvorsitzender Jürgen Gruß
Jürgen Gruß ist sozusagen ein Einzelkämpfer – aber völlig ungewollt. Denn er ist einer von zwei Übriggebliebenen einer einst etwa 30 Mitarbeiter starken Belegschaft des Unternehmens Triax Deutschland GmbH am Standort im baden-württembergischen Pliezhausen. Ende April 2024 wird er schließlich in reguläre Rente gehen – ganz ohne Groll, wie er sagt. Denn alle früheren Kollegen haben ziemlich rasch eine neue Beschäftigung gefunden, nachdem sie sich auf eigene Faust anderweitig beworben hatten. Das Wichtigste für ihn als ehemaligen Betriebsratsvorsitzenden.
Die letzten Wochen hatte Jürgen Gruß damit verbracht, Ordner zu verpacken, Leergut zu entsorgen, sich um die tägliche Post zu kümmern: Alles Aufgaben, um die Räumung der ehemaligen Geschäftsbereiche vorzubereiten. Seit Ende 2023 sind die Türen des Unternehmens Triax in Pliezhausen, Baden-Württemberg, endgültig geschlossen. Er ist noch bis April 2024 offiziell bei der Firma beschäftigt – teilweise auf Abruf. Jürgen Gruß wird immer dann da sein, wenn kurzfristige Besichtigungen anstehen oder er anderweitig beraten kann, allen voran den Insolvenzverwalter. 38 Jahre war Jürgen Gruß bei Hirschmann und nach der Übernahme bei Triax beschäftigt, zuletzt in Garantieabwicklung und Versand. Seit 2010 war er zudem im Betriebsrat, 2014 wurde er erstmals zum Vorsitzenden gewählt.
Triax war eine dänische Unternehmensgruppe mit insgesamt acht Standorten, unter anderem in Ungarn, Österreich, Frankreich, Großbritannien und eben Pliezhausen. „Wir waren zuständig für den Bereich der elektronischen Geräte zwischen Satelliten und Fernsehgeräten“, erklärt Jürgen Gruß. Parabolantennen, Kabel, Aufbereitungsanlagen und vieles mehr gehörten zum Portfolio des Unternehmens. Ende Juni 2023 erfuhren die Triax-Mitarbeiter die Hiobsbotschaft: „In nur 20 Minuten wurde uns erklärt, dass das Ende sicher ist“, erinnert sich Jürgen Gruß. Die ganze Kommunikation rund um die Insolvenz bezeichnet er als „wenig berühmt“. Vorab-Informationen für den Betriebsrat? Fehlanzeige!
Absehbar war das Triax-Ende für Jürgen Gruß keineswegs, auch, wenn bereits im Frühjahr 2023 fünf Mitarbeiter gehen mussten – da war der Betriebsrat noch involviert. „Wen betrifft es? Wie machen wir es? Ich glaube, wir hatten zwischen zwölf und 15 Sondersitzungen“, sagt Jürgen Gruß. „Da waren wir richtig gefordert.“ In all den Jahren zuvor hielten sich die Belastungen für den Betriebsrat hingegen in Grenzen, wie er zurückblickt: „Selbstverständlich haben wir viele Gespräche mit Mitarbeitern und Firmenleitung geführt. Aber es war nicht allzu anstrengend.“ Wesentlich belastender war für Jürgen Gruß und seine Gremiumskollegen die Zeit ab Juni 2023. Seither musste der Betriebstat das Aus relativ tatenlos mit ansehen, obwohl sie mehrmals versuchten, in Verhandlungen zu treten – sogar der Geschäftsführer und damit erste BR-Ansprechpartner wurde noch vor der Insolvenz-Verkündung freigestellt. „Wir konnten nicht mehr viel machen. Also haben sich die meisten Mitarbeiter selbst etwas gesucht.“ Und das mit Erfolg: „Es hat tatsächlich die Mehrheit etwas Neues gefunden, da waren wir enorm erleichtert.“
© Jürgen Gruß
Nun hält also Jürgen Gruß noch die letzte Stellung, bezeichnet er sich doch passenderweise selbst als „Dorfältester“. Obwohl ihm von verschiedenen Seiten geraten wurde, auf eine Abfindung zu bestehen, hat er darauf verzichtet und geht Ende April 2024 offiziell in Rente – trotz allem mit einem positiven Gefühl: „Ich habe all die Jahre gerne in der Firma gearbeitet.“ Wäre Triax nicht insolvent, hätte er seinen Ruhestand vielleicht noch um ein Jahr verschoben, auch weil ihm die Betriebsratsarbeit viel Verantwortungsgefühl und regionale Kontakte zu Kollegen bereit hat.
Jürgen Gruss‘ mittlerweile einzige Kollegin wird noch ein paar Wochen von zu Hause aus weiterarbeiten. Nimmt dort die immer weniger werdenden Telefonate mit Kunden und Händler auf, um sie dann an die entsprechenden Stellen im britischen Nachfolgeunternehmen weiterzuleiten sowie Speditionsaufträge oder Rechnungen zu erstellen.
Dass ihm zukünftig langweilig wird, braucht indes keiner befürchten. Schon seit Jahrzehnten organisiert er in seiner Freizeit Ausflüge und Kurztrips für Kulturinteressierte, gibt dabei auch den Reiseleiter. Hierfür wird er sich in Zukunft also mehr Zeit nehmen können, für die Organisation und das Einlesen in verschiedene Themengebiete. Aspekte, die ihm aus seiner Zeit im Betriebsrat ja ohnehin bekannt sind. (tis)
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