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Expertin Michaela Manger über erfolgreiches Betriebliches Eingliederungsmanagement
Das Betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) wird bald 20 Jahre alt – seit 2004 ist es per Gesetz Pflicht für Arbeitgeber! Und dennoch gibt es Unternehmen, in denen das BEM noch immer keine große Rolle spielt. Unter anderem, „weil es vom Gesetzgeber nicht konsequent bestraft wird“, wie Michaela Manger sagt. Die BEM-Expertin schult regelmäßig BEM-Akteure und wurde schon häufig zur Beratung bei einzelnen Fällen hinzugezogen. Im Interview spricht sie über ihre Erfahrungen, was sie sich wünschen würde und welche spezielle Rolle Betriebsräte für ein erfolgreiches BEM spielen.
Michaela Manger: Auf jeden Fall! Es spart dem Unternehmen bares Geld, weil die Mitarbeiter durch ein professionelles BEM weniger arbeitsunfähig sind. Zudem haben wir mittlerweile einen Arbeitnehmermarkt. Wenn ich meine Mitarbeiter also verprelle, dann sind sie weg. Es geht ja immer darum, die Fachexpertise und Erfahrung im Unternehmen zu halten. Vor allem ältere Mitarbeiter sollten leistungsgerecht eingesetzt werden. Vielleicht geht - körperlich nicht mehr alles, aber sie wissen, wie der Laden läuft – das bringt Unternehmen enorm viel. Darüber hinaus will man gute Leute gewinnen und die schauen inzwischen eben auch auf solche Sachen wie BEM.
Michaela Manger: Das würde ich jedenfalls behaupten. Wie bei vielen anderen Themen waren die letzten drei Jahre schon ein Trigger. Die Gesundheit ist ein hohes Gut. Ein Blick auf die Statistiken zur gestiegenen Fehlzeitquote reicht aus, um zu wissen, dass es mittlerweile mehr BEM-Fälle gibt. Das Bewusstsein erhöht sich aber auch bei den Unternehmen. Langsam, aber stetig.
Michaela Manger: Der Grundsatz müsste lauten: Tue Gutes und rede darüber! Obwohl es gesetzlich vorgeschrieben ist, bieten es nicht alle Arbeitgeber an. Und wenn Unternehmen ein BEM anbieten, wird oftmals zu wenig Öffentlichkeitsarbeit von Unternehmensseite gemacht. Vielleicht auch, weil sie denken, es reicht, wenn wir die Betroffenen anschreiben. Oder weil es weniger in Anspruch nehmen, wenn es weniger kennen – etwas ketzerisch formuliert. Deshalb versuche ich BEM-Akteure immer zu motivieren, aktiv zu werden. Sich vorzustellen mit Fotos und Namen, einfach die Werbetrommel zu rühren. Und dabei immer zu kommunizieren, dass Mitarbeiter, die länger als sechs Wochen ausfallen, ein Recht auf BEM haben.
Fachtagung: Betriebliches Eingliederungsmanagement
Wie verläuft eine erfolgreiche Wiedereingliederung? Welche Handlungsmöglichkeiten haben Sie als Betriebsrat oder Schwerbehindertenvertretung im Rahmen des BEM? All das erfahren Sie auf unserer Fachtagung „Betriebliches Eingliederungsmanagement: Zurück an Bord“ vom 03. bis 06. September 2024 in Wernigerode/Harz.
Michaela Manger: Ich finde es charmant, je nach Lokalität, im Eingangsbereich vielleicht einen Tisch aufzustellen, sich einfach mal dort zu präsentieren. Allein, wenn jeder Fünfte stehen bleibt, ist schon was gewonnen. Vielleicht die Aktion noch mit einer Kugel Eis oder zu Karneval mit einem Krapfen „versüßen“. Oder ein Preisausschreiben durchführen mit einem Rätsel, was BEM eigentlich ist. Es geht gar nicht darum, viel Geld zu investieren, sondern einfach präsent zu sein. Natürlich gibt es die klassischen Varianten wie Flyer, damit werden aber meist nicht genug erreicht.
© Michaela Manger
Michaela Manger: Da gibt es eigentlich zwei Aufgaben: Die einen gehen mit in die Gespräche rein beziehungsweise überzeugen die betroffenen Mitarbeiter zunächst, dass sie am BEM teilnehmen und einen Betriebsrat mitnehmen – das sollte oberste Priorität haben. So können Betriebsräte das BEM sozusagen von innenheraus besser machen. Einfach, weil so mehr Ideen auf dem Tisch landen. Die andere Aufgabe für Betriebsräte ist, den BEM-Prozess zu optimieren und zu überwachen. Schauen, dass alles richtig gemacht wird, beispielsweise hinsichtlich des Datenschutzes. Gibt es überhaupt Verfahrensregeln? Eine BEM-Betriebsvereinbarung ist für den Arbeitgeber freiwillig, aber bei den Verfahrensregeln sind Betriebsräte in jedem Fall mit an Bord.
Michaela Manger: … beginnt klassisch mit der Einladung und dem ersten Termin. Hier geht es um die juristische Aufklärung. Die Rechte und Pflichten aller Beteiligten sollten dann geklärt, Datenschutzformulare unterschrieben werden. Dann beginnt das wirkliche BEM. Gibt es schon erste Maßnahmen oder Atteste? Weiß man etwa, wann es auf Reha geht? So können bereits vorbereitende Maßnahmen eingeleitet, beispielsweise ein benötigter Stuhl besorgt werden. In einem zweiten Termin geht es dann um die konkrete Fallbesprechung. Generell ist im BEM der Kontakt und Austausch immens wichtig. Kann nach zwei, drei oder vier Terminen nicht mehr getan werden, sollte der Fall abgeschlossen werden. Das ist juristisch essenziell, da ab dem Moment das Unternehmen die Fehlzeiten wieder neu berechnen muss. Wichtig ist, dass Betriebsräte oder Schwerbehindertenvertreter von Anfang an auf die Mitarbeiter zugehen, um von vornherein dabei zu sein.
Michaela Manger: Ich habe gute Erfahrungen mit Supervisionen für BEM-Teams gemacht. Einige können es so besser verarbeiten und lernen gleichzeitig Abgrenzung. Da ist immer so eine Sache: Wenn ich empathisch bin, nehme ich die Dinge häufig mit nach Hause. Bei der Supervision erfahre ich, wie ich damit umgehe. Wichtig ist, für den nächsten Fall zu lernen. Ich würde das mit der Supervision sogar in eine Betriebsvereinbarung rein verhandeln. Ganz davon abgesehen, ist nicht jeder Betriebsrat der Typ, mit Erkrankungen von Kollegen und Schicksalen umzugehen. Da sollte jeder ehrlich zu sich sein. Aus Versehen im BEM-Team zu landen, ist schwierig. Dann ist man womöglich bald der nächste, der im BEM als Betroffener sitzt.
Michaela Manger: Tatsächlich ist es die Kunst der Abgrenzung. Und natürlich sollten BEM-Beauftragte kommunikationsstark sein – im kooperativen Sinn. Es hilft ja nichts auf Konfrontation mit dem Arbeitgeber zu gehen. Sie sollten immer lösungsorientiert arbeiten.
Michaela Manger: Neben Schulungen, Workshops, Seminaren und Ähnlichem sollten sich BEM-Teams regelmäßig zusammensetzen und Feedback geben, um daraus zu lernen. Was ist schiefgelaufen? Wo hätte man mehr erreichen können? Aber auch: Was ist gut gelungen?
Michaela Manger: Das BEM ist ja eine gesetzliche Verpflichtung. Aber es gibt auf der anderen Seite keine direkte Konsequenz, wenn Unternehmen es nicht durchführen. Das finde ich ungünstig. Vielleicht wird mal eine Kündigung gegen die Wand gefahren, weil das BEM nicht korrekt ablieft, aber eine Strafe gibt es keine. Die Wichtigkeit von BEM steht zwar in jedem Koalitionsvertrag drin, aber es wird zu wenig Fokus daraufgelegt. Darüber hinaus geht im BEM ja auch um Prävention. Hierfür würde ich mir mal eine umfassende Studie wünschen. Was bewirkt BEM? Es gibt zwar kleinere Studien, das sind aber eher Modellrechnungen. Ich fände ein deutschlandweites Projekt toll. (tis)
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