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Experte Christian Prior über die Rolle von Betriebsräten bei Konflikten im Unternehmen
Konflikte sind im Arbeitsalltag (nahezu) unvermeidlich. Wie aber können sie konstruktiv angesprochen und gelöst werden? Christian Prior, Berater und Konfliktexperte, erklärt, warum offene Kommunikation und eine professionelle Herangehensweise bei Konflikten der Schlüssel sind. Außerdem zeigt er auf, wie Betriebsräte ihre Kollegen in diesem Prozess tatkräftig unterstützen können.
Christian Prior: Das war tatsächlich eher zufällig. Vor 26 Jahren wurde ich von einem Unternehmen aus der Raumfahrtindustrie angefragt, bei dem ich schon Weiterbildungen gegeben hatte. Die wollten sich mit dem Thema Konflikte beschäftigen und ich hatte ihnen Dr. Christoph Thomann empfohlen, dessen Buch ich kurz vorher gelesen hatte – sie wollten allerdings lieber direkt mit mir arbeiten. So kam ich mit dem Autor in Kontakt, der mir schließlich die Methode der Klärungshilfe nähergebracht hat. Dabei mag ich Konflikte eigentlich gar nicht. Nach Schulz von Thun ist für eine „Berufung“ zweierlei wichtig, einerseits etwas mitzubringen, was man gut kann: Bei mir war dies, gut in Kontakt gehen zu können und schwierige Gefühle treffend in Worte verpacken zu können. Andererseits ist es aber auch gut, etwas noch gar nicht zu können, was man quasi im Tun erst langsam selbst entwickelt: Ich musste lernen, in Konflikten innerlich ruhig und offen zu bleiben.
Christian Prior: Ja, weil der Fachkräftemangel einerseits mit sich bringt, dass man schauen muss, dass es den Mitarbeitern gut geht. Und zudem wachsen die Jungen längst in einer metakommunikativen Kultur auf.
Wer Konfliktexperte Christian Prior gerne mal live erleben möchte, kann dies auf der Fachtagung „Konfliktmanagement für Betriebsräte“ vom 30.09. bis 02.10. in Leipzig. Dort ist er mit dem Vortrag „Schwierige Konflikte lösen – Chefsache?“ zu Gast. Und zudem Referent des Workshops „Die Klärungshilfe für eskalierte Einzel- und Teamkonflikte“.
Christian Prior: Das bedeutet, dass Menschen aktiv ihre Kommunikationsprozesse reflektieren und darüber sprechen. Wie gut läuft es? Wie geht’s mir dabei? Und: Will ich das so überhaupt? Schon in Kindergärten gibt es den Stuhlkreis, in dem Kinder lernen, ihre Gefühle auszudrücken und Konflikte zu lösen. Das prägt natürlich die Erwartungshaltung. Junge Mitarbeiter wollen nicht nur Aufgaben erledigen, sie wollen gehört und verstanden werden. Das macht Konflikte manchmal sichtbarer, aber auch lösbarer.
Christian Prior: Ich habe zwei zentrale Aufgaben: Erstens helfe ich Führungskräften, die richtigen Menschen zum Gespräch einzuladen und das Gespräch gut vorzubereiten. Denn: Konflikte sind immer Führungssache! Zweitens moderiere ich das Gespräch dann – und zwar allparteilich. Das bedeutet, ich nehme beide Seiten ein und sorge dafür, dass alle Perspektiven gehört werden. So entsteht ein Dialog, in dem alle Beteiligten ihre Sichtweise einbringen können und die Führungskraft darauf eingehen kann.
Christian Prior: Konflikte entstehen meist auf der Basis unterschiedlicher Wahrnehmungen, individueller Bewertungen und sich ausschließender Interessen. Wenn diese Sichtweisen offen und ehrlich ausgesprochen werden, kann das erstmal weh tun. Aber genau das ist wichtig, um Klarheit zu schaffen. Nur wenn man die Wahrheit benennt, kann man anfangen, Lösungen zu finden. Das bedeutet auch, nicht vorschnell in Lösungen zu springen, sondern sich die Zeit zu nehmen, die Konfliktursachen genau zu verstehen.
Christian Prior: Eine ganz wichtige. Wenn Betriebsräte von Anfang an dabei sind, bekommen sie ein umfassendes Bild der Situation – nicht nur aus der Perspektive einzelner Mitarbeiter. Das macht ihre Beratung viel fundierter. Außerdem können sie durch ihre Präsenz Mitarbeitern Mut machen, offen zu sprechen. Ein Betriebsrat, der nur nachträglich von einem Konflikt hört, kann oft nur auf der Seite des Arbeitnehmers stehen und damit die Situation eher eskalieren lassen.
Christian Prior: Erstmal zuhören und ernst nehmen. Aber es ist nicht gut, wenn der Betriebsrat nur unter vier Augen berät und nichts weiter unternimmt. Besser wäre es, wenn er darauf hinwirkt, dass es eine Kultur im Unternehmen gibt, in der sich Führungskräfte Konflikten stellen und bereit sind, sich mit den eigenen Fehlern auseinanderzusetzen. Wenn eine Führungskraft sagt: „Ich will wissen, was ich falsch mache“, dann ist das eine große Chance für alle.
Christian Prior: Ja, klar. Viele Führungskräfte fühlen sich in solchen Gesprächen unsicher. Deswegen ist es hilfreich, wenn ein Klärungshelfer oder Moderator dabei ist, der den Dialog unterstützt. Die Führungskraft muss diese Verantwortung übernehmen – das geht oft besser, wenn sie nicht alleine ist.
Christian Prior: Am besten, indem sie sich mit Klärungshilfe und Mediation beschäftigen. Wenn sie verstehen, wie solche Gespräche ablaufen, und vielleicht selbst schon mal vermittelt haben, sind sie besser gewappnet. Sie können eben dann eine Kultur fördern, in der Konflikte offen angesprochen werden.
Christian Prior: Beim Doppeln nehme ich die Rolle einer Konfliktpartei ein und spreche ihre Gedanken und Gefühle laut aus. Zum Beispiel setze ich mich neben die Chefin und sage: „Ich ärgere mich über dich, Peter, weil du so selbstgefällig handelst.“ Die Chefin kann dann bestätigen oder korrigieren. Das Gleiche mache ich für Peter. So werden unausgesprochene Dynamiken sichtbar und vor allem besprechbar. Das fördert das Verständnis auf beiden Seiten.
Christian Prior: Weil Konflikte nicht nur auf dem Inhalt basieren, sondern auch auf der Art und Weise, wie etwas gesagt wird – die Stimme, Mimik, Gestik spielen eine große Rolle. Wenn ich diese Botschaften aufgreife und in einer neutralen, allparteilichen Rolle ausdrücke, hören die Konfliktparteien besser zu und können sich öffnen. Das macht den Dialog ruhiger und ehrlicher.
Christian Prior: Prinzipiell ja. Schon das einfache Wiederholen und Nachfragen kann ein Segen für das Gespräch sein. Man kann das natürlich dann noch viel raffinierter machen, dafür bilde ich seit Jahren Leute aus. Wichtig ist, dass die Rolle stimmt. Zum Beispiel sollte eine Betriebsrätin die Mitarbeiterin nicht in einer Doppelrolle vertreten und gleichzeitig moderieren, verwischt die Grenzen. (tis)
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