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Fachartikel Wirtschaftsausschuss Wirtschaftsausschuss im kirchlichen Bereich

Wirtschaftsausschuss im kirchlichen Bereich

Blick in die katholischen und evangelischen Kirchengesetze

Für kirchliche Einrichtungen, Dienststellen oder Stiftungen der Wohlfahrtsverbände ist das Betriebsverfassungsgesetz nicht anwendbar. Die betriebliche Interessenvertretung, genannt Mitarbeiter- bzw. Mitarbeitendenvertretung, wird in den katholischen und evangelischen Kirchengesetzen geregelt. Darin finden sich auch Regelungen zur Bildung eines Wirtschaftsausschusses. 

Martina Wendt | ifb

Stand:  29.7.2025
Lesezeit:  04:30 min

Rechtliche Grundlagen für die Mitarbeitervertretung 

Die Mitarbeitervertretung für Arbeitnehmer im kirchlichen Bereich ist durch das katholische und das evangelische Kirchengesetz geregelt. Dabei ist es unerheblich, welche Rechtsform der Arbeitgeber hat. 

Im Bereich der katholischen Kirche ist die Rechtsgrundlage die „Rahmenordnung für eine Mitarbeitervertretungsordnung“ in Verbindung mit Artikel 8 der Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse. Die deutschen Bischöfe verabschieden die Rahmenordnung (Rahmen-MAVO), um in der jeweiligen Diözese zu gelten muss sie zusätzlich vom Diözesanbischof in Kraft gesetzt werden.

In der evangelischen Kirche fußt die Mitarbeitervertretung auf dem „Kirchengesetz über die Mitarbeitendenvertretungen in der Evangelischen Kirche in Deutschland (Mitarbeitendenvertretungsgesetz – MVG-EKD), das von fast allen Landeskirchen übernommen wurde. 

Meist übernehmen die Diözesen bzw. die Landeskirchen die Texte der Rahmenverordnungen unverändert, sie können aber grundsätzlich auch davon abweichen und eigene Regelungen schaffen.

Informationen zu wirtschaftlichen Angelegenheiten im Bereich der katholischen Kirche

Bei den Informationen zu wirtschaftlichen Angelegenheiten im Rechtsbereich der katholischen Kirche kommt es auf die Mittelherkunft im Betrieb, auf dessen Größe und die gebildeten Mitbestimmungsgremien an. Ausschlaggebend für den Umfang dieser Informationen ist nach § 27a ff. Rahmen-MAVO in erster Linie die Finanzierungsquelle der Einrichtung. Nur wenn die Finanzierung

  • überwiegend durch Zuwendungen der öffentlichen Hand,
  • aus Leistungs- und Vergütungsvereinbarungen mit Kostenträgern oder
  • über Zahlungen sonstiger nichtkirchlicher Dritter

kommt, hat die Mitarbeitervertretung überhaupt ein Recht auf Informationen zu den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Je nachdem, wie viele Mitarbeiter im Unternehmen sind und ob eine (erweiterte) Gesamtmitarbeitervertretung gebildet wurde, besteht die Möglichkeit, einen Wirtschaftsausschuss in der Einrichtung zu bilden. Einen Überblick dazu finden Sie in folgender Tabelle: 

Ein wesentlicher Unterschied zu den betriebsverfassungsrechtlichen Gremien ist, dass das Auskunftsrecht zu wirtschaftlichen Angelegenheiten grundsätzlich bei der Mitarbeitervertretung selbst liegt. Diese hat die Möglichkeit, einen Wirtschaftsausschuss als spezialisiertes Gremium zu bilden. Der Ausschuss ist aber nicht die Voraussetzung dafür, dass überhaupt Informationen in Richtung der Mitarbeitervertretung fließen. Sind mehr als 50 Mitarbeiter regelmäßig in der Einrichtung beschäftigt, so muss der Dienstgeber die Mitarbeitervertretung in jedem Fall zumindest einmal im Jahr über die wirtschaftliche Lage informieren. Mit einem Wirtschaftsausschuss verbessert sich der Informationsanspruch für die Interessenvertreter aber grundlegend. 

Wirtschaftliche Angelegenheiten sind nach § 27a Abs. 2 der Rahmen-MAVO z. B. die wirtschaftliche und finanzielle Lage der Einrichtung, die Änderung der Arbeitsmethoden oder der Zusammenschluss mit anderen Einrichtungen. Ein besonderes Augenmerk ist auch hier auf die „Generalklausel“ unter § 27a Abs. 2 Nr. 9 der Rahmen-MAVO zu legen: „Sonstige Vorgänge und Vorhaben, welche die Interessen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Einrichtung wesentlich berühren können.“ Welche Entscheidung des Dienstgebers berührt die Interessen der Mitarbeiter nicht wesentlich? 

Der Wirtschaftsausschuss im Bereich der katholischen Kirche 

Sind 200 regelmäßig beschäftigte Mitarbeiter im Betrieb oder repräsentiert die (erweiterte) Gesamtmitarbeitervertretung mehr als 100 Mitarbeiter, so kann ein Wirtschaftsausschuss gebildet werden. Der Vorteil: Die Information über die wirtschaftliche Lage und alle damit zusammenhängenden Themen erfolgt nicht nur jährlich, sondern der Dienstgeber hat den Wirtschaftsausschuss „“rechtzeitig und umfassend (…) unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen zu unterrichten (…)“ (§ 27b Abs. 3 Rahmen-MAVO). Genauso wie der Mitarbeitervertretung sind dem Ausschuss dazu die erforderlichen Unterlagen vorzulegen. 

Die Mitglieder des Ausschusses werden nach § 27b Abs. 4 Rahmen-MAVO von der (erweiterten Gesamt-) Mitarbeitervertretung entsandt und sollen die fachliche und persönliche Eignung besitzen, um ihre Aufgabe zu erfüllen. Für die Entsendung kann die Mitarbeitervertretung auf alle in ihren Zuständigkeitsbereich fallenden Mitarbeiter zurückgreifen. 

Ausdrücklich geregelt ist aber auch, dass Personen in leitender Stellung (z. B. Einrichtungsleiter) in den Wirtschaftsausschuss berufen werden können (§ 27b Abs. 4 S. 1 Rahmen-MAVO). Der Wirtschaftsausschuss muss aus mindestens drei, höchstens aber sieben Mitgliedern bestehen, wovon ein Mitglied der Mitarbeitervertretung angehören muss. Im Gegensatz zum Betriebsverfassungsrecht ist in der Rahmen-MAVO klar geregelt, dass auch der Wirtschaftsausschuss einen Vorsitzenden zu wählen hat.  

Sitzungen des Wirtschaftsausschusses sollen mindestens vierteljährlich stattfinden, die Teilnahme des Dienstgebers oder seines Vertreters ist vorgesehen. Die Aufgabe des Wirtschaftsausschusses geht aus der Rahmen-MAVO ganz klar hervor: Sie hat mit dem Dienstgeber wirtschaftliche Angelegenheiten zu beraten und die Mitarbeitervertretung darüber zu informieren. Außerdem ist der Jahresabschluss dem Ausschuss unter Beteiligung der Mitarbeitervertretung zu erläutern.  

Informationen zu wirtschaftlichen Angelegenheiten im Bereich der evangelischen Kirche

Auch in rechtlich selbstständigen Einrichtungen der Diakonie hat die Mitarbeitervertretung das Recht, einmal im Jahr über die wirtschaftlichen Angelegenheiten der Einrichtung informiert zu werden, vorausgesetzt, es sind mehr als 150 Mitarbeiter beschäftigt. Wirtschaftliche Angelegenheiten sind nach § 34 Abs. 2 MVG-EKD z. B. die wirtschaftliche Lage der Dienststelle, Rationalisierungsvorhaben oder die Änderung des Stellenplanentwurfs. Besteht eine Gesamtmitarbeitervertretung, so steht dieser das Informationsrecht zu. 

Die Mitarbeitervertretung kann von der Dienststellenleitung auch verlangen, einmal im Kalendervierteljahr über die wirtschaftliche Lage informiert zu werden, allerdings muss sie dies begründen. Ein Grund hierfür könnte z. B. eine angespannte wirtschaftliche Lage sein, die einer häufigeren Aktualisierung bedarf oder laufende Organisationsveränderungen, die ein Mitbestimmungsrecht der Mitarbeitervertretung auslösen könnten. 

Der Wirtschaftsausschuss im Bereich der evangelischen Kirche 

Sind in rechtlich selbstständigen Einrichtungen der Diakonie mehr als 150 Mitarbeiter beschäftigt, so hat die Mitarbeitervertretung die Möglichkeit, einen Ausschuss für Wirtschaftsfragen nach § 23a Abs. 2MVG-EKD zu beschließen. Das Informationsrecht ist analog der Mitarbeitervertretung geregelt, allerdings muss der Ausschuss für Wirtschaftsfragen von der Dienststellenleitung „rechtzeitig und umfassen“ informiert werden. Das heißt, dass im Falle einer wichtigen Information zu den wirtschaftlichen Angelegenheiten nach § 34 Abs. 2 MVG-EKD die Dienststellenleitung aktiv auf den Ausschuss zugehen und ihn unter Aushändigung der erforderlichen Unterlagen frühzeitig informieren muss. Der Ausschuss wiederum hat die Aufgabe, die Mitarbeitervertretung über die Lage der Einrichtung zu informieren. 

Gemeinsamkeiten und Unterschiede im BetrVG, der Rahmen-MAVO und im MVG-EKD 

Trotz aller Unterschiede im Umfang und der Tiefe der Regelungen: In allen drei Bereichen der Interessenvertretung ist sich die regelungsgebende Stelle einig, dass wirtschaftliche Angelegenheiten wichtig für die Ausübung der Mitbestimmung sind und sieht unter bestimmten Voraussetzungen die Bildung eines spezialisierten Ausschusses vor. Ein gravierender Unterschied zwischen der kirchlichen und der betriebsverfassungsrechtlichen Regelung: Im Kirchenrecht steht der Informationsanspruch zur wirtschaftlichen Lage der Einrichtung grundsätzlich der Interessenvertretung zu. Diese hat die Möglichkeit, sich durch einen fachlich versierten Ausschuss in ihrer Arbeit unterstützen zu lassen. Die Bildung eines solchen Ausschusses ist daher auch nur eine Kann-Vorschrift, während im Betriebsverfassungsgesetz die Bildung eines Wirtschaftsausschusses Pflicht ist, wenn die entsprechende Mitarbeiterzahl überschritten ist. Der Grund hierfür ist, dass der Informationsanspruch zu wirtschaftlichen Angelegenheiten ausschließlich einem Wirtschaftsausschuss zusteht und auch erst auflebt, wenn dieser gebildet ist.

Auch die „rechtzeitige und umfassende“ Unterrichtung des Ausschusses über wirtschaftliche Angelegenheiten und deren Auswirkungen auf die Personalplanung ist in allen drei Regelungen vorgesehen. Während das Betriebsverfassungsgesetz und die Rahmen-MAVO allerdings nur von der „Vorlage“ der erforderlichen Unterlagen spricht, ist im MVG-EDK klar geregelt, dass die Unterlagen auszuhändigen sind. Der Ausschuss für wirtschaftliche Angelegenheiten dürfte also weniger Diskussionen haben, wenn es darum geht, ob er die vorgelegten Unterlagen behalten darf oder nicht.

Insgesamt ist festzustellen, dass das Betriebsverfassungsgesetz die umfangreichsten Regelungen zum Wirtschaftsausschuss hat, gefolgt von der Rahmen-MAVO der katholischen Kirche. Die Regelungen im MVG-EDK sind hingegen sehr überschaubar. Was aber allen gemein ist: Die Bildung eines spezialisierten Ausschusses für wirtschaftliche Themen ist vorgesehen und sollte von den jeweiligen Interessenvertretern daher auch genutzt werden. 

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