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News Betriebsratsvergütung Strafverfolgung wegen der Betriebsratsvergütung?

Strafverfolgung wegen der Betriebsratsvergütung?

Zur aktuellen Diskussion über die Vergütung von Betriebsräten

In letzter Zeit ist viel von der Betriebsratsvergütung die Rede. Aktuell liegt dazu der Vorschlag einer Experten-Kommission zur Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes vor (wir haben berichtet). Parallel dazu werden neuerliche Hausdurchsuchungen bei VW bekannt. Hintergrund ist das seit Jahren laufende Verfahren gegen VW-Manager wegen des Verdachts der Untreue wegen überhöhter Betriebsratsgehälter. Die Staatsanwaltschaft Braunschweig ermittelt weiter, nachdem der Bundesgerichtshof einen Freispruch des Landgerichts Braunschweig aufgehoben hatte. VW ist aber nur die Spitze eines Eisbergs, und manche Unternehmen fangen jetzt aus Angst vor Strafverfolgung damit an, Betriebsratsgehälter zu kürzen.

Stand:  17.10.2023
Lesezeit:  02:45 min
Vergütung Betriebsrat | © AdobeStock | khosrork

Von Markus Brandt

Wie kommt es überhaupt zu einer Strafverfolgung in Sachen BR-Vergütung, und welche Rolle spielt das Expertengremium der Bundesregierung? 
Wer als Manager seines Unternehmens Betriebsräten ein Gehalt bezahlt, das gegen gesetzliche Regeln verstößt, kann sich dadurch der Untreue zu Lasten seines Unternehmens strafbar machen. Stehen Gehälter von deutlich über einer halben Million Euro im Raum, so wie bei VW, dann sind Ermittlungen irgendwann unvermeidlich. Aber woraus folgt, dass diese Gehälter ungesetzlich sein könnten?

Ehrenamt heißt: Dafür gibt es überhaupt kein Geld.

Bekanntermaßen ein Ehrenamt

Das Betriebsratsamt wird bekanntlich ehrenamtlich ausgeführt. Das heißt: dafür gibt es überhaupt kein Geld. Das Betriebsratsmitglied arbeitet weiter im Betrieb und bekommt seine ganz normale Vergütung fortbezahlt. 
Nun wäre es blauäugig anzunehmen, dass die Tätigkeit als Betriebsrat nicht auch Auswirkungen auf die eigentliche Tätigkeit im Betrieb haben kann. Wer sich aber weniger im eigentlichen Job engagieren kann, weil er sich eben auch noch als Betriebsrat engagiert, soll dadurch keine Nachteile erleiden. Besonders relevant ist das für freigestellte Betriebsräte, denn die beziehen zwar im Prinzip auch ihr normales Gehalt weiter, sind aber mangels Mitarbeit im Betrieb aufgrund ihrer Freistellung manchmal ein halbes Berufsleben lang von der Entwicklung in ihrem eigentlichen Beruf abgekoppelt. Deshalb schreibt § 37 Abs. 4 BetrVG vor, dass ein Betriebsrat nicht weniger verdienen darf als ein vergleichbarer Arbeitnehmer bei betriebsüblicher beruflicher Entwicklung. Gleichzeitig führt aber § 78 BetrVG dazu, dass Betriebsräte nicht mehr verdienen dürfen als in § 37 Abs. 4 BetrVG geregelt, weil das sonst eine unzulässige Begünstigung wäre. Mit dem Begünstigungsverbot soll verhindert werden, dass sich Unternehmer die Gunst ihres Betriebsrats erkaufen können.

Denn natürlich gibt es nicht nur ein Grundgehalt, sondern Boni und Sonderzahlungen, Zulagen usw.

Zu wenig, zu viel?

Also: Nicht zu wenig, aber auch nicht zu viel. Vergleichbare Kollegen als Maßstab, aber auch die denkbare berufliche Entwicklung ist zu berücksichtigen. Man ahnt, wie schwer in der Praxis eine passende Vergütung zu finden ist. Denn natürlich gibt es nicht nur ein Grundgehalt, sondern Boni und Sonderzahlungen, Zulagen usw. Und man stelle sich nur mal kurz die Praxis vor: Da ist jemand vielleicht über Jahrzehnte in seinem Betriebsratsamt über sich selbst persönlich hinausgewachsen und verhandelt auf Augenhöhe mit den „big-playern“ der Wirtschaft – und soll genauso bezahlt werden, wie seine Ex-Kollegen am Fließband?
 

Knackpunkt der ganzen Debatte

Der Knackpunkt der ganzen Debatte ist also die Frage, ob Kenntnisse und Fertigkeiten, die ein Betriebsrat überhaupt erst durch seine Betriebsratstätigkeit erlangt, in der Vergütung Berücksichtigung finden dürfen, oder nicht.
Dazu sagt der Bundesgerichtshof (BGH) in dem erwähnten Strafverfahren: Nein, unter keinen Umständen. Im Prinzip sah es das Bundesarbeitsgericht (BAG) in seiner Rechtsprechung zuvor ähnlich, drehte aber argumentativ einige Pirouetten, die den Juristen als Einfallstor für so manche Kniffe diente. Nun hatte man es plötzlich mit zwei obersten Gerichten in der gleichen Frage zu tun. Zwar setzte sich der BGH auch mit der Rechtsprechung des BAG auseinander und zitierte diese sogar, dies jedoch in seinem Sinn.

Alles soll so bleiben wie es ist – nur besser.

Spätestens jetzt konnte die Bundesregierung nicht mehr verharren und formulierte diplomatisch: „Obgleich sich der Bundesgerichtshof in seiner Urteilsbegründung auch auf das Bundesarbeitsgericht bezieht, sind nicht alle Aspekte zur Bestimmung der Vergütung von Mitgliedern des Betriebsrats nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts deutlich geworden. “Darum sollte nun eine Expertenkommission Vorschläge für mehr Rechtssicherheit in der Betriebsratsvergütung entwickeln. Allerdings war der Auftrag sehr eng gefasst: „Ziel ist, unter Beibehaltung der bisherigen betriebsverfassungsrechtlichen Konzeption die diesbezüglich vielfältige, gute betriebliche Praxis abzusichern und einer bei langjährig amtierenden Mitgliedern des Betriebsrats nicht auszuschließenden Gefahr einer strukturellen Benachteiligung in deren beruflichen Entwicklung entgegenzuwirken, ohne das Ehrenamtsprinzip aufzugeben“. Das hört sich an wie „alles soll so bleiben wie es ist, nur besser.“

Forderungen des DGB

Schon vor längerer Zeit hatte der DGB in einem eigenen „Gesetzentwurf für ein modernes Betriebsverfassungsgesetz“ eine Ergänzung des § 37 Abs. 4 BetrVG vorgeschlagen: „Bei der Bemessung des Arbeitsentgeltes und der allgemeinen Zuwendungen sind auch die bei Wahrnehmung der Betriebsratstätigkeit erworbenen Qualifikationen und Erfahrungen wie auch die auf Dauer wahrgenommenen Aufgaben zu berücksichtigen.“ Der bereits erwähnte Knackpunkt wird hier offen und klar geregelt.

Die Experten der Bundesregierung sind diesem Vorschlag nicht gefolgt. Denn das reine Ehrenamtsprinzip stünde dem wohl entgegen. Darum fällt der Vorschlag der Experten für eine Ergänzung des bisherigen § 34 Abs. 4 BetrVG deutlich geringer aus:

„(...) Arbeitgeber und Betriebsrat können in einer Betriebsvereinbarung ein Verfahren zur Festlegung vergleichbarer Arbeitnehmer regeln. Die Konkretisierung der Vergleichbarkeit in einer solchen Betriebsvereinbarung kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden; gleiches gilt für die Festlegung der Vergleichspersonen, soweit sie einvernehmlich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat erfolgt und in Textform dokumentiert ist.“

Kern des Vorschlags: Regelung durch Betriebsvereinbarung 

Im wesentlich soll es also eine Art neue Regelungsbefugnis durch Betriebsvereinbarung geben, wobei eine freiwillige Betriebsvereinbarung zur Regelung der Betriebsratsvergütung an sich nichts neues ist. Entscheidend ist nur die Rechtssicherheit einer solchen Vereinbarung, indem sie (von Gericht) nur auf grobe Fehlerhaftigkeit hin überprüft werden kann. Damit soll im Prinzip der Staatsanwaltschaft vor der Tür ein Stoppschild vorgehalten werden können.

Damit endet aber auch schon das Neue an diesem Vorschlag. Denn auch der vorgeschlagene neue Satz 3 zu § 78 BetrVG (mit völlig unverständlichem Wortlaut) besagt nichts anderes, als das, was BAG schon lange urteilt: Eine unzulässige Begünstigung des Betriebsratsmitglieds liegt dann nicht vor, wenn es quasi hypothetisch neu eingruppiert, bewertet oder befördert wird, und theoretisch die Voraussetzungen für diese hypothetische Neubewertung erfüllt. Alles klar? Nein, aber dann sind Sie in guter Gesellschaft. Hätte, hätte, Fahrradkette, sagte mal ein bekannter Politiker. Beispiel: Wer vor 25 Jahren Mitarbeiter der „EDV-Abteilung“ gewesen ist, wäre der heute vielleicht Head of IT and Communication und kann als freigestellter Betriebsrat so bezahlt werden? 

Und somit dürfte uns das Thema Betriebsratsvergütung als Streitthema auch in Zukunft noch lange erhalten bleiben. (MB)

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