Beginnen wir mit den Fakten: Für die Arbeit als Betriebsrat gibt es gar kein Geld. Dies ist etwas, was viele Nicht-Betriebsräte erstaunt und immer wieder klargestellt werden muss. Betriebsräte führen ihr Amt unentgeltlich als Ehrenamt.
Für die Zeiten ihrer Betriebsratstätigkeit erhalten sie ihr normales Gehalt weiter. Es gibt also keinen Geldregen, sondern es wird nur das Entgelt gezahlt, das auch bei Betriebsratsarbeit angefallen wäre. Nachlesen kann man dies in § 37 Abs. 2 BetrVG, wonach Betriebsräte ohne Minderung des Arbeitsentgelts freigestellt sind. Zu dem fortzuzahlenden Gehalt gehören grundsätzlich auch Gehaltsbestandteile wie Zulagen, Zuschläge und Prämien.
Wie kommt es dennoch zu Spitzengehältern?
Wie kommt es aber, dass „Spitzenboni von Betriebsräten" immer wieder die Runde machen?
Hintergrund ist eine Regelung, die dem Schutz von Betriebsräten dient. Denn laut Betriebsverfassungsgesetz darf ihr Gehalt nicht geringer sein als das Gehalt „vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher Entwicklung". Eine wichtige Regelung, um eine Benachteiligung von Interessenvertretern auszuschließen.
Aber wie beurteilt man eine „betriebsübliche Entwicklung" bei freigestellten Betriebsräten? Zwei Methoden kommen in Betracht. Entweder es gibt vergleichbare Arbeitnehmer im Unternehmen – im Hinblick auf Alter, Qualifikation und Betriebszugehörigkeit. Gibt es die nicht und ist ein Betriebsrat schon lange freigestellt, hilft eine Prognose, welche Position er ohne Freistellung erreicht hätte. In seltenen Fällen kommt es dann – wie bei Bernd Osterloh – wegen sehr optimistischer Prognosen zu geradezu schwindelerregenden Summen mit den passenden Schlagzeilen. Bei VW ist damit seit dem letzten Jahr allerdings erstmal Schluss. Denn seit 2017 wurde bei VW wegen Untreue ermittelt, im Zuge dessen wurde Osterlohs Gehalt auf rund 96.000 € gedeckelt. Das Verfahren verlief am Ende im Sande - die Diskussion blieb.
Achtung, Begünstigung!
Das Thema Untreue hat natürlich ein „Geschmäckle", bietet Stoff für Zeitungsartikel und empörte Arbeitgeber ... und bleibt in den Köpfen. Denn neben der Benachteiligung von Betriebsräten gibt es noch eine andere Schranke: Das Verbot der Begünstigung von Betriebsräten. Und dieses Verbot ist ebenso wichtig wie das der Benachteiligung.
Vor einigen Jahren erschütterten Schlagzeilen zu Geliebten in Brasilien und Reisen im Firmenjet die BR-Landschaft und brachten das Ehrenamt in Verruf. Allerdings betreffen solche Schlagzeilen immer nur wenige Einzelfälle. Der Großteil der (freigestellten) Betriebsräte muss wohl eher dafür kämpfen, dass das Amt nicht das Ende der Gehaltsentwicklung bedeutet.
Mithalten bei der Gehaltsentwicklung
Und genau da fangen häufig die Probleme an. Wie hätte sich das Gehalt „theoretisch" entwickelt? Oft fehlt es an konkreten Zahlen, an denen sich der Betriebsrat orientieren kann. Gut zu wissen: Der Betriebsrat kann vom Arbeitgeber eine Auskunft über die Höhe des Gehalts vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung verlangen. Funktioniert das nicht, hilft letztlich nur eine Klage vor dem Arbeitsgericht.
Tipp: Betriebsübliche Beförderungen sind zu berücksichtigen! Steht lediglich eine Beförderungsstelle zur Verfügung, spielt diese dann eine Rolle, wenn sie nach den betrieblichen Auswahlkriterien gerade dem Betriebsratsmitglied hätte übertragen werden müssen.
Zeit für eine Neuregelung?
Intransparenz schürt Misstrauen, vor allem auch in der Belegschaft. Der mutmaßliche Verdacht der Käuflichkeit darf gar nicht erst auftauchen. Immer wieder wird daher der Ruf nach gesetzlichen Neuerungen zum Thema Betriebsratsvergütung laut. Sicherlich kein schlechter Gedanke. Denn mit den gestiegenen Anforderungen müssen Betriebsräte heute mehr denn je als Mediator, Co-Manager und Verhandlungsführer agieren. Außerdem würde eine neue, klare Rechtslage der Vergütung freigestellter Betriebsräte Mauscheleien erschweren und Unsicherheiten verringern.
In der vorletzten großen Koalition wollte Andrea Nahles einen Gesetzentwurf für eine bessere Betriebsratsvergütung auf den Weg bringen – scheiterte aber letztlich. Ziel war es, dass Arbeitnehmervertreter auch gemessen an ihrer Qualifikation als Arbeitnehmervertreter bezahlt werden sollten. Damit hätten Betriebsräte leichter ein übertarifliches Gehalt erhalten können. Kritiker fanden dies „mittelstandsfeindlich". Es fehlte am Ende an einer Einigung mit Wirtschaftsvertretern, die CDU boykottierte das Vorhaben.
So bleibt es aktuell leider Realität, dass zahlreiche Fortbildungen sowie viele Qualifikationen und Erfahrungen, die Betriebsräte in ihrer Amtszeit erwerben, nicht honoriert werden. Viele freigestellte Betriebsräte sind unterbezahlt. Es ist letztlich ganz sicher an der Zeit für eine Neuregelung. (cbo)