Keine Verlängerung geplant
Laut Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) gibt es keine Überlegungen dazu, ob und inwieweit dauerhaft die Möglichkeit der virtuellen Betriebsversammlung geschaffen werden soll.
Im Klartext heißt das: Alle zurück in die Firma oder in den gemieteten Saal zur Betriebsversammlung – Schluss mit moderner BR-Arbeit!
Und mit Einverständnis des Arbeitgebers?
Was aber ist, wenn im Unternehmen alle einverstanden sind mit den hybriden Betriebsversammlungen - auch der Arbeitgeber?
Das ändert leider nichts. Hierzu Bildungsreferentin Gabriele Lengauer: "Rechtlich gibt es aktuell keine Möglichkeit, eine Betriebsversammlung im Sinne des § 42 BetrVG (auch) online durchzuführen. Tun Sie das trotzdem – z. B. auf Grundlage einer freiwilligen Betriebsvereinbarung mit dem Arbeitgeber – handelt es sich nicht um eine Betriebsversammlung im Sinne des Gesetzes. Diese einmal im Quartal abzuhalten, ist aber Ihre Pflicht als Betriebsrat."
Was Betriebsräte davon halten
Für nicht wenige Betriebsratsgremien gehören digitale Betriebsversammlungen längst zum Standard, bieten sie doch einige Vorteile. Etwa in Unternehmen mit Mehrschichtsystemen können Mitarbeiter durch die Möglichkeit, sich online zuzuschalten, wesentlich einfacher teilnehmen.
Das sieht auch Kim Jeanny Diehl, seit 2012 Betriebsrätin bei der Isabellenhütte Heusler GmbH & Co. KG, so: „Wir haben durchwegs positive Erfahrung mit digitalen Betriebsversammlungen gemacht. Bei uns arbeiten Mitarbeiter im Dreischichtsystem, daher haben wir die Versammlungen immer schichtübergreifend zur Mittagszeit abgehalten.“ Das sei aber nicht der einzige positive Effekt der digitalen Veranstaltungen. „Wir haben den Mitarbeitern immer die Möglichkeit gegeben, Fragen zu sämtlichen Themen zu stellen. Während wir in Präsenzveranstaltungen maximal drei Wortmeldungen hatten, haben wir digital weit über 80 Fragen bekommen.“
Ganz davon abgesehen, gilt es für den Betriebsrat von Isabellenhütte Heusler, sich schon bald nach geeigneten Räumlichkeiten umzusehen, wie Kim Jeanny Diehl bestätigt: „Aufgrund unseres Wachstums haben wir mittlerweile auf dem Betriebsgelände gar keine Möglichkeit mehr, so viele Mitarbeiter in Präsenz unterzubekommen. Ausreichend große Hallen in der Umgebung sind leider auch rar. Wir wissen also zum jetzigen Zeitpunkt nicht, welche Örtlichkeit wir ab Sommer nutzen können.“ Noch haben sie die leise Hoffnung, dass der Gesetzgeber in Sachen digitale Betriebsversammlung nochmals umdenken könnte – quasi die Rolle rückwärts machen. Oder zumindest hybride Versammlungen zulässt, das würde laut Kim Jeanny Diehl schon helfen.
Ja, es ist Zeit für eine moderne Kehrtwende!
Warum gibt es dann eigentlich keine hybriden Betriebsversammlungen mehr? Die Vorteile liegen auf der Hand: Online lässt ein Teil der Belegschaft besser erreichen. Die Beteiligung ist einfach größer, insbesondere bei Schichtsystemen. Und nicht immer gibt es für Präsenzveranstaltungen einen gut erreichbaren Raum, der groß genug ist. Und dann ist da noch die Telearbeit: Immer mehr Unternehmen weiten „Home-Office“ aus. Wie gelingt es da, alle Schäfchen zusammenzutrommeln? Nicht zu vergessen, dass es in hybriden Veranstaltungen oftmals deutlich mehr Wortmeldungen gibt – per Chat und mit der Möglichkeit der Anonymität fällt das offensichtlich leichter. Die Umstellung von Präsenz auf (auch) virtuelle Veranstaltungen brachte im Ergebnis deutliche Verbesserungen mit sich.
Die Digitalisierung stockt also mal wieder bei den Betriebsräten – leider. Am Ende zählt aber nicht (nur) die Frage, ob eine Betriebsversammlung vor Ort stattfindet oder nicht, „sondern wie interessant und professionell die Betriebsversammlung und die Öffentlichkeitsarbeit des Betriebsrats ist“. Ein schwacher Trost – aber auch da ist etwas Wahres dran! (cbo/tis)