Höhere Sozialverantwortung = leistungsfähigere und gesündere Mitarbeiter
Die zentrale Erkenntnis des Fehlzeiten-Reports 2022 vom Wissenschaftlichen Institut der AOK (WIdO): Beschäftigte, die ihrem Unternehmen eine hohe Sozialverantwortung bescheinigen sind leistungsbereiter, zufriedener und gesünder! „Moderne Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber engagieren sich gesellschaftlich und übernehmen Verantwortung für die Gesundheit ihrer Beschäftigten. Gerade auch in den aktuellen Krisenzeiten“, betont Dr. Carola Reimann, Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes. Wie sie ergänzt, seien dagegen Unternehmen, die die Gesundheit ihrer Beschäftigen immer noch für deren Privatsphäre halten, längst „old school“.
Aber wie hängt die Unternehmensverantwortung mit der Gesundheit der Beschäftigten zusammen? Für den Fehlzeiten-Report wurden 2.500 Erwerbstätige ausgewählt, befragt und in zwei Gruppen geteilt. Einmal in die, die ihrem Betrieb eine niedrige Sozialverantwortung bescheinigen und in eine weitere, die das Verantwortungsbewusstsein ihres Arbeitgebers als hoch einschätzen. Das Ergebnis zeigt, dass je verantwortungsvoller Mitarbeiter ihr Unternehmen empfinden, desto positiver bewerten sie ihre Arbeitsmotivation und Gesundheit. Beschäftigte, die ihren Arbeitgeber als besonders verantwortungsvoll sehen, schätzen zu 96,7 Prozent ihre eigene Leistungsbereitschaft als hoch ein, ebenso wie zu 95,6 Prozent ihre Verbundenheit mit dem Unternehmen sowie zu 96,5 Prozent die Arbeitszufriedenheit. Zum Vergleich weisen die Arbeitnehmer, die eine niedrige Unternehmensverantwortung wahrnehmen, in allen drei Kategorien deutlich geringere Wert auf: Nur 76,4 Prozent attestieren sich eine hohe Leistungsbereitschaft, 60,6 Prozent eine hohe Unternehmensverbundenheit und 69,4 Prozent eine hohe Arbeitszufriedenheit.
Weniger Krankentage bei sozial geführten Unternehmen
Weitaus interessanter sind indes die Zusammenhänge hinsichtlich gesundheitlicher Beschwerden. Diejenige Beschäftigungsgruppe, die eine hohe Unternehmensverantwortung wahrnimmt, empfinden weniger emotionale Belastungen. 86,1 Prozent der Befragten erleben keine oder nur ganz selten Wut und Verärgerung im Arbeitsleben. In der Vergleichsgruppe sind es lediglich 45,1 Prozent. Ähnlich sieht es bei psychosomatischen Beschwerden wie Erschöpfung oder Schlafstörung aus. Bei den körperlichen Beschwerden wie Rücken- und Gelenkbeschwerden oder Kopfschmerzen ist der Unterschied zwar nicht mehr so deutlich, aber immer noch klar erkennbar. All das spiegelt sich in den Fehltagen der letzten zwölf Monate wider. Im Schnitt fehlten Arbeitnehmer, die eine positive Unternehmensverantwortung registrieren mit 9,7 krankheitsbedingten Tagen wesentlich weniger als jene, die diese Verantwortung als schlecht einstufen, mit 14,2 Tagen.
Ständig fehlendes oder krankes Personal gefährdet den Unternehmenserfolg, das Ansehen und die Produktivität.
Dr. Carola Reimann, Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes
Mehr als Corporate Social Responsibility?!
Unter sozialer Unternehmensverantwortung versteht Helmut Schröder, Mitherausgeber des Fehlzeiten-Reports und stellvertretender WIdO-Geschäftsführer, im Übrigen mehr als die sogenannte „Corporate Social Responsibility“, also den fairen Umgang mit allen Beteiligten, dem gesellschaftlichen Engagement und dem Umweltschutz. „Verantwortungsvolle Unternehmen sollten die Gesundheit der Beschäftigten nicht aus den Augen verlieren und nachhaltig in gesundheitsorientierte Führung sowie Angebote der betrieblichen Gesundheitsförderung investieren.“ Neben den aktuellen Krisen, die zu einigen Stresstests in den Beziehungen Unternehmensleitung/Beschäftigten führen, ist allen voran wegen des Arbeitskräftemangels ein ansprechendes Betriebliches Gesundheitsmanagement nötig. Das sieht auch AOK-Verbandschefin Dr. Carola Reimann so: „Ständig fehlendes oder krankes Personal gefährdet den Unternehmenserfolg, das Ansehen und die Produktivität.“ Umso wichtiger, da die Pandemie – auch das wird im Fehlzeiten-Report thematisiert – ohnehin einen negativen Effekt auf Gesundheit und Psyche der Erwerbstätigen hat. Und dies betrifft sowohl körperliche als auch psychosomatische oder emotionale Beschwerden.
Fehlzeitenreport: Was wird untersucht?
Der Fehlzeiten-Report wird bereits seit 1999 alljährlich vom WIdO, der Universität Bielefeld und der Berliner Hochschule für Technik herausgegeben. Dabei wird der Fokus stets auf ein aktuelles Schwerpunktthema aus dem Bereich des Gesundheitsmanagements gerichtet; diesmal auf die Frage, wie Unternehmensverantwortung und die Gesundheit von Mitarbeitern zusammenhängen. Zudem soll der Fehlzeiten-Report detaillierte Auswertungen zum aktuellen Arbeitsunfähigkeitsgeschehen liefern und einen differenzierten Blick auf die Arbeitnehmergesundheit in Deutschland ermöglichen. Solche Analysen zu Arbeitsunfähigkeiten sind häufig Teil jährlicher Gesundheitsreports, die nahezu alle namhaften Krankenkassen veröffentlichen. Der Fehlzeiten-Report des WIdO gilt als eines der wichtigsten Veröffentlichungen zum Thema Krankenstand. (tis)