Der Aufsichtsrat bildet eines von drei Organen der Gesellschaft. Das Leitungsorgan (Vorstand/Geschäftsführung) kann aus einer Person bestehen. Ebenso kann die Gesellschafterversammlung und - selten – die Hauptversammlung aus einer Person bestehen, wenn die Anteile (Aktien/GmbH-Anteile) alle in einer Hand liegen. Einer Geschäftsordnung bedarf es dann nicht.
Einem Aufsichtsrat gehören hingegen immer mehrere Personen an. Es handelt sich um ein Gremium. Deshalb empfiehlt der Deutsche Corporate Governance Kodex in seiner Ziffer 5.1.3 dem Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft, sich eine Geschäftsordnung zu geben. In seiner Präambel legt der Kodex deren Erlass auch den nicht börsennotierten Gesellschaften nahe. Zu diesen Gesellschaften gehören insbesondere die Gesellschaften mit beschränkter Haftung.
Die Geschäftsordnung des Aufsichtsrats
Der mögliche Inhalt einer Geschäftsordnung ist manchem Aufsichtsratsmitglied aus der Betriebsratsarbeit bekannt. Es handelt sich um Fragen der Organisation der eigenen Arbeit, z. B. der Bestellung und Befugnisse eines Vorsitzenden, von Ausschüssen, der Beschlussfassung und der Sitzungsniederschrift.
Zu beachten ist, dass das Aktiengesetz, z.B. in § 107 Absatz 2 betreffend Form und Inhalt der Sitzungsniederschrift bindende Vorgaben für eine Geschäftsordnung regeln kann. Eher häufiger finden diese sich jedoch in der Satzung/ dem Gesellschaftsvertrag der jeweiligen Gesellschaft, z.B. dass bestimmte Geschäfte der Zustimmung des Aufsichtsrats bedürfen. Dann kann der Aufsichtsrat solche für ihn bindende (§ 77 Abs. 2 Satz 2 AktG in entsprechender Anwendung) Vorgaben in seiner Geschäftsordnung nicht ändern. Er kann diese aber ergänzen, z.B. weitere zustimmungspflichtige Geschäfte benennen. In der Praxis sollten sowohl die gesetzlich vorgesehenen Bestimmungen über die Geschäftsordnung, z.B. § 110 AktG wie auch satzungsmäßige Vorgaben in die Geschäftsordnung des Aufsichtsrats eingearbeitet werden. Nur so ergibt sich für das einzelne Aufsichtsratsmitglied aus der Geschäftsordnung ein vollständiges Bild aller geltenden Regelungen. Diese Praxis folgt dem „Prinzip der Vollständigkeit“.
Die Geschäftsordnung des Aufsichtsrats wird im Geltungsbereich des Mitbestimmungsgesetzes unabänderlich mit einfacher Stimmenmehrheit beschlossen, ergänzt oder geändert. Dabei kann der Vorsitzende des Aufsichtsrats unter der Voraussetzung des § 29 Abs. 2 MitbestG seine Zweitstimme einsetzen. In Gesellschaften mit unter 2000 Arbeitnehmern kann die Satzung - nicht der Aufsichtsrat selbst – für den Erlass einer Geschäftsordnung des Aufsichtsrats eine qualifizierte Mehrheit der Mitglieder des Aufsichtsrats vorsehen. Nach Ziffer 5.6 des Deutschen Corporate Governance Kodex soll der Aufsichtsrat regelmäßig die Praxistauglichkeit der Bestimmungen seiner Geschäftsordnung prüfen.
Aufgaben des Aufsichtsratsvorsitzenden
Der Aufsichtsrat muss einen Vorsitzenden und einen stellvertretenden Vorsitzenden wählen. Für Gesellschaften mit mehr als 2000 Arbeitnehmern enthalten § 27 und § 29 Abs. 2 MitbestG dazu zwingende Sondervorschriften. In den übrigen Gesellschaften kann die Satzung Vorgaben zum Wahlverfahren, z.B. geheim und den erforderlichen Mehrheiten, z.B. 2/3, enthalten. Andernfalls gilt das Prinzip der einfachen Mehrheit. Wie bei der Wahl des Betriebsratsvorsitzenden kann der Kandidat selbst an der Abstimmung teilnehmen.
Zu den Aufgaben des Vorsitzenden gehören aufsichtsratsinterne Angelegenheiten. Dazu zählen die Vorbereitung, Einberufung und Durchführung der Sitzungen des Aufsichtsrats. Auch zur Aufhebung oder Verlegung einer Sitzung oder der Änderung einer Tagesordnung ist der Vorsitzende befugt. Ein Mehrheitsbeschluss des Aufsichtsratsgremiums hat jedoch immer Vorrang vor der Entscheidung des Vorsitzenden, z.B. in Bezug auf eine Änderung der Reihenfolge der Tagesordnungspunkte. Die Situation ist derjenigen der Stellung des Vorsitzenden in einem Betriebsratsgremium vergleichbar.
Weitere Aufgaben des Vorsitzenden bestehen im Kontakt zu den anderen Organen der Gesellschaft, z.B. dem Vorstand / den Geschäftsführern oder der Abgabe von Erklärungen in der Hauptversammlung. Immer gilt jedoch, dass der Aufsichtsrat ein reines Innenorgan der Gesellschaft ist. Nach Außen wird die Gesellschaft nur durch den Vorstand/ GF vertreten, nicht jedoch durch den Aufsichtsratsvorsitzenden.
Nach Grundsatz 14 und den Empfehlungen D.2 des Deutschen Corporate Governance Kodex soll der Aufsichtsrat zur Steigerung der Effizienz seiner Arbeit Ausschüsse bilden. Diese sollen wie den aus der Betriebsratsarbeit bekannten Ausschüssen bestimmte Aufgaben übertragen werden. Unter Beachtung der Grenzen des § 107 Abs. 3 Satz 3 AktG können einem Ausschuss auch Entscheidungsbefugnisse eingeräumt werden. In der Praxis am Häufigsten ist der Präsidialausschuss anzutreffen. Dieser bereitet die Auswahl der Vorstandsmitglieder vor und handelt deren Vertragsbedingungen aus.
Die Stimmbotschaft im Aufsichtsrat
Bei der personellen Besetzung der Ausschüsse darf das im Mitbestimmungsgesetz und im Drittelbeteiligungsgesetz verankerte Prinzip der Arbeitnehmerbeteiligung nicht ausgeschaltet werden. Demgemäß haben die Arbeitnehmervertreter Anspruch auf die Hälfte oder ein Drittel der Sitze im Ausschuss. Auch einem Ausschuss nicht angehörende Aufsichtsratsmitglieder haben nach § 109 Abs. 2 AktG ein Recht auf Teilnahme an den Ausschusssitzungen.
In den Sitzungen des Aufsichtsrats werden Beschlüsse regelmäßig mit einfacher Stimmenmehrheit gefasst. Eine Besonderheit bildet die Beteiligung an einer Abstimmung per „Stimmbotschaft“. Dabei übergibt ein anderer Sitzungsteilnehmer, z.B. ein anderes Aufsichtsratsmitglied, vergleichbar einem Boten eine unterschriebene „Ja“ oder „Nein“ Stimme eines abwesenden Aufsichtsratsmitglieds zu einem bestimmten Tagesordnungspunkt. Nach § 108 Abs. 4 AktG sind auch schriftliche oder fernmündliche Abstimmungen zulässig. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass die Aufsichtsratsmitglieder in der Regel nicht am Sitz des Unternehmen anwesend sind.