Die deutsche Mitbestimmung bei internationalen Unternehmen sei diskriminierend, so lautete der Vorwurf Erzbergers. Begründung: Von den ca. 50. 000 TUI-Beschäftigten arbeiten 80 % in einem anderen EU-Mitgliedstaat. Diese blieben bei Aufsichtsratswahlen deutscher Konzerne außen vor. Zudem würde das fehlende Wahlrecht den beruflichen Wechsel Deutscher ins Ausland weniger attraktiv machen.
Kein Verstoß
Dieser Argumentation folgte der EuGH letztlich nicht: Die Beschränkung des Wahlrechts auf in Deutschland beschäftigte Arbeitnehmer sei kein Verstoß gegen die Arbeitnehmerfreizügigkeit. Zum Glück, der Tag dieser Entscheidung war ein guter Tag für die Mitbestimmung.
Ein Grund zum Aufatmen?
Erfreulich ist, dass die Richter des EuGH ausdrücklich klargestellt haben, dass die vier Grundfreiheiten (siehe Kasten) nicht dazu gedacht sind, sämtliche Unterschiede zwischen den Sozialordnungen der Mitgliedstaatlichen zu eliminieren. Denn Europas Gerichtshof verschob in den letzten Jahren das Pendel zwischen EU und nationalem Recht immer wieder zugunsten der EU. Man denke nur an den Fall Laval, in dem das Streikrecht für einen Mindestlohn wegen der „Freiheit der Dienstleistungen" vom EuGH gekippt wurde (C-341/05).
Ob der Trend des EuGH damit aber gestoppt ist und es langfristig einen Grund zum Aufatmen gibt, das wird sich erst mit den nächsten Fällen zeigen. Denn allein dass es im TUI-Fall so weit kommen konnte, ist schon mehr als bedenklich. Ein Einzelner mit äußerst fragwürdigen Motiven hat es geschafft, demokratische und ungemein wichtige Arbeitnehmerrechte in Frage zu stellen. Mitbestimmung am seidenen Faden – diesmal ist nichts gerissen. (CB)