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Betriebsratsvergütung und Vertrauensarbeitszeit

Die rechtlichen Fragen rund um die Betriebsratsvergütung sind noch lange nicht alle ausgereizt. Das zeigt ein aktuelles Urteil des Arbeitsgerichts in Bonn, das sich mit der besonderen Konstellation von Zuschlägen für Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit bei einem Betriebsratsvorsitzenden in Vertrauensarbeitszeit befasst.

Arbeitsgericht Bonn, Urteil vom 29.05.2024, 5 Ca 1386/22

Stand:  1.10.2024
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Das ist passiert

Die Parteien streiten über die Höhe der Vergütung eines Betriebsratsvorsitzenden seit April 2022. Der klagende Betriebsratsvorsitzende war in diesem Zeitraum überwiegend nicht freigestellt. Vor Amtseintritt war er als Abteilungsleiter in Vertrauensarbeitszeit beschäftigt und beanspruchte seine Arbeitszeit auch außerhalb der Freistellung nahezu ausschließlich für Betriebsratstätigkeiten. Diese verrichtete er fast vollständig außerhalb zuschlagpflichtiger Zeiten. Im Übrigen meldete er sich in der Regel wochenweise per E-Mail aufgrund vorrangiger Betriebsratstätigkeiten und unter Verweis auf die Vertrauensarbeitszeitvereinbarung von der Arbeit ab. 

Der Kläger teilte seinem Arbeitgeber sodann mit, welche zuschlagspflichtigen Arbeitszeiten er aufgrund seiner Betriebsratstätigkeit nicht geleistet hätte und forderte die Beklagte auf, entsprechende Zuschläge für diese Zeiten auszuzahlen. Sein Argument: Die Vertrauensarbeitszeitregelung könne nicht dazu führen, dass Zuschläge nicht mehr zu zahlen seien. Er vertrat die Ansicht, dass ihm jeweils Zuschläge auf Basis seiner Selbsteinteilung der Arbeitszeit in der von ihm beantragten Höhe zustünden. Die Beklagte meinte dagegen, die „fiktive“ Arbeitseinteilung hätte der Kläger nicht vornehmen dürfen, da sie nicht ansatzweise mit seinen Arbeitsaufgaben zu rechtfertigen sei. Sie sei pflichtwidrig und sachfremd gewesen. Ziel seiner Planungen sei es vielmehr allein gewesen, möglichst hohe Zahlungen für angeblich entgangene Zuschläge fordern zu können.

Das entschied das Gericht

Das Gericht wies die Klage ab. Dem Kläger sei es nicht gelungen, solche Tatsachen hinreichend darzulegen, die eine Berechnung der beanspruchten Zuschläge nach dem Lohnausfallprinzip ermöglichten. Entweder würden die Zuschläge nach Maßgabe der tatsächlichen Arbeits- bzw. Betriebsratszeiten monatlich spitz abgerechnet, oder aber es finde eine Pauschalierung statt, die jedoch einen längeren, repräsentativen Zeitraum vor der Amtsübernahme in den Blick zu nehmen hätte. Beides habe der Kläger nicht darlegen können.

Bedeutung für die Praxis

Das extrem komplizierte Verfahren mit insgesamt 46 (!) Klageanträgen ist hier nur andeutungsweise wiedergegeben. Im Kern sagt der Kläger sinngemäß vereinfacht: Ich komme wegen meiner Betriebsratstätigkeit gar nicht dazu, meine Arbeit zu erledigen. Aber wenn ich sie erledigt hätte, dann wären kraft meiner eigenen Selbsteinteilung in der Vertrauensarbeitszeit die von mir angegeben zuschlagspflichtigen Zeiten angefallen. Die solle der Arbeitgeber daher bezahlen. Dieser Fall ist also noch ein ganzes Stück weit pointierter, als der Fall des LAG Hessen, bei dem ein Betriebsratsmitglied, das eigenverantwortlich aus einem Wechselschichtmodell in ein Arbeitszeitmodell ohne zuschlagpflichtige Zeiten wechselt keine Zuschläge für Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit mehr bekam. Auf diesen Fall beruft sich jetzt auch das Arbeitsgericht Bonn und sieht beide Fälle als vergleichbar an. Dieses Urteil (LAG-Hessen,13.06.2023 – 12 Sa 1293/22) hatten wir hier vorgestellt: Keine Schichtzuschläge für BR-Tätigkeit in den üblichen Bürostunden

Allerdings ist das Urteil des LAG Hessen aktuell in Revision beim BAG, und auch das Arbeitsgericht Bonn hat zu seinem Urteil die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Grund: Bislang sei in der Rechtsprechung nicht geklärt, wie sich Vertrauensarbeitszeitmodelle auf die Betriebsratsvergütung im Einzelnen auswirken.

Man darf also gespannt bleiben, wie sich die weitere Rechtsprechung entwickelt. (mb)

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