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Wann darf der Arbeitgeber einen Antrag auf Teilzeit ablehnen?

Eine Filialleiterin beantragte die Reduzierung ihrer Arbeitszeit nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz. Die Arbeitgeberin lehnte das Teilzeitverlangen mit der Begründung ab, dass die Position als Filialleitung nur in Vollzeit vorgesehen sei. Dieses Argument reicht nicht als Ablehnungsgrund, entschied das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern.

Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 26. September 2023, 2 Sa 29/23 

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Redaktion
Stand:  25.3.2024
Lesezeit:  01:45 min
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Das ist passiert

Die Arbeitgeberin betreibt ein Einzelhandelsunternehmen mit bundesweit über 340 Filialen und mehr als 6.000 Beschäftigten. Die Arbeitnehmerin ist bei der Arbeitgeberin seit circa 25 Jahren beschäftigt, zuletzt als Marktleiterin.  Die Arbeitnehmerin beantragte bei der Arbeitgeberin eine Verringerung der Arbeitszeit von 39 auf 32 Stunden pro Woche und eine Verteilung auf vier Arbeitstage pro Woche. Die Arbeitgeberin lehnte den Antrag auf Teilzeit mit der Begründung ab, dass eine Beschäftigung in Vollzeit bei ihr die Voraussetzung für die Führung und Organisation eines Marktes sei. Das gelte bei ihr für alle Führungspositionen. Sie wolle damit die größtmögliche Präsenz der jeweiligen Marktleitung sicherstellen. Dafür sei erforderlich, dass eine Marktleitung an mindestens fünf Arbeitstagen pro Woche für die Mitarbeiter ansprechbar sei. Damit stehe ihr betriebliches Organisationskonzept dem Teilzeitbegehren der Arbeitnehmerin entgegen. Außerdem habe sich die Arbeitgeberin erfolglos darum bemüht, eine Marktleitung auf Basis von sieben Stunden pro Woche einzustellen. Die Arbeitnehmerin ist der Meinung, ihrem Teilzeitbegehren stünden keinerlei betriebliche Gründe entgegen. Sie klagt vor dem Arbeitsgericht auf die gewünschte Verringerung der Arbeitszeit. 

Das entschied das Gericht

Die Arbeitnehmerin bekam sowohl vor dem Arbeitsgericht als auch vor Landesarbeitsgericht (LAG) Recht. Der Anspruch der Arbeitnehmerin auf die begehrte Teilzeit ergibt sich aus § 8 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG). Dem Teilzeitbegehren der Arbeitnehmerin stehen keine betrieblichen Gründe im Sinne des § 8 Abs. 4 S. 1 TzBfG entgegen. Die Prüfung, ob betriebliche Gründe entgegenstehen, wurde entsprechend der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) in drei Stufen vorgenommen.  

1. Stufe: Zuerst ist zu klären, ob die vom Arbeitgeber als erforderlich angesehene Arbeitszeitregelung überhaupt als ein betriebliches Organisationskonzept zu werten ist. 

2. Stufe: Gibt es ein betriebliches Organisationskonzept, muss geklärt werden, inwieweit die daraus resultierende Arbeitszeitregelung dem Teilzeitverlangen tatsächlich entgegensteht. 

3. Stufe: Zuletzt wäre dann zu prüfen, ob das betriebliche Organisationskonzept durch die vom Arbeitnehmer gewünschte Abweichung wesentlich beeinträchtigt wird.  

Die Richter kamen in diesem Fall zu folgendem Ergebnis: Die unternehmerische Zielsetzung der Arbeitgeberin, Leitungspositionen nicht mit Teilzeitbeschäftigten zu besetzen, stelle bereits kein Organisationskonzept im Sinne des § 8 Abs. 4 S. 2 TzBfG dar. Sonst könne die Arbeitgeberin jeden Antrag auf Verringerung der Arbeitszeit einfach nur mit dem Argument ablehnen, sie wolle nur Vollzeitarbeitnehmer in bestimmten Positionen beschäftigen. Doch selbst wenn ein Organisationskonzept gegeben sein sollte, sei es letztlich der Arbeitgeberin nicht gelungen, die entgegenstehenden betrieblichen Gründe konkret darlegen. Es muss erkennbar sein, welche konkreten Beeinträchtigungen durch den Teilzeitantrag auf die betrieblichen Abläufe zu befürchten sind. Ob die Arbeitnehmerin 39 oder 32 Stunden pro Woche arbeitet - so oder so ist sie nicht während der gesamten Öffnungszeit im Markt anwesend und andere Mitarbeiter übernehmen in dieser Zeit die Schichtleitung. Warum dann bei einer Arbeitszeit von sieben Stunden weniger pro Woche eine Vertretungsregelung nicht möglich sein sollte, sei nicht ersichtlich. Außerdem übernehme die Arbeitnehmerin nicht nur Leitungsaufgaben, sondern auch andere Tätigkeiten. Warum die konkreten Führungsaufgaben nicht auch in 32 Stunden erledigt werden können, habe die Arbeitgeberin nicht begründet.

Hintergrund und Bedeutung für die Praxis

Das LAG orientiert sich in seinem Urteil an verschiedenen Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts (BAG). Auf zwei der höchstrichterlichen Entscheidungen sei an dieser Stelle hingewiesen: Das BAG hat in seinem Urteil vom 20. Januar 2015 (Az. 9 AZR 735/13) klargestellt, dass ein betrieblicher Grund, der gegen einen Antrag auf Teilzeit spricht, insbesondere dann vorliegt, wenn die Umsetzung des Arbeitszeitverlangens die Organisation, den Arbeitsablauf oder die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt oder unverhältnismäßige Kosten verursacht. Insoweit genüge es, wenn der Arbeitgeber rational nachvollziehbare, hinreichend gewichtige Gründe hat, der Verringerung der Arbeitszeit nicht zuzustimmen. Mit seinem Urteil vom 24. Juni 2008 (Az. 9 AZR 313/07) hat das BAG verdeutlicht, dass der Arbeitgeber die Ablehnung von Teilzeit jedoch nicht allein mit seiner abweichenden unternehmerischen Vorstellung von der „richtigen Arbeitszeit(-Verteilung)“ begründen kann. (jf)

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