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Müssen Feuerwehrleute während der Alarmbereitschaft in einem Umkreis von 12 km bleiben und bei einem Alarm in der Lage sein, innerhalb von 90 Sekunden auszurücken, dann ist die Bereitschaftszeit als Arbeitszeit zu werten. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) begründet diese Entscheidung insbesondere mit der gravierenden Einschränkung der Zeiteinteilung. Die Feuerwehrleute bekommen eine finanzielle Entschädigung für die Zeiten, die über der wöchentlichen Höchstarbeitszeit von 48 Stunden liegen.
Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Urteile vom 30.09.2024, 6 A 856/23 und 6 A 857/23
Die Alarmbereitschaftszeiten bei der Mülheimer Feuerwehr werden als 24-Stunden-Dienste geleistet. Den Feuerwehrleuten wird kein bestimmter Aufenthaltsort vorgegeben. Sie dürfen sich allerdings nur in einem Radius von 12 km um die Schlossbrücke in Mülheim an der Ruhr bewegen. Im Alarmierungsfall müssen sie „sofort“ mit dem zur Verfügung gestellten Dienstfahrzeug ausrücken. Unter „sofort“ ist nach der Alarm- und Ausrückordnung eine Ausrückzeit von maximal 90 Sekunden zu verstehen.
Zwei Feuerwehrleute verlangten für den Zeitraum September 2013 bis Oktober 2023 bzw. Februar 2019 bis Ende 2023 eine Entschädigung für die geleisteten Alarmbereitschaftszeiten, die über die wöchentliche Höchstarbeitszeit von 48 Stunden hinausgingen.
Erst durch das OVG, also in 2. Instanz, bekamen die beiden Feuerwehrleute Recht. Für seine Einschätzung orientierte sich der Senat an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zum Bereitschaftsdienst. Er entschied, dass die im sogenannten Direktions- bzw. Hintergrunddienst geleisteten Alarmbereitschaftszeiten in vollem Umfang als Arbeitszeit einzustufen seien. Denn die kurze Reaktionszeit von 90 Sekunden schränke die Zeitplanung der Feuerwehrleute während des Hintergrunddienstes gravierend ein.
Durch die Einstufung der Alarmbereitschaftszeiten als Arbeitszeit überstieg die Arbeitszeit der Feuerwehrleute in den angegebenen Zeiträumen regelmäßig die zulässige wöchentliche Höchstarbeitszeit von 48 Stunden. Die Feuerwehrleute erhalten eine Entschädigung für die Zeiten, die über die 48 Stunden hinausgehen. Die ursprünglich geforderte Gewährung von Freizeitausgleich war laut der beklagten Stadt nicht möglich.
Grundsätzlich bedeutet Rufbereitschaft, dass der Arbeitnehmer erreichbar sein und in der Lage sein muss, die Arbeit zügig aufzunehmen. Dabei wird dem Arbeitnehmer kein fester Ort vorgegeben. Doch wann zählt Rufbereitschaft als Arbeitszeit und wann nicht? Darüber wird bis hin zum EuGH sogar häufiger gestritten. Erst wenn der Arbeitnehmer laut den Vorgaben des Arbeitgebers innerhalb kürzester Zeit zur Verfügung stehen muss oder durch geographische Vorgaben zu stark in seiner Freizeitgestaltung eingeschränkt wird, ist Rufbereitschaft als Arbeitszeit zu werten. Dabei kommt es auf eine Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls an. Eine relative kurze Reaktionszeit reicht alleine nicht unbedingt aus, um per se von einer Bewertung der Rufbereitschaft als Arbeitszeit auszugehen. Die Einschränkungen durch die Rufbereitschaft müssen den Arbeitnehmer erheblich beeinträchtigen. Bei einem belgischen Feuerwehrmann, der während seiner Rufbereitschaft innerhalb von 8 Minuten am Arbeitsort eintreffen musste, hat der EuGH in einem Urteil von 2018 die Einstufung als Arbeitszeit bejaht. Unabhängig von der Frage, ob es sich bei der Rufbereitschaft um Arbeitszeit handelt, muss übrigens beurteilt werden, wie diese Zeiten zu vergüten sind. (jf)