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Eine schwerbehinderte Arbeitnehmerin wird betriebsbedingt gekündigt. Dürfen ihre krankheitsbedingten Ausfallzeiten bei der Sozialauswahl berücksichtigt werden? Scheinbar keine einfache Frage, denn Landes- und Bundesarbeitsgericht vertreten unterschiedliche Meinungen.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 31.05.2007 – 2 AZR 306/06
Eine schwerbehinderte Arbeitnehmerin war seit 1991 als Wirtschaftshilfe in einem Krankenhaus beschäftigt. Ursprünglich war sie mit Reinigungs- und Servicearbeiten auf der Intensivstation befasst. Nach einem Herzinfarkt arbeitete sie seit 1999 in der Wäscherei des Krankenhauses. Seither wies sie erhebliche Arbeitsunfähigkeitszeiten auf.
Anfang 2004 beschloss die Arbeitgeberin, die Wäschearbeiten von einem Drittunternehmen ausführen zu lassen und die Wäscherei zu schließen. Deshalb kündigte sie nach Zustimmung des Integrationsamtes das Arbeitsverhältnis der Arbeitnehmerin fristgemäß.
Hiergegen erhob die Arbeitnehmerin eine Kündigungsschutzklage. Ihrer Ansicht nach war die Kündigung unter anderem deshalb unwirksam, weil die Sozialauswahl fehlerhaft gewesen sei. Denn die Arbeitgeberin habe die auf der Intensivstation beschäftigten Kollegen, insbesondere die sozial stärkere Frau N., bei der Sozialauswahl nicht berücksichtigt.
Das Landesarbeitsgericht wies die Kündigungsschutzklage ab. Demnach sei Frau N. nicht in die Sozialauswahl einzubeziehen gewesen, weil ihre Weiterbeschäftigung angesichts der hohen Krankheitsanfälligkeit der gekündigten Arbeitnehmerin im berechtigten betrieblichen Interesse liege. Dem ist das Bundesarbeitsgericht jedoch nicht gefolgt und entschied:
Bei einer betriebsbedingten Kündigung hat die Auswahl der Arbeitnehmer, die für eine Entlassung in Betracht kommen, nach sozialen Gesichtspunkten zu erfolgen. Die Merkmale hierfür sind: Dauer der Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Unterhaltspflichten und Schwerbehinderung. Berücksichtigt ein Arbeitgeber diese bei der Auswahl des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend, so ist die ausgesprochene Kündigung unwirksam (§ 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG).
Nicht in diese soziale Auswahl einzubeziehen sind in der Tat Arbeitnehmer, deren Weiterbeschäftigung im berechtigten betrieblichen Interesse liegt (§ 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG).
Allerdings könne sich entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts die Arbeitgeberin im vorliegenden Fall zur Begründung eines solchen berechtigten Interesses nicht allein darauf berufen, dass die gekündigte Arbeitnehmerin besonders krankheitsanfällig sei. Die Nichtberücksichtigung der Frau N. bei der Sozialauswahl war demnach fehlerhaft.
Damit wurde das Urteil des Landesarbeitsgerichts aufgehoben und der Rechtsstreit zur Aufklärung weiterer Streitpunkte dorthin zurückverwiesen.
Kurz und bündig ausgedrückt: Krankheitsbedingte Ausfallzeiten eines Arbeitnehmers begründen noch kein berechtigtes Interesse an der Weiterbeschäftigung eines anderen.
Übrigens:
Im Kündigungsschutzverfahren hat der Arbeitgeber dem gekündigten Arbeitnehmer auf dessen Verlangen die Gründe mitzuteilen, die ihn zu der sozialen Auswahl veranlasst haben ( § 1 Abs. 3, Satz 1, 2. Halbsatz KSchG).