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Betriebsrat vs. Geschäftsleitung – Auseinandersetzung im Tierpark Hagenbeck
Es geht um vorenthaltene Einsichtnahme in Gehaltslisten, obwohl die vom Gericht längst angeordnet wurde. Um ausgehängte Informationen, Kurzarbeitergeld und letztlich auch um Kündigungen. Die Auseinandersetzungen zwischen Betriebsrat und Geschäftsführung im Hamburger Tierpark begannen 2020 und haben seitdem immer neue Wendungen parat. Ein klarer Fall von Union Busting? „Ich kann nicht leugnen, dass mich die Situation belastet“, sagt der Betriebsratsvorsitzende Thomas Günther, dem Anfang 2021 selbst aus heiterem Himmel gekündigt wurde – nach 30 Jahren Betriebszugehörigkeit
Es könnte so schön sein: Der Afrikanische Löwe streift gemütlich durchs Gehege, während sich um die Ecke das Chapman-Zebra in seiner ganzen Eleganz den Besuchen präsentiert. Seit 1907 gibt es den Tierpark Hagenbeck im Hamburger Stadtteil Stellingen – 2007 wurde zusätzlich das Tropen-Aquarium eröffnet. Sogar in der Zoo-Doku-Soap „Leopard, Seebär & Co.“ dient der deutschlandweit einzige in Familienhand befindliche Tierpark als idyllische Kulisse. Idyllisch ist im Umgang zwischen Geschäftsleitung und Betriebsrat jedoch schon lange nichts mehr. Im Jahr 2020 hatte Dirk Albrecht die Geschäftsleitung des Tierparks übernommen – vorausgegangen war ein jahrelanger Clinch zwischen den beiden Eigentümerfamilien. Seither treffen sich Betriebsrat und Geschäftsleitung in regelmäßigen Abständen vor dem Arbeitsgericht. Erst kürzlich zum 13. Mal.
Was war passiert? Sieben Betriebsräte hatten auf das Recht geklagt, Gehaltslisten der Belegschaft einzusehen. Juristisch im Grunde eindeutig und so entschied das Gericht erwartungsgemäß zugunsten des Betriebsrats. Trotz Beschluss wird dem Betriebsrat jedoch weiterhin die Einsichtnahme verwehrt, wie Thomas Günther berichtet. Der Betriebsratsvorsitzende selbst war der Geschäftsleitung schon häufiger ein Dorn im Auge. Es gipfelte darin, dass gegen ihn Anfang 2021 nach über 30 Jahren Betriebszugehörigkeit ein Kündigungsverfahren eingeleitet, nach langem Hin und Her aber zurückgenommen wurde.
© IG BAU Hamburg
„Ich kann nicht leugnen, dass mich die Situation belastet, jedoch lange nicht mehr so wie zu Beginn des Konflikts“, sagt Thomas Günther. Viele seiner Kollegen – die Rede ist von rund 40 Mitarbeitern – haben in den letzten zwei Jahren dem Tierpark den Rücken gekehrt. „Ich bin einfach sehr gerne Tierpfleger und bei ‚meinen‘ Tieren“, antwortet er auf die Frage, warum er überhaupt noch in einem solchen Umfeld tätig ist. Hauptgrund seien jedoch die Kollegen im Zoo und Betriebsrat. „Da sind so tolle Menschen dabei, die sich für den Tierpark einsetzen. Ich bin stolz, ein Teil davon zu sein.“ Außerdem sei Aufgeben ohnehin keine Option.
Die Sache mit den Gehaltslisten ist bei Weitem nicht die einzige Angelegenheit, über die derzeit gestritten wird. Vor dem Arbeitsgericht versucht der Betriebsrat, die Kostenübernahme für einen Sitzungsraum durchzusetzen. In der Corona-Hochphase wurde dieser externe Raum angemietet, um die Abstandsregeln einhalten zu können, da sich die Geschäftsleitung geweigert hatte, entsprechende Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus soll die Tierpark-Leitung ein Amtsenthebungsverfahren gegen den Betriebsrat anstreben, dem Thomas Günther allerdings gelassen entgegensieht. Inhaltlich geht es um einen Aushang, in dem der Betriebsrat über Themen aus seiner Arbeit informiert. „Aus unserer Sicht und der unseres Rechtsanwalts haben wir uns nichts vorzuwerfen.“
Medienberichten zufolge hat die Hamburger Staatsanwaltschaft jetzt den Chef des Tierparks, Dirk Albrecht, wegen Behinderung der Arbeit von Mitarbeitervertretern angeklagt. Außerdem soll gegen Albrecht wegen Unregelmäßigkeiten beim Kurzarbeitergeld für Hagenbeck-Beschäftigte während der Corona-Pandemie ermittelt werden. Und noch ein weiterer Gerichtstermin steht in Kürze an, dabei geht es um den Einsatz von Leiharbeitern.
© Andreas Kilian
„Die Unterstützung, die der Betriebsrat bisher von der Öffentlichkeit erfahren hat, war eine großartige Bestätigung“, sagt Andreas Kilian, Rechtsanwalt des Hagenbeck-Betriebsrats. Gerade weil er das Engagement der Gremiumsmitglieder sehe, freue es ihn, dass sich auch Teile der Politik zu Wort melden und den Betriebsrat unterstützen. „Ich wünsche mir weiterhin ein klares Bekenntnis für faire Arbeitsbedingungen.“ Obwohl Kilian immer wieder Fälle sieht, in denen Interessenvertreter wegen ihrer Bemühungen für die Kollegen offensichtlich benachteiligt werden, überrascht ihn die Intensität im Fall Hagenbeck. Spannungen im Arbeitsleben und insbesondere bei der Betriebsratsarbeit sind völlig logisch und in einem bestimmten Ausmaß sicherlich normal, aber: „Entscheidend ist, wie die Beteiligten miteinander umgehen. Meiner Ansicht nach knirscht es immer dann besonders, wenn die handelnden Personen auf Arbeitgeberseite nicht akzeptieren können, dass die betriebliche Interessenvertretung auf Augenhöhe agiert.“ Seit Dezember 2020 berät und vertritt Andreas Kilian den Betriebsrat des Tierparks Hagenbeck.
Wie es weitergeht im Tierpark Hagenbeck? Abwarten! Dass wieder etwas mehr Idylle einkehrt, wäre den 1.850 Tieren in den Gehegen und Parkanlagen sowie den 14.300 Tieren im Tropen-Aquarium in jedem Fall zu wünschen. Ausgeschlossen ist das definitiv nicht, wie Betriebsratsvorsitzender Thomas Günther bestätigt: „Wir haben kein Interesse an einem Konflikt, sondern wollen unsere Arbeit so gut wie möglich machen.“ Voraussetzung hierfür ist, dass die Beteiligungsrechte des Betriebsrats nicht ignoriert werden. Andernfalls gehe es nicht ohne weitere Gerichtsverfahren. „Nichts ist schlimmer als ein erpressbarer Betriebsrat“, sagt Thomas Günther. Sollte Dirk Albrecht die Mitbestimmung durch den Betriebsrat also anerkennen, „sehe ich keinen Grund, warum man nicht vernünftig miteinander umgehen kann“. (tis)
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