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News BR gründen Schwindende Tarifbindung, Künstliche Intelligenz, Unternehmenskrisen: Mitbestimmung in Gefahr?!

Schwindende Tarifbindung, Künstliche Intelligenz, Unternehmenskrisen: Mitbestimmung in Gefahr?!

Betriebsräte sind wichtiger denn je!

Einschüchterung oder gezielte Behinderung erschweren immer wieder die Gründung neuer Betriebsratsgremien. Gleichzeitig nimmt die Anzahl der Betriebe mit Interessenvertretung ab. Dabei sind angesichts schwindender Tarifbindung und unsicherer Arbeitsverhältnisse Betriebsräte wichtiger denn je – insbesondere in Zeiten von Digitalisierung, Künstlicher Intelligenz, Transformationsprozessen und zahlreicher Unternehmenskrisen. 

Stand:  8.7.2025
Lesezeit:  02:15 min
Betriebsräte sind wichtiger denn je! | © AdobeStock | Coloures-Pic

Die betriebliche Mitbestimmung in Deutschland steht unter Druck. Besonders deutlich wird das in Nordrhein-Westfalen. Laut WDR arbeiten dort nur noch rund 51 Prozent der Beschäftigten in Betrieben mit einem Tarifvertrag – 1994 waren es noch 82 Prozent. Eine Ursache hierfür liegt laut WDR in der aktiven Behinderung von Betriebsratsgründungen. Eine Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung zeigt, dass jede fünfte Neugründung aufgrund von Drohung, Einschüchterung und sogar Kündigung scheitert. Besonders alarmierend: In fast der Hälfte dieser Fälle sollen Arbeitgeber auf externe Unterstützung zurückgegriffen haben, um Betriebsratsgründungen zu verhindern – spezialisierte Anwaltskanzleien oder Unternehmensberatungen.

Öffentliche Aufträge nur an Unternehmen mit Tarifbindung  

Die NRW-Landesregierung hat nun Reformen angekündigt. Ein neues Tariftreuegesetz soll kommen, damit öffentliche Aufträge zukünftig nur noch an tarifgebundene Unternehmen vergeben werden. Arbeitgeber monieren zwar den hohen bürokratischen Aufwand, NRW-Arbeitsminister Karl-Josef Laumann entgegnet allerdings im WDR: „Es ist immer die Frage, wie man Gesetze macht. Wenn man die Gesetze so macht, dass es am Ende wenig bewirkt und riesige Bürokratie auslöst, dann würde ich den Unternehmen Recht geben. Wenn es aber darum geht, mit Augenmaß denjenigen bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen auch einen Vorteil zu geben, der seine Leute anständig bezahlt, finde ich das in Ordnung.“ 

Es ist immer die Frage, wie man Gesetze macht ...

NRW-Arbeitsminister Karl-Josef Laumann im WDR

Darüber hinaus hat NRW gemeinsam mit anderen Bundesländern im Juni 2025 einen Entschließungsantrag zur umfassenden Modernisierung des Betriebsverfassungsgesetzes in den Bundesrat eingebracht. Der Antrag enthält unter anderem „digitale Betriebsratsarbeit“ sowie den „Schutz vor Union Busting“ und wurde positiv diskutiert.

Union Busting in ganz Deutschland 

Die Zahlen aus NRW sind jedoch bei Weitem kein regionales Phänomen, sondern spiegeln vielmehr einen bundesweiten Trend wider. Aber warum ist das eigentlich so? 

„Union Busting“ ist längt in ganz Deutschland angekommen. Damit sind Methoden gemeint, mit denen Unternehmen aktive Betriebsratsarbeit – oder bereits die Neugründung – durch Einschüchterung, Überwachung, Versetzungen oder Kündigungen systematisch unterdrücken. Auch wir haben bereits mehrmals über Fälle berichtet: Etwa bei Lieferando, Sixt, beim Hasso-Plattner-Institut oder bei einer Betriebsrätin aus dem Sozialwesen.  

Auch diese Fälle, die viel in der Presse diskutiert werden, sind ein Grund, warum Beschäftigte immer öfter zögern, sich selbst zu engagieren. Wo Mitbestimmung nicht Teil der Unternehmenskultur ist, entsteht eine Atmosphäre, in der Mitarbeiter Angst vor Konsequenzen haben müssen. Gleichzeitig haben Digitalisierung und projektbasierte Arbeit in vielen Betrieben zu einem Verlust des direkten Austauschs geführt. Das erschwert eine einheitliche Organisation, die Chancen auf Solidarität und gemeinsames Handeln sinken. Gerade deshalb müsste das Betriebsverfassungsgesetz an einigen Stellen nachgebessert werden, um wichtige Fragen zur digitalen Kommunikation und den Zugang zu Beschäftigten außerhalb des Betriebes zu regeln. Und ganz wichtig: Immer noch gilt die Störung oder Behinderung von Betriebsratsgründungen als „Antragdelikt“ und muss damit aktiv angezeigt werden. Anders wäre das bei „Offizialdelikten“, bei denen schon bei einem Verdacht von Amts wegen und auch ohne Anzeigen ermittelt wird (hier weiterlesen). Eigentlich wollte das bereits die letzte Regierung laut Koalitionsvertrag ändern, passiert ist (leider) nichts.

Lasst euch nicht entmutigen! 

Fakt ist: Der Rückgang in Sachen Mitbestimmung ist ein Alarmsignal. Denn: Wo Betriebsräte fehlen, sind die Löhne niedriger, Arbeitszeiten schlechter geregelt und Schutzrechte nicht so durchsetzbar. Zudem zeigt ein Gutachten der Hans-Böckler-Stiftung, dass Betriebe mit Betriebsrat produktiver, innovativer sowie familienfreundlicher sind und eine geringere Fluktuation haben – kein ganz schlechtes Argument in Zeiten des offensichtlichen Fachkräftemangels (hier weiterlesen). Noch dazu ist Mitbestimmung schlicht gelebte Demokratie, und das an genau dem Ort, an dem Menschen einen sehr großen Teil ihres Lebens verbringen. An alle Betriebsräte und die, die es gerne wären: Lasst euch nicht entmutigen, ihr seid wichtiger denn je! (tis)

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