Zugegeben – den Arbeitgeber zu verstehen hat nicht immer nur etwas mit Sprache zu tun. Was aber ist, wenn die Vorgesetzten tatsächlich (nur) eine Fremdsprache sprechen, aber kein Deutsch? Diese Frage tauchte in einem Modeunternehmen auf, das in Deutschland rund 80 Filialen mit etwa 4.500 Mitarbeitern betreibt. Was war passiert? Das Unternehmen setzte eine Filialleiterin ein, die kaum deutsch, dafür aber englisch sprach. Der Betriebsrat sah seine Mitbestimmungsrechte verletzt.
Im Kern ging es bei dem Streit um die folgende Frage: Ist der Arbeitgeber verpflichtet, in allen Fällen mit Betriebsräten und Mitarbeitern in deutscher Sprache zu kommunizieren? Nein, entschied das LAG Nürnberg.
Keine Frage der Ordnung des Betriebs
Der Betriebsrat argumentierte, dass die englische Kommunikation eine Frage der Ordnung des Betriebs sei, und damit mitbestimmungspflichtig nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG. Nein, sagten die Nürnberger Richter. Es gehe um die Kommunikation zwischen Filialleitung (bzw. Arbeitgeberin) und den Mitgliedern des Betriebsrats – nicht um allgemeine Ordnungsregeln im Betrieb.
Eine Frage der Ordnung des Betriebs – und damit mitbestimmungspflichtig – wäre beispielsweise die Einführung einer allgemeinen Sprachregelung im Betrieb.
Knackpunkt sind die Übersetzungen.
Behinderung der Betriebsratsarbeit?
Können Verständigungsprobleme als Behinderung der Betriebsratsarbeit nach § 78 BetrVG bzw. als Verstoß des Grundsatzes der vertrauensvollen Zusammenarbeit gemäß § 2 Abs. 1 BetrVG angesehen werden? Im Fall der englischsprachigen Filialleiterin lag eine Behinderung der Betriebsratsarbeit laut LAG nicht vor, denn Gespräche wurden jeweils übersetzt, z.B. von der stellvertretenden Filialleiterin oder anderen Abteilungsleitern.
So war gewährleistet , dass sämtliche Erklärungen der Filialleiterin in verständlicher (deutscher) Form beim Betriebsrat ankamen, Texte ebenso. Knackpunkt war also, dass jeweils entsprechende Übersetzungen gewährleistet waren. Auch der Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit bedeute nicht, dass es eine unmittelbare Kommunikation ohne Einschaltung eines Übersetzers geben muss, so das LAG. Anders ausgedrückt: Der Betriebsrat kann in der Regel nicht verlangen, dass der Arbeitgeber selbst oder der vom Arbeitgeber bestimmte Vertreter nur in einer Weise – auf deutsch – mit ihm kommuniziert
Fehler bei der Übersetzung?
Wichtig ist laut LAG, dass die Betriebsratsmitglieder verstehen und nachvollziehen können, was die Filialleitung meint und ihnen zu verstehen geben will. Falls diejenige Kraft, die die Übersetzung vornimmt, nicht korrekt übersetze, gehe dies zu Lasten der Filialleitung.
Erschwert, aber nicht unzulässig
Verständnis zeigten die Richter in ihrer Begründung dafür, dass eine Gesprächsführung schwieriger sei, wenn man nicht unmittelbar sprechen könne, sondern alles erst übersetzt werden müsse. Aber trotz aller Umstände könne die Kommunikation im Ergebnis aber trotzdem ohne Einbußen stattfinden.
Sprache der betrieblichen Kommunikation
Gut zu wissen: Das Mitbestimmungsrecht der Ordnung des Betriebs nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG kommt zum Zug, wenn ein Arbeitgeber als Sprache der betrieblichen Kommunikation Englisch statt Deutsch vorgeben will. Das hat das LAG Köln 2009 entschieden (5 TaBV 114/08). In diesem Fall gilt also doch: Keine Einführung von Englisch ohne den Betriebsrat! (CB)
Landesarbeitsgericht Nürnberg, Entscheidung vom 12.08.2020 (1 TaBV 33/19)