Das Interview führte Dominikus Zwink
Herr Dr. Velten, Sie sind als Leiter eines Workshops bei der im Juni 2023 stattfindenden ifb-Fachtagung Aufsichtsrat wieder mit von der Partie. Können Sie schon ein paar Punkte nennen, die bei der diesjährigen Fachtagung auf der Tagesordnung stehen? Was sind die größten Herausforderungen für Aufsichtsräte im Jahr 2023 aus Ihrer Sicht?
Dr. Velten: Die offensichtlich größte Herausforderung ist der Umgang mit dauerhaft bestehenden disruptiven Entwicklungen in beinahe allen Branchen. Weitere sehr wichtige Punkte sind die Themen Nachhaltigkeit und EU-Regulatorik. Zudem liegt seit einiger Zeit ein stärkeres Gewicht auf der Beratung des Vorstands durch den Aufsichtsrat und auch auf dem informellen Austausch zwischen Aufsichtsrat und Vorstand. Hierzu bietet auch unser dualistisches System ausreichend Spielraum.
Information
Die Rolle der Aufsichtsräte in deutschen Unternehmen wird immer wichtiger – die Aufgaben wachsen. Um für das anspruchsvolle Amt bestens gerüstet zu sein, findet die ifb-Fachtagung „Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat“ vom 26. bis 28. Juni in Berlin statt.
Wie darf man sich einen informellen Austausch zwischen Aufsichtsrat und Vorstand vorstellen? Wann ist ein solcher Austausch überhaupt sinnvoll und wo bestehen Grenzen?
Dr. Velten: Seitens der Vorstände wird vor allem das Branchenwissen der Aufsichtsräte und deren Finanzexpertise geschätzt. Hier sollten die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat keinesfalls ihr Licht unter den Scheffel stellen und ihr Know-how und ihre Sichtweise einbringen. Die Besetzung und Nachbesetzungen von arbeitgeberseitig gestellten Aufsichtsratsposten sollte ebenfalls kritisch begleitet werden. Speziell wenn es um die strategische Ausrichtung des Unternehmens geht, können erfahrene Aufsichtsräte viel beitragen.
Es ist gerade Aufgabe der Arbeitnehmervertreter, die Sichtweise der Belegschaft in den Aufsichtsrat und die dortige Diskussion einzubringen.
In ihrem Workshop gehen Sie auf die Vergütung von Aufsichtsratsmitgliedern und die Geheimhaltungspflicht ein. Kann gute Aufsichtsratsarbeit auf Arbeitnehmerseite überhaupt ohne Austausch mit der Belegschaft, beziehungsweise vor allem mit dem Betriebsrat, funktionieren?
Dr. Velten: Es ist gerade Aufgabe der Arbeitnehmervertreter, die Sichtweise der Belegschaft in den Aufsichtsrat und die dortige Diskussion einzubringen. Dies geht naturgemäß nur, wenn ein Austausch mit der Belegschaft erfolgt. Dem setzt die Verschwiegenheitspflicht deutliche Grenzen. In welchem Rahmen ein Austausch mit der Belegschaft möglich und erlaubt ist, werden wir in meinem Workshop erarbeiten.
Können Sie uns noch ein paar Stichworte zum Thema Vergütung von Aufsichtsräten nennen, wo besteht aus Ihrer Sicht Handlungsbedarf?
Dr. Velten: Die geschilderten Aufgaben, der stetig steigende zeitliche Aufwand, immer neue Compliance-Vorgaben und das durchaus bestehende Haftungsrisiko machen eine angemessene Vergütung erforderlich. Gleichzeitig erschweren die genannten Punkte erheblich die Suche nach geeigneten Kandidaten für das Aufsichtsratsamt. Leider hinken die Vergütungsregelungen in zahlreichen Unternehmen dieser Entwicklung noch hinterher. Bei der Fachtagung geben wir einen sehr guten Überblick über die wichtigsten Tätigkeitfelder und Zusammenhänge der Aufsichtsratsarbeit. (dz)
Zur Person
Dr. Christian Velten ist einer der hochspezialisierten ifb-Referenten im Bereich Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat und Unternehmensumstrukturierung sowie Leiter eines Workshops bei der im Juni 2023 stattfindenden ifb-Fachtagung „Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat“.