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Nachhaltigkeit – mehr als ein Umweltthema!

Warum es sich Betriebsräte und Unternehmen leisten sollten, nachhaltig zu sein

Wo man geht und steht, der Begriff „Nachhaltigkeit“ ist allgegenwärtig. Da werden nachhaltig Gewinne erzielt, man hat nachhaltigen Erfolg bei der Kundengewinnung, das Unternehmen wirtschaftet nachhaltig… Nachhaltigkeit scheint ein neues Modewort zu sein. Was aber steckt drin an Chancen für Mitarbeiter und Unternehmen? Und welche Rolle spielt der Betriebsrat?

Andrea Engelien

Stand:  1.8.2022
Lesezeit:  04:00 min
Betriebsräte sollten es sich leisten, nachhaltig zu sein  | © AdobeStock | fotomek

Wo kommt der Begriff Nachhaltigkeit überhaupt her, was hat er ursprünglich bedeutet? Wenn man den Duden bemüht, steht dort: „Prinzip, nach dem nicht mehr verbraucht werden darf, als jeweils nachwachsen, sich regenerieren, künftig wieder bereitgestellt werden kann.“ Das trifft es schon sehr gut. Der Begriff kommt ursprünglich aus der Forstwirtschaft. Er hat seinen Ursprung im 18. Jahrhundert, als Carl von Carlowitz in seinem Grundlagenwerk zur Forstwirtschaft die nachhaltige Waldbewirtschaftung fordert. Es soll nicht mehr Holz geerntet werden, als wieder nachwächst.

Die Bedeutung von Nachhaltigkeit in der modernen Industriegesellschaft

Lange Zeit war Nachhaltigkeit die Schnittmenge aus sozialen Faktoren, Umweltfaktoren und wirtschaftlichen Faktoren. Also nachhaltig ist, was gut für die Menschen, gut für die Umwelt und gut für das Unternehmen in Hinblick auf wirtschaftlichen Erfolg ist. Durch die fortschreitende Klimaerwärmung hat sich die Sichtweise inzwischen etwas geändert und man erkennt, dass Gesellschaft und Unternehmen in die Umwelt eingebettet sind und diese den Rahmen bildet.

In Workshops in Unternehmen frage ich immer zu Beginn, was unter Nachhaltigkeit zu verstehen ist. Zu 90 Prozent werden ausschließlich Umweltthemen genannt. Aber auch soziale Themen wie Chancengleichheit, Arbeitssicherheit, Aus- und Weiterbildung und viele weitere gehören zu dem Begriff Nachhaltigkeit.

„Man muss es sich heutzutage leisten können, nicht nachhaltig zu sein.“  

Ein Thema für den Betriebsrat

Warum sollte sich ein Unternehmen und ein Betriebsrat mit Nachhaltigkeit beschäftigen? Es gibt viele Gründe dafür und ich möchte nur einige nennen: 

  • Erhöhung der Attraktivität als Arbeitgeber: Bewerber fragen danach 
  • Innovationstreiber: Zukunftsfähigkeit durch neue Geschäftsmodelle 
  • Zugang zu Finanzmitteln: Banken fragen danach 
  • Einsparpotentiale: steigende Energiekosten, Mitarbeiterbindung
  • Risikoanalyse: Stichwort Resilienz

Gründe gibt es also genug, als Unternehmen „nachhaltig“ zu sein – nur wie geht man es an im Unternehmen? Mode ist es ganz sicher nicht mehr, sondern Zukunftssicherung. Ein Investmentmanager hat vor Kurzem gesagt: „Man muss es sich heutzutage leisten können, nicht nachhaltig zu sein.“  

Schritte auf dem Weg zur Nachhaltigkeit

Ein guter Weg, sich dem Thema zu nähern, ist die Erstellung eines Nachhaltigkeitsberichts. Schon heute sind einige Unternehmen dazu verpflichtet über ihre Nachhaltigkeitsaktivitäten zu berichten. Zurzeit betrifft das hauptsächlich börsennotierte Unternehmen. Ab dem 01.01.2025 sollen aber weitere Unternehmen hinzukommen, so dass aus den bisher 500 berichtspflichten Unternehmen später 15.000 werden.

Weniger ist mehr!

Schritt 1: Festlegung der wesentlichen Themen 

In einem Workshop mit Teilnehmenden aus verschiedenen Abteilungen des Unternehmens: Personalwesen, Betriebsrat, Controlling, Produktion usw. wird anhand der gesamten Wertschöpfungskette des Unternehmens festgelegt, was die potenziellen Handlungsfelder im Sozialen, der Umwelt und der wirtschaftlichen Stabilität sein könnten. Hier wird der gesamte Prozess vom Lieferanten bis zur Nutzung durch den Kunden betrachtet. Diese werden abgeglichen mit den 17 Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen (kurz SDGs genannt). Meistens kommen hierbei etwa 20 Themen heraus. Damit ist die Innensicht des Unternehmens geklärt. Aber wie sieht das die Belegschaft, die Banken, der Aufsichtsrat, die Kunden usw.? In einer sogenannten Stakeholder-Befragung (Befragung der potenziellen Interessengruppen) werden die erarbeiteten Themen mit der Außenwelt gegengeprüft. Aus beiden Sichten ergibt sich dann eine Wichtigkeit der Themen und man fokussiert sich im Unternehmen auf 7-10 Handlungsfelder.

Wenn man Tore zählt, spielt man anders.

Schritt 2: Festlegung von Kennzahlen pro Handlungsfeld

Nun gilt es Kennzahlen festzulegen und diese zu ermitteln. Die gängigen Berichtsstandards wie GRI (Global Reporting Initiative) oder DNK (Deutscher Nachhaltigkeitskodex) geben bereits Kennzahlen vor. Das sind beispielsweise Weiterbildungsstunden pro Mitarbeitenden, Ausfallstunden durch Arbeitsunfälle, Treibhausgasausstoß des Unternehmens, Anteil kreislauffähiger Materialien. Möglicherweise sind Daten noch nie erhoben worden und es muss dafür erstmal ein System geschaffen werden. Außerdem gilt es in größeren Unternehmen, die Daten von mehreren Standorten einzuholen.

Nur wer sein Ziel kennt, findet den Weg.

Schritt 3: Festlegung von Zielen 

Wo möchte man hin als Unternehmen? Was möchte man kurz-, mittel- und langfristig erreichen? Das schönste Ziel bringt nichts, wenn man nicht definiert, wie man dort hingelangen möchte. Also, welche Projekte werden aufgesetzt. Möchte man beispielsweise den Anteil von Frauen in Führungspositionen erhöhen und mehr diverse Teams, sind Projekte zu definieren, wie man dies erreicht. Soll der Treibhausgasausstoß gesenkt werden, bedeutet das vielleicht eine Investition in erneuerbare Energien oder Konzepte, wie man zukünftig mit Dienstreisen umgehen möchte. Es können Fragestellungen aufkommen wie: Wollen wir innerhalb Deutschlands noch fliegen?

Tue Gutes und sprich darüber!

Schritt 4: Berichten 

Mir fällt oft auf, dass Unternehmen sehr viel tun, aber nicht darüber sprechen. Daher ist die Veröffentlichung eines Nachhaltigkeitsberichts ein guter Weg, die Öffentlichkeit über die Aktivitäten des Unternehmens zu informieren. Ein jährlicher Nachhaltigkeitsbericht gibt Auskunft über die Fortschritte im Unternehmen und die Projekte, an denen gearbeitet wird.

Nachhaltigkeit wird im Unternehmen gelebt.

Schritt 5: Mitarbeiter mitnehmen, Kultur der Nachhaltigkeit schaffen 

Wichtig ist, den Mitarbeitern die Nachhaltigkeitsstrategie bekannt zu machen. Nachdem der Bericht veröffentlicht ist, sollte der Bericht und die Projekte mit Führungskräften und Mitarbeitenden diskutiert werden. Oftmals werden die individuellen Ziele der Führungskräfte auch an die Nachhaltigkeitsziele gekoppelt. Viele Mitarbeiter sind stolz und begeistert, dass ihr Unternehmen etwas für mehr Nachhaltigkeit tut und sie in ihrem Unternehmen einen Beitrag leisten können. 

Ein Marathon, kein Sprint

Abschließend bleibt zu sagen, dass Nachhaltigkeit ein Marathon ist und kein Sprint. Nachhaltigkeit lässt sich nicht mal eben so abhandeln und wie die ISO einführen. Es ist ein ständiges Abwägen zwischen teilweise unterschiedlichen Zielen. Viele kleine Schritte führen zum Ziel und es braucht viel Diskussion und Kommunikation. 

Schließen möchte ich mit einer kleinen Anekdote, die gut zur heißen Jahreszeit passt. In einem meiner Projekte kam folgende Fragestellung auf: Die Büros der Angestellten heizten sich in der Sommerzeit unangenehm auf – an vernünftiges Arbeiten war nicht mehr zu denken. Man dachte über den Einbau von teuren Klimaanlagen mit hohem Stromverbrauch nach, die die Treibhausgasbilanz des Unternehmens negativ beeinflussen. Wie würden sie entscheiden? Kaufen im Hinblick von sozialer, ökologischer und kaufmännischer Nachhaltigkeit – ja oder nein? Die Antwort ist nicht ganz einfach und auch nicht eindeutig. 

Andrea Engelien - ifb-Referentin  | © Andrea Engelien

Zur Person

Andrea Engelien ist Dipl. Wirtschaftsingenieur (FH) und Praktikerin mit über 20 Jahren Industrieerfahrung. Sie hat in verschiedenen Managementpositionen gearbeitet. Unter anderem als SVP Controlling und Prokuristin mit Verantwortung für Werke in Deutschland, Indien und China. Heute unterstützt sie Unternehmen als Beraterin dabei, Nachhaltigkeit als professionelle Business Kompetenz aufzubauen. Sie ist Mitglied des ICV Arbeitskreis Green Controlling und hat an einem White Paper zur EU Taxonomie mitgearbeitet. Ferner beschäftigt sie sich damit, agile Methoden wie OKR in die Nachhaltigkeitsberichterstattung einzubringen. Ihr Schwerpunkt: Nachhaltigkeit bewertbar und messbar zu machen. Ihr Motto: Wer Tore zählt, spielt anders. 

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