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Die emotionale Belastung in Krisenzeiten ist sehr hoch – was tun als Betriebsrat?

© Bernhard Blind
Stand:  3.2.2025
Lesezeit:  04:45 min
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Organisationsentwickler Bernhard Blind mit Tipps zur Unterstützung der Belegschaft

In vielen Branchen herrschen derzeit wirtschaftliche Unsicherheiten. Klar, dass dadurch bei den Mitarbeitern Ängste entstehen. Wie Betriebsräte helfen, die Belegschaft zu stabilisieren, ohne selbst in eine Krise zu geraten – dazu gibt Bernhard Blind ein paar hilfreiche Tipps. Der Organisationsentwickler hat jahrelange Erfahrung in der Autoindustrie und sagt: „Betriebsräte sind eine zentrale Stütze für die Betroffenen.“

Bernhard Blind gibt Betriebsräten Tipps, wie sie die Belegschaft unterstützen können.

Herr Blind, wie schafft man es in der Krise, sich den (verständlichen) Ängsten zu stellen?

Bernhard Blind: Unsicherheit entsteht oft durch fehlende Orientierung und mangelhafte Kommunikation. Um den Ängsten der Belegschaft zu begegnen ist es entscheidend, psychologische Sicherheit zu schaffen. Das bedeutet, eine Arbeitskultur zu fördern, in der Sorgen und Fragen offen angesprochen werden können, ohne negative Konsequenzen befürchten zu müssen. Führungskräfte spielen hier eine Schlüsselrolle: Sie sollten transparent und regelmäßig kommunizieren, auch wenn sie noch keine abschließenden Antworten haben. Offenheit und Authentizität schaffen Vertrauen.

 

Ein weiteres wichtiges Element ist das Verständnis für die individuellen Bedürfnisse der Mitarbeiter. Während sicherheitsorientierte Menschen klare Perspektiven und Planungssicherheit schätzen, reagieren innovationsfreudige Personen positiv auf Chancen und neue Möglichkeiten. Diese Unterschiede zu berücksichtigen hilft dabei, die Belegschaft gezielt zu unterstützen. Der erste Schritt zur Stabilisierung ist daher, Ängste ernst zu nehmen und mit klaren Handlungskonzepten darauf zu reagieren.

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Betriebsräte sind sowohl Sprachrohr der Belegschaft als auch Vermittler zur Unternehmensleitung.

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Betriebsräten kommt in dem Zusammenhang eine bedeutende Rolle zu: Wie können sie Mitarbeitern ein Stück Sicherheit vermitteln?

Bernhard Blind: Betriebsräte haben eine doppelte Verantwortung: Sie sind sowohl Sprachrohr der Belegschaft als auch Vermittler zur Unternehmensleitung. Um Sicherheit zu vermitteln, müssen sie zunächst selbst als stabil und verlässlich wahrgenommen werden. Das gelingt durch Präsenz, Erreichbarkeit und Empathie. Sicherheit basiert auf Klarheit und Transparenz. Betriebsräte sollten in der Lage sein, Fragen zu beantworten wie: „Was wissen wir? Was wissen wir nicht? Was können wir beeinflussen?“ Hierfür sind spezielle Kompetenzen essenziell:

  • Empathische Kommunikation: Die Fähigkeit, sich Sorgen anzuhören, ohne sie zu bewerten, und dabei verständliche, klare Antworten zu geben.
  • Krisenkommunikation: Botschaften so zu formulieren, dass sie Orientierung geben, auch wenn nicht alle Details geklärt sind. Transparenz und Authentizität sind hier entscheidend.
  • Emotionale Intelligenz: Das Einfühlungsvermögen, Emotionen bei anderen zu erkennen und gezielt darauf einzugehen, stärkt das Vertrauen.
  • Problemlösungsfähigkeit: In schwierigen Situationen pragmatische und umsetzbare Lösungen zu entwickeln, ist zentral.

Darüber hinaus können Betriebsräte durch Leitplanken wie Beschäftigungsschutzregelungen oder Weiterbildungsangebote zusätzliche Sicherheit schaffen. Solche Maßnahmen signalisieren, dass selbst in Krisenzeiten gemeinsame Werte und Prinzipien bestehen bleiben.

ifb-Symposium: Automotive in der Krise

Wer Bernhard Blind live erleben möchte, kann dies beim ifb-Symposium Automotive in der Krise vom 02. bis 04. April 2025 in München. Dort spricht der Organisationsentwickler in seiner Key-Note zum Thema „Ängste in der Krise – Stabilität und Unterstützung für Belegschaft und Betriebsrat“.

Angenommen es kommt zum Worst Case: Entlassungen! Welche Aufgaben hat der Betriebsrat dann?

Bernhard Blind: In einer solchen Situation sind Betriebsräte mehr als Verhandlungspartner – sie sind eine zentrale Stütze für die Betroffenen. Besonders gefragt sind diese Fähigkeiten:

  • Aktives Zuhören: Den Mitarbeitern Raum geben, ihre Ängste und Fragen offen zu äußern, ohne vorschnelle Lösungen vorzuschlagen.
  • Orientierung geben: Komplexe Prozesse verständlich erklären und die nächsten Schritte aufzeigen, sodass die Betroffenen wissen, woran sie sind.
  • Netzwerkdenken: Relevante Akteure wie Weiterbildungsanbieter oder potenzielle Arbeitgeber frühzeitig einbinden, um Perspektiven zu eröffnen.
  • Stabilität ausstrahlen: Auch in emotional schwierigen Gesprächen ruhig und verlässlich bleiben.

Betriebsräte können außerdem als Bindeglied zwischen Unternehmen und Mitarbeitern agieren, um Konflikte zu vermeiden und den Übergang konstruktiv zu begleiten. Ihr Ziel sollte sein, Stabilität und Perspektiven zu schaffen, anstatt bestehende Unsicherheiten durch Polarisieren zu verstärken.

Wie schafft man es als Betriebsrat in dieser herausfordernden Zeit, nicht selbst in eine Krise zu geraten?

Bernhard Blind: Die emotionale Belastung ist auch für Betriebsräte in Krisenzeiten hoch. Um selbst stabil zu bleiben, sind folgende Fähigkeiten entscheidend:

  • Selbstreflexion: Eigene Belastungsgrenzen erkennen und bewusst Pausen einlegen, um Überforderung zu vermeiden.
  • Emotionsregulation: Emotionale Belastungen nicht persönlich nehmen, sondern Strategien entwickeln, um konstruktiv damit umzugehen.
  • Resilienz: Widerstandskraft aufbauen, etwa durch einen positiven Umgang mit Rückschlägen, realistischen Optimismus und die Bereitschaft, Hilfe im Team zu suchen.
  • Priorisierung: Aufgaben klar strukturieren und in überschaubare Schritte zerlegen, um den Überblick zu behalten.

Indem Betriebsräte auch auf ihre eigene mentale Gesundheit achten, können sie ihre Rolle langfristig erfolgreich ausfüllen. Es ist wichtig, nicht nur für andere, sondern auch für sich selbst Verantwortung und Fürsorge zu übernehmen.

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Indem Betriebsräte auch auf ihre eigene mentale Gesundheit achten, können sie ihre Rolle langfristig erfolgreich ausfüllen.

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Was können Betriebsräte vorbereitend tun, um sofort handlungsfähig zu sein, sollte das eigene Unternehmen in eine Krise schlittern?

Bernhard Blind: Proaktives Handeln in stabilen Zeiten bildet die Grundlage, um in Krisensituationen schnell und effektiv reagieren zu können. Best Practices sind: 

  • Netzwerke aufbauen: Beziehungen zu anderen Betriebsräten, Arbeitsmarktakteuren und Weiterbildungsanbietern pflegen, um im Ernstfall auf bestehende Kontakte zurückzugreifen.
  • Szenarien durchspielen: Krisenpläne entwickeln und mögliche Maßnahmen im Voraus definieren, von der Kommunikation bis hin zu Unterstützungsprogrammen.
  • Transparenz schaffen: Regelmäßiger Austausch mit der Geschäftsleitung über Unternehmenskennzahlen und Strategien ermöglicht es, Entwicklungen frühzeitig zu erkennen.
  • Kommunikation fördern: Bereits in ruhigen Zeiten den Mitarbeitenden regelmäßig die Möglichkeit bieten, Sorgen und Ängste zu äußern. Eine offene Kultur erleichtert den Übergang in schwierige Phasen.

Durch diese Vorbereitungen schaffen Betriebsräte eine Basis, die ihnen in Krisenzeiten schnelle Handlungsfähigkeit und Stabilität ermöglicht.

Stichwort Automotive: Denken Sie, es gibt einen Weg für die Branche aus der Krise?

Bernhard Blind: Ja, die Branche kann aus der Krise herausfinden – allerdings nur durch einen tiefgreifenden, ganzheitlichen Wandel. Notwendig sind:

  • Kulturelle Transformation: Weg von hierarchischen hin zu kooperativen Strukturen. Unternehmen müssen lernen, agiler zu werden und die Wertemuster ihrer Mitarbeitenden zu verstehen.
  • Fokus auf Innovation: Die Entwicklung nachhaltiger Mobilitätskonzepte, digitaler Lösungen und neuer Geschäftsmodelle ist zentral.
  • Mitarbeitereinbindung: Mitarbeiter müssen aktiv in die Veränderung eingebunden werden, um den Wandel mitzugestalten. Change-Management und Weiterbildungen sind dabei essenziell.
  • Kooperation statt Wettbewerb: Branchenübergreifende Zusammenarbeit, etwa zur Entwicklung gemeinsamer Standards, kann Innovation und Effizienz fördern.

Die Automobilbranche muss technologische Transformation (E-Mobilität, Digitalisierung) mit kulturellen und gesellschaftlichen Veränderungen verbinden. Nur ein integraler Ansatz wird den Herausforderungen meiner Ansicht nach gerecht. (tis)

Bernhard Blind

Bernhard Blind

Jahrgang 1975, Unternehmer, Key Note Speaker und Experte für die ganzheitliche Perspektive. Mit seinen Vorträgen zum Thema ganzheitlicher Unternehmenserfolg begeistert er Führungskräfte – mit Impulsen, die auch jedem Betriebsrat Tag für Tag helfen können. Sein Motto: „Es sind die Menschen, die aus dem Output, den Outcome und damit den Profit generieren und das Unternehmen zu dem machen, was es am Markt ist." 

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