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Trotz fristloser Kündigung wegen grober Beleidigung eines Vorgesetzten nahm ein Ersatzmitglied an einer Betriebsratssitzung teil. Inwieweit gibt ihm das Kündigungsschutz für eine weitere Kündigung?
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Diesen spannenden Fall hatte das Landesarbeitsgerichts Hamm kürzlich zu entscheiden. Es ging darum, ob eine ordentliche, betriebsbedingte Kündigung wirksam ist, oder der Sonderkündigungsschutz nach § 15 Abs. 1 S. 2 KSchG greift, weil der gekündigte Arbeitnehmer im Vorfeld als nachgerücktes Ersatzmitglied an einer Betriebsratssitzung teilgenommen hatte. Zwei Besonderheiten spielten für die Entscheidung eine wichtige Rolle:
Erstes wesentliches Ereignis war eine außerordentliche Kündigung im Mai 2014 wegen grober Beleidigung eines Vorgesetzten. Der gekündigte Arbeitnehmer war als EDV-Systembetreuer eingestellt. Gegen diese außerordentliche Kündigung ging er letztendlich erfolgreich vor.
In der Zwischenzeit kam es aber noch zu einer ordentlichen Kündigung, über deren Wirksamkeit die Richter des Landesarbeitsgerichts Hamm zu entscheiden hatten.
Noch bevor diese zweite Kündigung ausgesprochen war, wurde der Arbeitnehmer, der Ersatzmitglied im Betriebsrat war, im August 2014 zu einer Betriebsratssitzung geladen. An dieser nahm er auch teil, bis der Arbeitgeber davon erfuhr und ihn des Hauses verwies.
Erst nach dieser Sitzung - im Oktober 2014 - entschied das Arbeitsgericht Detmold bezüglich der außerordentlichen Kündigung vom Mai 2014 zugunsten des Arbeitnehmers. Der Arbeitgeber war weiterhin überzeugt von deren Wirksamkeit und zog vor das Landesarbeitsgericht Hamm.
Am 17.12.2014 kündigte der Arbeitgeber trotz Widerspruch des Betriebsrats zum 30.04.2015 betriebsbedingt. Seine Aufgaben sollten künftig von einer externen Firma im Rahmen eines IT-Support-Vertrages erledigt und die Stelle eines EDV-Systembetreuers gestrichen werden.
Im Mai 2015, ein Jahr nachdem die außerordentliche Kündigung ausgesprochen worden war, bestätigte das Landesarbeitsgericht Hamm die Entscheidung des Arbeitsgerichts Detmold. Die außerordentliche Kündigung war also unwirksam.
Zu entscheiden war nun, wie es mit der ordentlichen Kündigung vom 17.12.2014 aussieht.
Die ordentliche Kündigung verstößt gegen § 15 Abs. 1 S. 2 KSchG. Für das Ersatzmitglied bestand zum entscheidenden Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung nachwirkender besonderer Kündigungsschutz, weil er zuvor an der Betriebsratssitzung teilgenommen hat.
Zwar hätte das Ersatzmitglied wegen der außerordentlichen Kündigung nicht geladen werden dürfen.
Nach der überwiegenden Ansicht in Rechtsprechung und Literatur war es deshalb selbst an der Ausübung von Betriebsratstätigkeit verhindert. (Fitting, 28. Aufl. § 24 Randnummer 16). Denn über die Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung war zum Zeitpunkt der Betriebsratssitzung noch nicht arbeitsgerichtlich entschieden worden.
Trotzdem hat der Betriebsratsvorsitzende den gekündigten Arbeitnehmer zu der Sitzung des Gremiums am 13. August 2014 geladen. Dieser ist daraufhin zu der Sitzung erschienen und hat an ihr teilgenommen, bis die beklagte Arbeitgeberin dies mitbekommen und ihn des Hauses verwiesen hat. In dieser rechtlich nicht einfachen Konstellation hätte das Ersatzmitglied nicht erkennen müssen, dass es tatsächlich nicht zur Vertretung berufen war, und es ergaben sich auch keine Anhaltspunkte für bewusste Absprachen, so dass ein rechtsmissbräuchliches Handeln (§ 242 BGB) ausschied.
Durch die aktive Teilnahme an der Sitzung kann man tatsächlich davon ausgehen, dass Konflikte mit der Arbeitgeberin hätten entstehen können. Deshalb ist zum Schutz des nachgerückten Ersatzmitgliedes eine „Abkühlungsphase“ in der Beziehung zwischen dem als Betriebsratsmitglied aktiv gewordenen Kläger und der Beklagten als Arbeitgeberin zu gewährleisten. Es greift der Sonderkündigungsschutz nach § 15 Abs. 1 S.2 KSchG. So ist eine ordentliche Kündigung vorliegend für ein Jahr ausgeschlossen.
(LAG Hamm, Urteil vom 15.04.2016 – 13 Sa 1364/15)
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