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Turbulenzen rund um Betriebsratsgründung bei Hertha BSC

Nach dem Abstieg wollen sich Mitarbeiter des Profifußballvereins schützen

Hertha BSC Berlin ist im Mai 2023 aus der Fußball-Bundesliga in die zweite Liga abgestiegen. Die Folge: drastisch weniger Geld zur Verfügung. Sogar um die Erteilung der Lizenz musste kurz gezittert werden. Damit die Kosten gesenkt werden, soll jetzt unter anderem Personal eingespart werden. Um sich zu schützen, wollen einige Mitarbeiter deshalb einen Betriebsrat gründen. Eigentlich eine gute Idee, aber: Wie so häufig bei Profivereinen – nur die wenigsten haben überhaupt einen Betriebsrat –, läuft die Wahl ganz und gar nicht reibungslos ab.

Stand:  25.7.2023
Lesezeit:  03:15 min
Turbulenzen rund um Betriebsratsgründung bei Hertha  | © AdobeStock| Laiotz

Am 20. Mai 2023 stand es rechnerisch fest: Der Abstieg des Fußball-Bundesligisten Hertha BSC Berlin in die zweite Liga war besiegelt. Zum insgesamt siebten Mal in ihrer Vereinsgeschichte musste der Hauptstadtclub damit den bitteren Gang in die sportliche Zweitklassigkeit antreten. Dabei ist es noch gar nicht lange her, dass der Verein ganz andere Ambitionen präsentierte. Vom „Big City Club“ war die Rede, seither ist inklusive Investorenwechsel und großem Drumherum viel passiert, die letztendlich leere Worthülse ist den Verantwortlichen nicht nur einmal um die Ohren geflogen. Der Abstieg aus der Bundesliga hat für die wirtschaftlich ohnehin angeschlagene Hertha finanziell gewaltige Folgen. Allein bei der Verteilung der von der Deutschen Fußball-Liga (DFL) erlösten Gelder aus der nationalen und internationalen Vermarktung werden die Berliner laut „kicker“ in dieser Saison nur mehr gut 20 Millionen Euro erhalten. Das sind etwa 27 Millionen Euro weniger als in der Spielzeit 2022/2023. Generell hatte Hertha BSC Berlin große Mühe dabei, die Vorgaben der DFL zu erfüllen, um die Lizenz für die zweite Liga zu erhalten.

Einsparungen auch beim Personal  

Kurzum: Bei der Hertha muss an allen Ecken und Enden gespart werden – auch beim Personal. Von rund 50 bis 60 Mitarbeitern ist die Rede, die den Verein verlassen sollen. Viele Mitarbeiter bangen um ihre Arbeitsplätze und wollen deshalb einen Betriebsrat gründen. Mit der Unterstützung der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di fand Mitte Juli eine Betriebsversammlung statt, auf der ein dreiköpfiger Wahlvorstand hätte gewählt werden sollen. Dieser wäre dann für die Einladungen zur Betriebsratswahl und deren Durchführung verantwortlich gewesen. Laut der BILD-Zeitung kam es auf der Versammlung jedoch zu Uneinigkeiten unter den rund 85 Anwesenden. So sollen leitende Hertha-Mitarbeiter Stimmung gegen die Wahl eines Betriebsrats gemacht haben. Das Blatt zitiert ferner einen anonymen Angestellten, der sagt, es sei bereits im Vorfeld Angst geschürt worden. Angeblich wurde behauptet, dass ein Betriebsrat zwischen einer viertel und halben Millionen Euro kosten würde und man deshalb weitere Mitarbeiter entlassen müsse. Außerdem würde der Betriebsrat bei Spielertransfers mitreden.

Nur die wenigsten Vereine haben einen Betriebsrat 

Dass dem nicht zwangsläufig so ist, sagte beispielsweise Hendrik Lüttmer im ifb-Interview im November 2022. Er ist Vorsitzender der ältesten Interessenvertretung im deutschen Profifußball – vom FC St. Pauli: „Wir akzeptieren, dass es Grenzen gibt. Und deshalb mischen wir uns nicht in Transfergeschäfte ein. Wenn jedoch ein Profi auf uns zukommt, weil er Problem hat, ist er herzlich eingeladen.“

Ganz generell ist die Gründung von Betriebsräten bei Profifußballvereinen (leider) nicht gerade üblich. Mit dem FC. St. Pauli, Borussia Dortmund, VFB Stuttgart, dem VFL Wolfsburg, Hamburger SV und FC Schalke 04 haben nur sechs von 36 Proficlubs einen Betriebsrat. Dabei könnte eine Interessenvertretung für die Mitarbeiter schon im Vorfeld so manches arbeitsrechtliche Problem abfangen, schließlich muss der Betriebsrat etwa bei Kündigungen angehört werden. Und auch, wenn es im Fußball-Business zu einer Betriebsratsgründung kommen soll, läuft diese nur selten geräuschlos ab.

Derzeit in zwei Lager gespalten

In Gelsenkirchen etwa hat die Gründung vor einigen Jahren erst im zweiten Anlauf geklappt und auch bei Hertha BSC scheint die Belegschaft derzeit in zwei Lager gespalten zu sein.

Die einen setzen sich für die Wahl eines Betriebsrats ein, um sich vor möglichen Kündigungen zu schützen. Die anderen werfen wohl unter anderem ver.di vor, zu einer nicht repräsentativen Wahl eingeladen zu haben. Zudem soll ein Infoschreiben zur Betriebsversammlung in der Hertha-Geschäftsstelle von einer Wand verschwunden sein. Es bleibt also spannend, denn: Nachdem bei der Versammlung nur zwei Personen die absolute Mehrheit in Sachen Wahlvorstand erhalten haben, wird ein dritter Wahlvorstand wohl vom Amtsgericht bestellt.

Von Seiten des Vereins hört sich die ganze Angelegenheit im Übrigen weitaus gemäßigter an. So wird Hertha-Geschäftsführer Thomas E. Herrich in der Süddeutschen Zeitung zitiert, dass es „das gute, verfassungsmäßige Grundrecht ist, dass sich Mitarbeitende im Rahmen ihrer Vereinigungsfreiheit mit der Bildung eines Betriebsrats befassen und ihre Optionen prüfen“. (tis)

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