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Die Gehaltsdiskriminierung wegen des Geschlechts ist verboten – doch immer wieder landet das Thema vor Gericht. Das Landesarbeitsgericht hat nun in einem Fall geurteilt, in dem eine leitende Angestellte für sich und viele Frauen für Lohngleichheit kämpfte.
LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 01.10.2024, 2 Sa 14/24
Seit 30 Jahren war die Klägerin bei dem schwäbischen Nutzfahrzeughersteller Daimler beschäftigt, 15 Jahre davon als Abteilungsleiterin. Ein vielversprechendes Beschäftigungsverhältnis – bis sie erfährt, dass ihr Gehalt deutlich unter dem Median-Gehalt der männlichen und weiblichen Kollegen liegt.
Sie verklagt ihren Arbeitgeber auf „Equal Pay“, also gleiches Entgelt. Konkret verlangt sie 420.000 Euro für die vergangenen fünf Jahre und die Anpassung ihres zukünftigen Gehalts. Als Maßstab für „gleiches Gehalt für gleiche Arbeit“ suchte sie sich den Kollegen mit dem höchsten Gehalt aus.
Die Arbeitgeberin ist der Ansicht, die Entgeltdifferenz habe keinen diskriminierenden Hintergrund, sondern liege in der persönlichen und fachlichen Eignung der Mitarbeiterin. Das ergebe sich bereits daraus, dass die Arbeitnehmerin im Schnitt auch weniger als ihre Kolleginnen verdiente.
Der Angestellten steht nur die Differenz zwischen dem Medianentgelt der weiblichen Vergleichsgruppe und dem Medianentgelt der männlichen Vergleichsgruppe zu – insgesamt 130.000 Euro brutto für die zurückliegenden Jahre.
Nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts hat die Arbeitnehmerin keinen Anspruch auf Anpassung ihres Gehalts nach ganz oben. Sie kann nicht die Differenz zwischen ihrem Entgelt und dem Entgelt des von ihr herangezogenen Vergleichskollegen verlangen.
Überraschend urteilte das LAG auch (anders als die Vorinstanz), dass die Arbeitnehmerin nicht die Differenz zwischen ihrer individuellen Vergütung und dem Mediangehalt der männlichen Vergleichsgruppe geltend machen könne. In diesem Fall könne nicht pauschal von einer Diskriminierung nur wegen des Geschlechts ausgegangen werden. Die Differenz des Gehalts zum Medianentgelt des eigenen Geschlechts basiere jedenfalls nicht auf Gründen des Geschlechts.
„Wer den Vergleich zieht, verlässt das Paradies“ – dieser Satz könnte einem in den Kopf kommen, wenn man dieses Urteil des LAG Baden-Württemberg liest. Kritisiert werden muss, dass das Gericht unter den Standards des BAG und des Europäischen Gerichtshofs bleibt.
Denn der Fall erinnert an eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts, über den wir 2023 berichtet hatten (8 AZR 450/21). Auch damals hatte eine Frau auf gleiche Bezahlung wie ihr männlicher Kollege geklagt. Damals hatte das BAG das Argument des Arbeitgebers, „der Mann habe besser verhandelt“, abgelehnt und betont, dass Gehaltsunterschiede zwischen den Geschlechtern nicht durch solche subjektiven Gründe gerechtfertigt werden können.
Der vorliegende „Daimler-Fall“ ist zugegeben ein wenig komplexer, dennoch überrascht die Entscheidung des LAG Baden-Württemberg. Es geht hier nicht nur in eine andere Richtung als die Vorinstanz, sondern setzt die Segel auch gegen die Windrichtung der europäischen Vorgaben und der eher progressive Rechtsprechung des BAG.
Ob das letzte Wort in diesem Fall schon gesprochen ist, muss abgewartet werden. Die Klägerin kündigte an, in Revision zu gehen.
Zusammenfassend zeigt der Fall, wie vielschichtig und kompliziert die Frage von Equal Pay ist, und dass Unternehmen ihre Gehaltsstrukturen regelmäßig überprüfen müssen, um Diskriminierung zu vermeiden. Betriebsräte sollten aktiv darauf hinwirken, dass die Entgeltsysteme unter die Lupe genommen werden und objektive, nachvollziehbare und geschlechtsneutrale Kriterien erfüllen. Nur so kann eine faire Vergütungskultur gefördert werden.
Aufmerksam wurde die Arbeitnehmerin auf das „Lohngefälle“ übrigens durch das betriebliche „Entgelttransparenz-Dashbord“. Hierbei handelt es sich um ein Tool, das die Arbeitgeberin ihren Mitarbeitern über das Intranet zur Verfügung stellt. Damit können die Mitarbeiter Ihre Lohnbestandteile mit denen anderer Beschäftigter der gleichen Entgeltgruppe bzw. Führungsebene vergleichen. Ausgewiesen wird das individuelle Entgelt sowie das jeweilige Medianentgelt von Männern und Frauen der Vergleichsgruppe. Die individuellen Vergütungen einzelner Kollegen sind nicht zu entnehmen. Die Arbeitnehmerin hatte aber anonym von einem Betriebsratsmitglied Gehaltsdaten des Kollegen M bekommen, dessen Vergütung deutlich über ihrem eigenem und auch dem der männlichen Vergleichsgruppe lag. (lg)