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Bei schwerbehinderten Menschen zu sparen, kann teuer sein.

Schwerbehinderte Menschen haben gegenüber ihrem Arbeitgeber einen Anspruch auf Beschäftigung, bei der sie ihre Fähigkeiten und Kenntnisse möglichst voll verwerten und weiterentwickeln können. So steht es im Gesetz (§ 81 Abs. 4 Ziff. 1 SGB IX). Aber was ist, wenn der Arbeitgeber diesen Anspruch nicht erfüllt?

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 04.10.2005 - 9 AZR 632/04

Stand:  4.10.2005
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Das ist passiert:

Ein Arbeiter mit einem Grad der Behinderung von 50 war seit 1997 bei einer Stadt beschäftigt. Auf Grund einer im Jahr 2000 eingesetzten Kniegelenksprothese war sein rechtes Bein nicht voll belastbar. Insbesondere durfte er nicht mehr als 15 kg heben und tragen. Auf den Arbeitsplätzen, auf denen er zuletzt eingesetzt war (Wertstoffhof; Containerstellplatzreinigung) waren zum Teil erheblich schwerere Gegenstände zu heben und zu tragen. Die Stadt lehnte seine Beschäftigung Mitte August 2001 auf Dauer ab, weil der Kläger wegen der Behinderung seine Arbeitspflicht nicht erfüllen könne. Der Kläger nahm das nicht so einfach hin und machte seine Vergütungsansprüche für die Zeit von Mitte August 2001 bis einschließlich April 2002 geltend.

Das sagt das Gericht:

Das Bundesarbeitsgerichts hält Ansprüche auf Schadensersatz wegen entgangener Vergütung - jedenfalls für einen Teil des Anspruchszeitraums - für möglich. Da hierfür noch Sachfragen zu klären sind, hat es die Entscheidung an das Landesarbeitsgericht Hamm zurück verwiesen.

Bietet ein Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung an und nimmt der Arbeitgeber diese nicht an, so hat der Arbeitgeber dennoch Lohn zu zahlen (Annahmeverzugslohn). Das gilt auch dann, wenn den Arbeitgeber an der Nichtbeschäftigung kein Verschulden trifft.
Ist der Arbeitnehmer aber, wie in diesem Fall, außerstande, die an dem zugewiesenen Arbeitsplatz anfallenden Tätigkeiten auszuführen, muss der Arbeitgeber nicht zahlen. Es sei denn, dem Arbeitnehmer kann ein anderer Arbeitsplatz zugewiesen werden, den dieser ausfüllen kann. Grundsätzlich muss der Arbeitgeber hierfür aber nicht seine Arbeitsorganisation ändern oder den Arbeitsplatz des Arbeitnehmers mit technischen Arbeitshilfen ausstatten. Jedoch ergeben sich derartige Pflichten des Arbeitgebers im Falle eines schwerbehinderten Arbeitnehmers aus dem SGB IX. Der Arbeitgeber ist nach § 81 Abs. 4 Ziff. 1, 4 und 5 SGB IX zur behinderungsgerechten Ausgestaltung eines Arbeitsplatzes verpflichtet. Wenn er diese Pflichten schuldhaft verletzt, macht er sich schadensersatzpflichtig. Er schuldet dann die entgangene Vergütung als Schadensersatz nach § 280 BGB i.V.m. § 81 Abs. 4 SGB IX. Diese Zahlungsverpflichtung besteht nur ausnahmsweise nicht, wenn die behinderungsgerechte Einrichtung des Arbeitsplatzes für den Arbeitgeber unzumutbar oder mit unverhältnismäßigen Aufwendungen verbunden wäre (§ 81 Abs. 4 Satz 3 SGB IX).

Das bedeutet es für die Praxis:

Als Vertrauensperson sind Sie in der Vermittlerrolle zwischen dem schwerbehinderten Menschen und dem Arbeitgeber. Es gehört hierbei auch zu Ihren Aufgaben, dem Arbeitgeber die Möglichkeiten der behindertengerechten Ausgestaltung eines Arbeitsplatzes aufzuzeigen. Sollte der Arbeitgeber jedoch sinnvolle betriebliche Mittel zur Förderung der Beschäftigung schwerbehinderter Menschen aus Kostengründen ablehnen, brauchen Sie gute Gegenargumente. Ein Argument bietet Ihnen das Bundesarbeitsgericht in dieser Entscheidung: Die Folgekosten in Form von Schadensersatzzahlungen können um ein Vielfaches höher sein, als die behindertengerechte Gestaltung des Arbeitsplatzes.

 

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