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Wenn eine Vertrauensperson in ihrem SBV-Alltag mit aktuellen datenschutzrechtlichen Fragestellungen konfrontiert ist, kann sie für ein Datenschutz-Seminar Kostenerstattung von ihrem Arbeitgeber verlangen.
LAG Berlin-Brandenburg, Entscheidung vom 09.03.2021 - 11 TaBV 1371/20
In dem Rechtsstreit ging es um die Freistellung von Seminar- und Hotelkosten des (ifb-)Seminars „Datenschutz und Gleichbehandlung: Als SBV Benachteiligungen wirksam verhindern“, an dem die Vertrauensperson der Agentur für Arbeit Cottbus (öffentlicher Arbeitgeber) teilgenommen hatte. Aktueller betrieblicher Aufhänger für das Seminar war das E-Recruiting-Verfahren des Arbeitgebers, bei dem die Schwerbehinderteneigenschaft der Bewerber für eine Vielzahl von Personen einsichtig war. Die SBV hatte hierüber (vergeblich) ihre datenschutzrechtlichen Bedenken zum Ausdruck gebracht und eine Beschränkung der Zugriffsrechte auf diese Daten gefordert. Der Seminarbesuch (zu unterschiedlichen Terminen) wurde mehrfach abgelehnt: Die Agentur für Arbeit verneinte die notwendige Erforderlichkeit bzw. verwies die SBV auf günstigere Seminaranbieter.
Die Richter gaben der SBV Recht und sahen die Voraussetzungen für den Seminarbesuch als gegeben an. Sie stuften den datenschutzrechtlichen Inhalt des Seminars als über das unverzichtbare Grundwissen hinausgehendes Spezialwissen ein. Den hierfür notwendigen aktuellen Anlass sahen sie in der datenschutzrechtlichen Problematik des E-Recruiting-Verfahrens als gegeben an.
In dem Beschluss werden erneut wichtige Grundsätze rund um den Schulungsanspruch einer SBV dargelegt und zusammengefasst. Für den eigenen Schulungsanspruch kann bei Bedarf aus dem Urteil zitiert werden:
► Zu den vom Arbeitgeber zu tragenden Kosten gehören neben den eigentlichen Seminargebühren die notwendigen Übernachtungs- und Verpflegungskosten der Vertrauensperson; dies stellten die Richter klar. Bei öffentlichen Arbeitgebern ist zudem das Gebot der sparsamen Verwendung öffentlicher Mittel zu beachten.
► Von besonderer Bedeutung ist die Unterscheidung bei der rechtlichen Bewertung des Schulungsanspruchs von Grundlagen- und Spezialseminaren:
„Die Schwerbehindertenvertretung darf danach die Schulungsteilnahme für erforderlich halten, wenn die dort vermittelten Kenntnisse unter Berücksichtigung der konkreten Verhältnisse im Betrieb notwendig sind, damit die Schwerbehindertenvertretung ihre gegenwärtigen oder in naher Zukunft anstehenden Aufgaben sach- und fachgerecht erfüllen kann. Dabei ist zwischen der Vermittlung sog. Grundkenntnisse und anderen Schulungsinhalten zu unterscheiden. Bei erstmals gewählten Vertrauenspersonen ist danach keine nähere Darlegung der Schulungsbedürftigkeit notwendig, wenn Grundkenntnisse vermittelt werden, die sich auf die Aufgaben der Schwerbehindertenvertretung beziehen. Für andere Schulungsveranstaltungen muss ein aktueller, betriebsbezogener Anlass für die Annahme bestehen, dass die in der Schulungsveranstaltung erworbenen besonderen Kenntnisse derzeit oder in naher Zukunft von der zu schulenden Vertrauensperson benötigt werden, damit sie ihre Aufgaben sach- und fachgerecht wahrnehmen kann.“
►Ausführungen zu Kenntnissen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG): „Nach § 178 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB IX gehört es u. a. auch zu den Aufgaben der Schwerbehindertenvertretung, darüber zu wachen, dass die zugunsten schwerbehinderter Menschen geltenden Gesetze durchgeführt und eingehalten werden. Dazu muss man die entsprechenden Regelungen kennen. Aus dieser Überwachungspflicht folgt, dass die Schwerbehindertenvertretung Kenntnisse auch im AGG haben muss. (…) Dies gilt für die Schwerbehindertenvertretung in besonderem Maße, da die von ihr vertretenen schwerbehinderten Menschen für Benachteiligungen besonders anfällig und ihnen häufig ausgesetzt sind.
►Für Vertrauenspersonen ist der Austausch mit Gleichgesinnten von großer praktischer Bedeutung. Denn dieser ermöglicht es, auch andere Herangehensweisen in Auseinandersetzungen mit dem Arbeitgeber kennenzulernen. Die Möglichkeit des Austausches kann die Schwerbehindertenvertretung, so die Richter, bei der Auswahl des Seminaranbieters im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung der Schulungsmaßnahme mitberücksichtigen. Nur auf einem auswärtigen Seminar mit Teilnehmern auch aus anderen Betrieben sei der Austausch in dieser Form möglich. Dafür spiele es keine Rolle, „ob es sich um Vertrauensleute aus dem öffentlichen Dienst oder aus privatrechtlich organisierten Unternehmen handele”. (GS)