Was sind Personalkennzahlen und wie werden sie verwendet?
Nicht nur die wirtschaftlichen Vorgänge im Unternehmen kann man mit Kennzahlen messen. Auch im Personalbereich gibt es zahlreiche Möglichkeiten, Vorgänge direkt oder indirekt als Kennzahl darzustellen. Dabei gibt es relative Kennzahlen und absolute Kennzahlen. Relative Kennzahlen stellen zwei absolute Werte miteinander ins Verhältnis, z. B. bei der Fluktuationsquote. Absolute Kennzahlen ergeben sich beispielsweise aus Summen, wie die Anzahl der Arbeitnehmer im Betrieb.
Bei der Verwendung von Kennzahlen gibt es für den Betriebsrat einige Regeln zu beachten:
- Die Kennzahlen müssen aktuell sein. Es bringt nichts, wenn Sie mit Zahlen aus dem letzten Jahr ins Arbeitgebergespräch gehen und argumentieren.
- Die Kennzahlen müssen relevant für das aktuelle Gesprächsthema sein. Suchen Sie sich aus den Personalkennzahlen die aus, die für Ihr Anliegen relevant sind.
- Die Kennzahlen müssen vergleichbar sein. Wenn Sie Ihre Kennzahlen mit anderen Unternehmen oder Branchen gegenüberstellen, dann vergewissern Sie sich nach Möglichkeit, dass die gleiche Berechnungsmethode verwendet wurde.
Im Unternehmen sind Personalkennzahlen oft in ganze Kennzahlensysteme eingebunden, die wesentliche wirtschaftliche, finanzielle und personelle Kennziffern in Zusammenhang stellen. Ein bekanntes System ist in diesem Zusammenhang die Balanced Scorecard.
Personalkennzahlen im Zusammenhang mit der Personalplanung
Die Personalplanung in einem Unternehmen setzt sich aus verschiedenen Teilbereichen zusammen. Neben der Planung des Personalbedarfs muss auch die Personalbeschaffung und -entwicklung im Auge behalten werden. Sind die passenden Mitarbeiter vorhanden, so muss deren Einsatz geplant werden. Auch die Personalfreisetzung ist ein Bereich der Personalplanung.
Wichtigste Kennzahlen bei der Planung des Personalbedarfs sind der Bruttopersonalbedarf, der Personalbestand und der daraus resultierende Nettopersonalbedarf. Daraus können Sie ablesen, ob Personal benötigt wird oder zu viele Mitarbeiter vorhanden sind.
Bei der Ermittlung des Bruttopersonalbedarfs ist es nicht sinnvoll, den gesamten vorhandenen Personalbestand dauerhaft zu berücksichtigen. Ein sogenannter Reservebedarf sollte immer mit eingeplant werden. Dieser Reservebedarf rechnet z. B. Urlaube, Krankheiten, Feiertage, Weiterbildungstage etc. in den Bruttopersonalbedarf mit ein. Ein realistisch ermittelter Reservebedarf hat massiven Einfluss darauf, wie viele Überstunden die Mitarbeiter machen müssen. Fragen Sie bei der Besprechung der Personalplanung den Arbeitgeber daher auf jeden Fall, wieviel Reserve mit einkalkuliert wurde.
Um die Plausibilität des Reservebedarfs zu beurteilen, können Sie sich als Betriebsrat zahlreicher weiterer Kennzahlen bedienen, wie z. B. der Krankenquote, der Fluktuationsquote, das Geschlechterverhältnisses im Unternehmen und der Weiterbildungstage pro Mitarbeiter.
Personalkennzahlen – auch für die allgemeinen Aufgaben des Betriebsrats nützlich
Wenn Sie als Betriebsrat § 80 Abs. 1 BetrVG aufschlagen, dann denken Sie wahrscheinlich nicht direkt an Personalkennzahlen.
Krankenquote
Aber schon bei Ziffer 1, der Überwachung, dass die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze, Verordnungen, Unfallverhütungsvorschriften, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen durchgeführt werden, könnten Sie sich als Betriebsrat die Krankenquote in den verschiedenen Bereichen im Betrieb ansehen. Ist die Quote irgendwo besonders hoch? Dann lohnt es sich, weiter zu recherchieren: Waren es Arbeitsunfälle, die die Quote überdurchschnittlich erhöht haben? Sind die Arbeitsplätze so gestaltet, dass ein dauerhaft körperlich anspruchsvolles Arbeiten möglich ist? Sind die klimatischen Verhältnisse in den entsprechenden Bereichen verbesserungsbedürftig?
Weiterbildungstage nach Altersstufen
Auch die Beschäftigung älterer Arbeitnehmer im Betrieb zu fördern, gehört zu den Aufgaben des Betriebsrats (§ 80 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG). Schauen Sie sich dazu insgesamt den Altersdurchschnitt im Unternehmen und in den einzelnen Abteilungen an. Gibt es Auffälligkeiten, also Bereiche mit besonders hohem oder niedrigem Altersdurchschnitt? Wie ist die Weiterbildungsbeteiligung älterer Mitarbeiter bei Ihnen im Betrieb? Die Zeiten, in denen ältere Mitarbeiter mit Altersteilzeitprogrammen dazu gebracht werden sollten, das Unternehmen zu verlassen, sind in den meisten Unternehmen aufgrund des Fachkräftemangels längst Vergangenheit. Umso wichtiger ist, dass die Generation 50+ aktiv an Weiterbildungen teilnimmt, um ihren Job weiter ausüben zu können oder auch, um neue Aufgaben zu übernehmen. Schauen Sie sich als Betriebsrat also doch mal die Weiterbildungstage nach Altersstufen gestaffelt an und überlegen Sie, ob hier Initiative ergriffen werden muss.
Geschlechterverhältnis
Das Geschlechterverhältnis im Unternehmen ist in vielerlei Hinsicht für den Betriebsrat interessant und bietet einen guten Ausgangspunkt, um die Gleichstellung von Mann und Frau im Unternehmen durchzusetzen (§ 80 Abs. 1 Nr. 2a BetrVG). Ausgehend von der Geschlechterquote im gesamten Unternehmen können Sie analysieren, wie die Geschlechter in den einzelnen Abteilungen oder auch in den verschiedenen Hierarchiestufen verteilt sind. Im Hinblick auf die Teilzeitquote kann es interessant sein, wer solche Angebote häufiger in Anspruch nimmt, Männer oder Frauen. Analysieren Sie doch mal die Personalkosten im Unternehmen im Zusammenhang mit der Geschlechterquote: Entspricht die Verteilung des Gehalts der Quote oder gibt es ein Geschlecht, das deutlich mehr verdient? Eine interessante Frage, die auch im Rahmen des Entgelttransparenzgesetzes relevant sein kann.
Zusammenarbeit mit dem Wirtschaftsausschuss
Bei Kennzahlen, egal welcher Art, kommt in Unternehmen mit mehr als einhundert ständig beschäftigten Arbeitnehmern meist der Wirtschaftsausschuss ins Spiel. Nutzen die Erfahrung Ihres Wirtschaftsausschusses auch im Hinblick auf Personalkennzahlen! Der Wirtschaftsausschuss ist nicht nur umfassend über wirtschaftliche Angelegenheiten zu informieren, auch die Auswirkungen auf die Personalplanung sind ihm darzulegen. Sind diese Auswirkungen plausibel oder kommen Sie mit Ihren eigenen Überlegungen zu einem anderen Ergebnis? Dann soll Ihr Wirtschaftsausschuss das mit dem Unternehmer diskutieren. Und Sie werden sich wundern: Arbeitgeber, die gegenüber dem Betriebsrat oft steif und fest behaupten, keine Personalplanung zu machen, legen dem Wirtschaftsausschuss die Ergebnisvorschaurechnung für die nächsten fünf Jahre vor, die dann selbstverständlich auch Personalkosten enthält. Ohne Personalplanung? Interessant!
Auch im Hinblick auf die wirtschaftlichen Auswirkungen der verschiedenen Personalkennzahlen ist der Wirtschaftsausschuss ein guter Gesprächspartner für Sie und Ihr Kanal zum Arbeitgeber. Nehmen Sie nur mal die Krankenquote: Je nach Position kostet der Ausfall eines Mitarbeiters laut dem Deutschen Handwerksblatt 250 bis 400 EUR pro Tag. Rechnen Sie doch mal gemeinsam mit Ihrem Wirtschaftsausschuss aus, wie hoch die Ausfallkosten bei der aktuellen Krankenquote in Ihrem Unternehmen sind. Stellen Sie gegenüber, was die Reduzierung der Quote durch verschiedene Maßnahmen kosten würde und welche Einsparungen diese bringen kann. Ein gutes Werkzeug dazu ist der Ausfallkostenrechner der AOK in Zusammenarbeit mit dem Institut für Betriebliche Gesundheitsförderung, den Sie im Internet finden können.
Personalkennzahlen – Vergleichsmöglichkeiten für den Betriebsrat
Personalkennzahlen auszurechnen ist die eine Seite, sie zu interpretieren eine ganz andere. Kennzahlen sind immer nur dann interessant, wenn Sie diese mit externen Quellen vergleichen oder im Zeitvergleich betrachten können, also über mehrere Monate oder Jahre hinweg.
Über mehrere Monate oder Jahre zu vergleichen, erfordert den Aufbau einer Datenbasis beim Betriebsrat oder die Zurverfügungstellung durch den Arbeitgeber.
Scheuen Sie den Aufwand nicht! Wenn die Arbeit erstmal getan ist, dann können Sie gegenüber dem Arbeitgeber oft besser argumentieren, als wenn Sie nur Vermutungen zu den Zahlen im Unternehmen anstellen.
Externe Quellen, mit denen Sie Ihre Personalkennzahlen vergleichen können, gibt es viele. Den Vergleich mit anderen Unternehmen können Sie auf der Homepage des Bundesanzeigers oder aus Geschäftsberichten, die Sie im Internet finden, anstellen. Statistische Daten für Deutschland finden Sie auf den Homepages von Branchenverbänden, Krankenkassen, dem Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung oder auch der Bundesregierung. Achten Sie immer darauf, seriöse Quellen zum Vergleich heranzuziehen und stellen Sie diese im Zweifel zwei oder drei verschiedenen Quellen gegenüber, um die Angaben zu überprüfen.
Tipp
Viele Unternehmen sind aufgrund gesetzlicher Regelungen verpflichtet, gewisse Personaldaten im Jahresabschluss oder im Rahmen nichtfinanzieller Berichterstattung zu veröffentlichen. Werfen Sie einen Blick auf die Homepage des Bundesanzeigers oder auch auf die Homepage Ihres Unternehmens uns sammeln Sie dort schon erste Informationen.