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News Betriebliches Eingliederungsmanagement „Zweifel können das Vertrauen der Mitarbeiter in den BEM-Prozess zerstören“

„Zweifel können das Vertrauen der Mitarbeiter in den BEM-Prozess zerstören“

Interview mit Janice Williamson, Expertin für betriebliches Gesundheitsmanagement und seit 2019 ifb-Referentin

Nicht immer wird das Betriebliche Eingliederungsmanagement, kurz BEM, so genutzt, wie es vorgesehen ist. Arbeitgeber scheuen den Aufwand, Arbeitnehmer haben im schlimmsten Fall Angst vor einer Kündigung. Dabei bietet das BEM-Verfahren viele Vorteile für alle Beteiligten und ist ein wichtiger Baustein für die Gesundheit und Zufriedenheit der Beschäftigten, sagt ifb-Referentin Janice Williamson. Auch die Arbeitgeber profitieren. Darüber haben wir mit der Expertin für betriebliches Gesundheitsmanagement gesprochen.

Stand:  7.8.2024
Lesezeit:  03:30 min

Janice, worin liegen Deiner Meinung nach die besonderen Chancen eines BEM? 

Das Betriebliche Eingliederungsmanagement unterstützt Beschäftigte, die länger oder wiederholt arbeitsunfähig waren, bei der Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess. Beispielsweise durch Anpassungen am Arbeitsplatz können sie – trotz gesundheitlicher Einschränkungen – ihre Arbeit wieder aufnehmen. Schwere Erkrankungen können durch präventive Maßnahmen oft vermieden oder abgemildert werden. Das trägt zur Gesundheit der Beschäftigten bei und bietet gleichzeitig wirtschaftliche Vorteile und Rechtssicherheit für den Arbeitgeber. Wenn das BEM gut umgesetzt wird, schafft es eine klassische Win-win-Situation. 

Ein erfolgreiches BEM kann die hohen Kosten, die durch Krankheit und Arbeitsausfall entstehen, langfristig deutlich senken.

Also bringt es Vorteile für beide Seiten, Beschäftigte und Arbeitgeber?  

Ja, denn auch für den Arbeitgeber bietet das BEM viele Vorteile. Neben der Erfüllung seiner gesetzlichen Pflichten kann ein erfolgreiches BEM die hohen Kosten, die durch Krankheit und Arbeitsausfall entstehen, langfristig deutlich senken. Das ist ein großer Vorteil in Zeiten von Fachkräftemangel und steigenden Krankenständen. Unter Umständen erhält der Arbeitgeber sogar staatliche Zuschüsse. Und die Wahrnehmung, dass sich der Arbeitgeber um das Wohl seiner Beschäftigten kümmert, erhöht natürlich die Zufriedenheit und Motivation der ganzen Belegschaft. Das sollte jedem Arbeitgeber bewusst sein! 

Wie geht man so ein BEM-Verfahren denn am besten an, um typische Fehler zu vermeiden? 

Es gibt einige Fehler, die den Erfolg des Verfahrens beeinträchtigen könnten. Ganz wichtig: Das Thema darf nicht stiefmütterlich behandelt werden. Wird das Verfahren auf ein Gespräch reduziert, oder fehlen Strukturen, Zuständigkeiten und eine ausreichende Qualifikation des BEM-Teams, kann es scheitern. Mein Tipp: Die Verantwortlichen brauchen unbedingt die notwendigen Ressourcen, also Zeit, Personal und ein Budget, um ein effektives BEM umzusetzen. Auch das Wissen über mögliche externe Hilfen und Leistungen ist wichtig, um die im Gesetz vorgesehen externen Stellen einzubinden.  

Die Vertraulichkeit des Verfahrens und die Freiwilligkeit der Teilnahme sollten klar kommuniziert werden.

Wie schafft man bei den Betroffenen das nötige Vertrauen für die Teilnahme an einem BEM-Verfahren? 

Die Beschäftigten werden oft nicht ausreichend über den Ablauf und die Ziele des BEM aufgeklärt. Das Thema muss immer wieder intern beworben werden, z.B. auf der Betriebsversammlung. Insbesondere die Vertraulichkeit des Verfahrens und die Freiwilligkeit der Teilnahme sollten klar kommuniziert werden. Zweifel können das Vertrauen der Mitarbeiter in den BEM-Prozess zerstören und zu einer Ablehnung führen. 

Hast Du Tipps für den Ablauf des BEM-Verfahrens, worauf kommt es besonders an? 

Ein erfolgreiches BEM erfordert eine sorgfältige Analyse der Situation und individuell angepasste Maßnahmen. Standardisierte Lösungen ohne Berücksichtigung der individuellen Situation des Mitarbeiters sind meist ineffektiv und wenig nachhaltig. Die Maßnahmen müssen auf die spezifischen Bedürfnisse und Fähigkeiten des betroffenen Mitarbeiters abgestimmt sein. Viele BEM-Teams halten sich bei der Maßnahmenfindung an der Praxis des Arbeitsschutzes und richten sich nach dem TOP-Modell: erst werden technische Maßnahmen erwogen (T), danach organisatorische (O) und schließlich persönliche (P). 

Die stufenweise Wiedereingliederung nach dem Hamburger Modell ist eine bewährte und häufig eingesetzte Methode im Rahmen des BEM.

Wie sehen erprobte BEM-Maßnahmen aus?  

In manchen Fällen helfen in erster Instanz technische Anpassungen des Arbeitsplatzes an die gesundheitlichen Bedürfnisse des Mitarbeiters, z. B. durch ergonomische Bürostühle, höhenverstellbare Schreibtische oder spezielle Arbeitsmittel, wie z. B. Lesegeräte, spezielle Tastaturen oder Bildschirme. Häufig hilft auch eine Veränderung der Aufgaben, um belastende Tätigkeiten zu vermeiden. Dies kann die Reduzierung körperlich anstrengender oder stressiger Arbeiten beinhalten. Auch eine Anpassung oder eine Flexibilisierung der Arbeitszeiten kann hilfreich sein. 

Die stufenweise Wiedereingliederung nach dem Hamburger Modell ist eine bewährte und häufig eingesetzte Methode im Rahmen des BEM. Sie bietet eine strukturierte und flexible Möglichkeit, Mitarbeiter nach einer längeren Krankheit wieder in den Arbeitsprozess zu integrieren. Der Mitarbeiter beginnt mit einer reduzierten Arbeitszeit und steigert diese schrittweise. Dies ermöglicht eine langsame Anpassung an den Arbeitsalltag. 

Wie sieht es mit externer Unterstützung aus? 

Eine Kooperation mit externen Trägern wie der Deutschen Rentenversicherung, den Berufsgenossenschaften oder den Krankenkassen kann sinnvoll sein zur Unterstützung bei der Wiedereingliederung. In schwierigen Fällen kann eine Begleitung durch einen Job-Coach die Rückkehr an den Arbeitsplatz und die Bewältigung von arbeitsbedingtem Stress erleichtern. 

Was ist für die Zeit nach dem BEM-Verfahren wichtig? 

In der Zeit nach der Umsetzung der Maßnahmen ist eine regelmäßige Nachsorge wichtig, um sicherzustellen, dass diese wirken und der Mitarbeiter dauerhaft integriert bleibt.  

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