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News Gesetz Cannabis im Job: Was erlaubt ist und was nicht

Cannabis im Job: Was erlaubt ist und was nicht

Sieben Fragen an Dr. Reinhard Künzl, Vorsitzender Richter a.D. am LAG München

Die Teillegalisierung von Cannabis hat in den Betrieben zu einigen rechtlichen Fragen und Unsicherheiten geführt. Wir sprachen mit Dr. Reinhard Künzl, Vorsitzender Richter a.D. am LAG München, über Drogentests im Betrieb, die Messbarkeit des Cannabiskonsums und über das Risiko einer Kündigung wegen Cannabis im Job.

Stand:  30.4.2024
Lesezeit:  02:30 min
Interview zu Cannabis mit Dr. Reinhard Künzl | © AdobeStock | Generative AI

Herr Dr. Künzl, der Konsum von Cannabis ist legal. Überspitzt gefragt: Darf ich jetzt jederzeit und überall im Betrieb kiffen? 

Dr. Reinhard Künzl: Nein! Der Konsum von Cannabis war in der Vergangenheit nicht schon deswegen im Betrieb ausgeschlossen, da es sich um eine illegale Droge gehandelt hatte. § 29 BtMG, der u.a. Cannabiskonsum unter Strafe stellte, war und ist keine Schutzvorschrift zugunsten der Arbeitgeber. Diese mussten also, wollten sie den Drogen-, insbesondere Cannabiskonsum, im Betrieb ausschließen, eine entsprechende innerbetriebliche Regelung (Betriebsvereinbarung über ein Drogenverbot) schaffen.
An dieser Situation hat sich nur hinsichtlich der Strafbarkeit etwas geändert. Mit der teilweisen Legalisierung von Cannabis ist der Konsum gegebenenfalls nicht mehr strafbar. Die Legalisierung der Droge ändert aber nichts daran, dass durch Cannabis die Arbeitsleistung und die Arbeitsfähigkeit der Mitarbeiter beeinflusst werden kann. Das bedeutet, der Arbeitgeber kann nach wie vor im Benehmen mit dem Betriebsrat (§ 87 Abs. 1 Nr. 1, 7 BetrVG) den Konsum von Cannabis im Betrieb verbieten, wie dies ebenso mit der legalen Droge Alkohol möglich ist. Verweigert sich der Betriebsrat einer solchen Regelung, ist die Anrufung der Einigungsstelle möglich.

Der Abbau von Cannabis im Körper erfolgt nicht linear, wie bei Alkohol.

Aktuell wird ja für den Straßenverkehr diskutiert, wie lange der berauschende Wirkstoff THC Auswirkungen hat. Wie steht es mit der Messbarkeit, v.a. im Unterschied zu Alkohol? Ich denke an den Umgang mit (teuren) Arbeitsgeräten. 

Dr. Reinhard Künzl: Der Abbau von Cannabis im Körper erfolgt nicht linear, wie bei Alkohol. Insbesondere beim Rauchen steigt der THC-Wert im Körper rasch an, um aber ebenso schnell auf einen niedrigeren Wert etwa zwischen 1 und 10 ng/ml abzusinken, der sich insbesondere bei häufigerem Konsum im Körper länger hält. Der derzeitige Grenzwert für das Führen von Fahrzeugen liegt bei 1 ng/ml und soll auf 3,5 ng/ml hochgesetzt werden. Dies erscheint verwunderlich, da die Legalisierung nichts an der Cannabiswirkung verändert hat. Allerdings sollen 3,5 ng/ml einer Alkoholisierung von 0,2 Promille entsprechen.
Diese THC-Werte sind messbar. So kann über einen Bluttest deren Konzentration festgestellt werden. Daneben kommt auch eine Haarprobe in Betracht, aus der sich ein etwaiger Drogenkonsum der betreffenden Person ergeben kann. Mit Schnelltests kann über den Schweiß an der Person selbst oder an Gegenständen, welche diese Person berührt hat, auf einen vorangegangenen Drogenkonsum rückgeschlossen werden. Theoretisch könnte so auch der Cannabiskonsum einzelner Personen, die mit teurem Gerät arbeiten müssen, kontrolliert werden.

Tests können in Betrieben, wie auch Alkoholtests, nur mit Zustimmung der betreffenden Person durchgeführt werden.

Gibt es denn Kontrolle vor Ort, also darf der Arbeitgeber Drogentests durchführen?  

Dr. Reinhard Künzl: Diese vorher angesprochenen Tests können in Betrieben, wie auch Alkoholtests, nur mit Zustimmung der betreffenden Person durchgeführt werden. Denn Blut- oder Haartests stellen eine Verletzung der körperlichen Unversehrtheit dar. Aber auch ein Schnelltest ist mit einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Einzelnen verbunden. Dem Arbeitgeber oder den Vorgesetzten fehlt eine Vorschrift vergleichbar § 81a StPO, die der Polizei im Straßenverkehr eine Kontrollmöglichkeit eröffnet. Eine solche Grundlage kann auch nicht über eine Betriebsvereinbarung geschaffen werden. Den Betriebspartnern steht es nicht zu, die Mitarbeiter zu zwingen, mit einer Verletzung ihrer körperlichen Unversehrtheit oder ihres Persönlichkeitsrechts einverstanden zu sein.
Was bleibt, sind allein Beweisanzeichen aus dem Verhalten der einzelnen Mitarbeiter, die auf Drogenkonsum schließen lassen. Dabei kann auch der typische Geruch nach Cannabis am Arbeitsplatz eines Mitarbeiters berücksichtigt werden. Werden solche Indizien auch von weiteren Zeugen festgestellt, liegt es an den betreffenden Mitarbeitern, sich vom Vorwurf des Drogenkonsums zu entlasten.

Ein generelles Drogenverbot kann im Betrieb oder Unternehmen aufgestellt werden.

Und was ist mit einem generellen Drogenverbot im Unternehmen, darf der Arbeitgeber das aussprechen? Welche Rolle spielt der Betriebsrat dabei? 

Dr. Reinhard Künzl: Ein generelles Drogenverbot kann im Betrieb oder Unternehmen aufgestellt werden. Hierzu bedarf es der zwingenden Mitbestimmung des Betriebsrats oder – auf Unternehmensebene – des Gesamtbetriebsrats. Ein generelles Drogenverbot regelt nicht nur das Verhalten der Arbeitnehmer im Betrieb nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG, sondern dient auch dem Gesundheitsschutz nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG. Gesundheitsschutz wird dabei nicht nur als Schutz der Gesundheit der Drogenkonsumenten infolge des Drogenkonsums, sondern auch der gesamten Belegschaft, einschließlich des Konsumenten, vor Unfällen und dadurch bedingten Verletzungen infolge des Drogenkonsums verstanden.

Aus meiner Sicht ist es nicht sinnvoll, für legale Drogen, also für Cannabis, eine eigene Betriebsvereinbarung zu schaffen.

Ist es denn sinnvoll, eine eigene Betriebsvereinbarung zum Thema legale Drogen auf den Weg zu bringen? 

Dr. Reinhard Künzl: Aus meiner Sicht ist es nicht sinnvoll, für legale Drogen, also für Cannabis, eine eigene Betriebsvereinbarung zu schaffen. Der Unterschied zwischen Cannabis und anderen Drogen besteht allein darin, dass der Cannabiskonsum ggf. nicht strafbar ist. Die Drogenwirkung ist durch die Legalisierung nicht verändert. Daher bietet es sich vielmehr an, eine Drogen-Betriebsvereinbarung generell, bezogen auf alle Drogen, zu schaffen. Dabei sollte meines Erachtens aber deutlich hervorgehoben werden, dass diese Betriebsvereinbarung auch legale Drogen, also Cannabis, erfasst.
Besteht im Betrieb oder Unternehmen bereits eine Nichtrauchervereinbarung oder soll eine solche geschaffen werden, wird durch eine solche das Problem nicht sachgerecht in den Griff zu bekommen sein. Cannabiskonsum muss nicht zwingend in Form des Rauchens erfolgen. Man denke nur an Haschkekse. Zudem müssen Raucher in angemessenen Zeitabständen dem Tabakgenuss nachgehen dürfen, was bedeutete, auch die „Tüte“ könnte dann geraucht werden.

Konsumiert ein Mitarbeiter entgegen einer Drogenverbotsvereinbarung Cannabis, so stellt dies ein arbeitsvertraglich relevantes Fehlverhalten dar, das zu einer Abmahnung oder im Wiederholungsfall zu einer Kündigung führen kann.

Kann der Konsum von Cannabis zur Abmahnung oder gar Kündigung führen? 

Dr. Reinhard Künzl: Konsumiert ein Mitarbeiter entgegen einer Drogenverbotsvereinbarung Cannabis, so stellt dies ein arbeitsvertraglich relevantes Fehlverhalten dar, das zu einer Abmahnung oder im Wiederholungsfall zu einer Kündigung führen kann.
Dies gilt aber auch, wenn kein innerbetriebliches Cannabis- oder Drogenverbot aufgestellt ist. Konsumiert der Arbeitnehmer Cannabis mit der Folge, dass die vertraglich geschuldeten Tätigkeiten nicht mehr ordnungsgemäß oder nicht mehr sicher für sich oder andere ausgeübt, werden können, ist dadurch der Arbeitsvertrag verletzt, was zu einer Abmahnung oder im Wiederholungsfall zu einer Kündigung führen kann. Dies gilt in Sonderheit, da der Arbeitgeber oder ein Vorgesetzter nach § 15 Abs. 2 DGUV V1, also dem allgemeinen Teil der Unfallverhütungsvorschriften, verpflichtet ist, Arbeitnehmer vom Arbeitsplatz zu entfernen, die durch Einnahme berauschender Mittel, also auch von Cannabis, nicht mehr in der Lage sind, für sich oder andere gefahrlos die Arbeit zu verrichten. Die dann zu verzeichnenden Ausfallzeiten können ebenso, je nach Erheblichkeit, eine Abmahnung oder Kündigung nach sich ziehen.

Medizinisches Cannabis muss selbstverständlich, sofern auch während der Arbeitszeit erforderlich, konsumiert werden dürfen.

Was ist mit Mitarbeitern, die aus medizinischen Gründen Cannabis konsumieren? 

Dr. Reinhard Künzl: Medizinisches Cannabis muss selbstverständlich, sofern auch während der Arbeitszeit erforderlich, konsumiert werden dürfen. Aber auch hier gilt: Dadurch darf die Arbeitsfähigkeit nicht beeinträchtigt und es dürfen keine Gefahren für den Einzelnen oder für andere heraufbeschworen werden.
Sind bei der Arbeitserbringung durch den Genuss medizinischen Cannabis´ keine Beeinträchtigungen oder Gefahren bei der Arbeitserbringung zu erwarten, kann der Einzelne weiter tätig bleiben. Bei möglichen und zu erwartenden Beeinträchtigungen darf der Einzelne jedenfalls diese Tätigkeiten nicht weiter ausüben, wie sich aus §§ 15 Abs. 2, 7 Abs. 2 DGUV V1 ergibt. (cbo)

Dr. Reinhard Künzl ist Vorsitzender Richter a.D. am LAG München. 

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