Nach dem Global Pension Index 2023, einem Vergleich der Rentensysteme weltweit, weisen die Niederlande mit 85 von 100 möglichen Punkten das derzeit beste Rentensystem auf. Im Gegensatz dazu landet Deutschland mit Platz 19 im Mittelfeld.
Die Niederlande zählen mit rund 17,4 Millionen Einwohnern zu den EU-Mitgliedstaaten, die eine positive natürliche Bevölkerungsentwicklung aufweisen. Im Jahr 2022 lag der Anteil der 0 bis 14-Jährigen bei 15,4 Prozent, der 15 bis 64-Jährigen bei 64,3 Prozent und der über 65-Jährigen bei etwa 20,3 Prozent. Obwohl in den letzten Jahren ein zunehmender Trend zur Einwanderung in die Niederlande zu verzeichnen war, ging diese Entwicklung im Jahr 2020 erstmals wieder zurück.
Das Rentensystem der Niederlande
Haben Sie schon vom Cappuccino-Modell gehört? Ähnlich wie bei der Zubereitung dieses beliebten Getränks besteht das Rentensystem der Niederlande aus drei Säulen, die wie die Schichten eines Cappuccinos aufeinander aufbauen. Kaffee, dann die Milch und als i-Tüpfelchen der Kakao obendrauf!
Erste Säule: Allgemeines Rentenversicherungsgesetz
In den Niederlanden besteht eine Versicherungspflicht gemäß dem Allgemeinen Rentenversicherungsgesetz für Personen, die dort leben oder arbeiten. Die staatliche Grundrente, (AOW - Allgemeines Altersgesetz - Algemene Ouderdomswet), gewährleistet, dass jeder, der das gesetzliche Rentenalter erreicht, Anspruch auf eine Rente hat. Im Gegensatz zu Deutschland richtet sich die Höhe dieser Rente nicht nach dem individuellen Verdienst während des Arbeitslebens. Auch die Staatsangehörigkeit spielt keine Rolle. Jeder Bürger erhält eine Basisrente vom Staat, unabhängig davon, ob er Beiträge in die Rentenkassen eingezahlt hat. Diese Rente wird aus den Sozialabgaben der Arbeitnehmer und teilweise aus Steuereinnahmen finanziert. Es gibt keine Bedürftigkeitsprüfung. Für jedes Jahr, das Bürger in den Niederlanden leben oder arbeiten, erwerben sie einen Anspruch von 2 Prozent. Der volle Anspruch wird daher nach 50 Jahren erreicht.
Zweite Säule: Arbeitnehmerversicherung
Zusätzlich zur ersten Säule sind Arbeitnehmer in den Niederlanden über ihren Arbeitgeber rentenversichert. Dies geschieht durch die Einzahlung von Beiträgen in Fonds, was den Arbeitnehmern später eine zusätzliche Rente durch ihren Arbeitgeber ermöglicht. Arbeitnehmer können somit als zweite Säule eine Zusatzrente aufbauen. Laut der Europäischen Kommission bieten etwa 90 Prozent der Arbeitgeber in den Niederlanden diese Möglichkeit an. Darüber hinaus gibt es private Vorsorgeangebote. Eine Auswahl besteht unter rund 290 Pensionskassen für einzelne Branchen, Unternehmen und freie Berufe. Selbständige sind in diesem System nicht mitversichert.
Dritte Säule: Individuelle Rentenversicherung
Für Personen, die sich zusätzlich absichern möchten, besteht die Möglichkeit, in den Niederlanden in eine individuelle, private Rentenvorsorge zu investieren. Der Staat unterstützt solche Maßnahmen durch staatliche Förderungen für Leibrenten, Kapitalversicherungen oder Lebensversicherungen.
Allerdings geht es den Niederlanden wie vielen anderen Ländern: Ohne die Anhebung des Renteneintrittsalters geht es nicht: Im Jahr 2024 steigt es auf 67 Jahre.
Wie wird die Grundrente finanziert?
Die Finanzierung erfolgt im Umlageverfahren durch Abgaben, die auf alle steuerpflichtigen Einkommen bis zur Höchstgrenze von aktuell 35.130 Euro in Höhe von 17,9 % erhoben werden. Arbeitgeber werden an der beitragsfinanzierten Grundrente nicht beteiligt. Das zahlen die Arbeitnehmer allein. Nicht Erwerbstätige und Personen, die Einkommen unterhalb des steuerlichen Grundfreibetrages erzielen, sind beitragsfrei versichert.
Die Betriebliche Altersvorsorge
Die betriebliche Altersvorsorge ergibt sich aus den Tarifverhandlungen der Sozialpartner, weil die Betriebsrenten als eine Form des Lohnes betrachtet werden. So bestimmen Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter durch Verhandlungen die Höhe der Beiträge und der Rentenleistungen selbst, wobei sie aber an gesetzliche Rahmenbedingungen, Finanzstabilitätsvorschriften und dem Gleichbehandlungsgrundsatz gebunden sind. Beschäftigte in Branchen ohne tarifvertragliche Regelungen und selbstständig Tätige gehen in Sachen Betriebsrente leider leer aus.
Wieviel Geld haben die Rentner im Nachbarland zu Verfügung?
Alleinstehende erhalten 70 Prozent des Nettomindestlohns, was seit Januar 2021 monatlich 1.218 Euro entspricht. Verheiratete oder Personen, die in einem gemeinsamen Haushalt leben, erhalten jeweils 50 Prozent des Nettomindestlohns: seit Januar 2021 monatlich 832,86 Euro. Somit erhalten Paare insgesamt 1665,72 Euro pro Monat. Bei diesen Beträgen sind bereits Einkommenssteuern und Sozialversicherungsbeiträge abgezogen.
Die niederländische Grundrente übertrifft deutlich die deutsche Grundsicherung im Alter. Selbst die neue Grundrente kann damit nicht mithalten. Zur Erinnerung: Laut der Deutschen Rentenversicherung hat sich 2022 die Rente hierzulande durch den Grundrentenzuschlag bei anspruchsberechtigten Frauen im Schnitt um 8,2 Prozent und bei Männern um 5,7 Prozent erhöht.
Fazit: Unsere Nachbarn aus dem schönen Tulpenland scheinen vieles richtig zu machen. Während das niederländische Rentensystem mit seinem dreisäuligen Ansatz, der staatliche Grundrente, betriebliche Altersvorsorge (BAV) und individuelle private Rentenvorsorge eine ganzheitliche Absicherung bietet, orientiert sich das deutsche Rentensystem stärker an einer umlagefinanzierten Rente und betrieblichen Altersvorsorge. Hierzulande profitieren laut Statista 53,9 Prozent der Beschäftigten von einer BAV, während sich in den Niederlanden ungefähr 89 Prozent der Beschäftigten über Anwartschaften auf eine Betriebsrente freuen. Auch die individuelle private Rentenvorsorge ist bei uns weniger ausgeprägt. Damit bietet die niederländische Grundrente im Vergleich zur deutschen Grundsicherung höhere Beträge und ist für Rentner in den Niederlanden finanziell vorteilhafter. Vielleicht doch ein gutes Beispiel für unser deutsches Rentensystem? (sw)